„Hiiighwaay tooo the Danger Zone!“. Tom Cruise, seines Zeichens der „Last Man Standing“ Hollywoods, hat wieder mal abgeliefert, denn ganze 36 Jahre nach seinem Durchbruch mit Tony Scotts schwülstiger Militärpropaganda in Musikvideoästhetik namens TOP GUN (1986), donnerte der Schauspieler nun erneut in der altgedienten F-14 über die Leinwände. Dabei belehrte Cruise die Skeptiker, die dem späten Sequel keine großen Chancen ausrechneten, eines besseren, denn TOP GUN: MAVERICK (2022) avancierte mit über 1,4 Milliarden US-Dollar am weltweiten Box-Office zu einem der größten Blockbuster des Jahres und zeigt zudem eindrucksvoll wie richtig gutes Popcorn-Kino geht. PARAMOUNT PICTURES HOME ENTERTAINMENT hat den spektakulären Flieger-Actionfilm nun auch im Double Feature mit dem ersten Teil veröffentlicht. Warum besonders dieses Sequel eines der Must-Sees des letzten Kinojahres ist, verrate ich Euch in meiner Kritik.

Originaltitel: Top Gun: Maverick

Drehbuch: Ehren Kruger, Eric Warren Singer, Christopher McQuarrie

Regie: Joseph Kosinski

Darsteller: Tom Cruise, Miles Teller, Jennifer Connelly, Monica Barbaro, Glen Powell, Charles Parnell, Jon Hamm, Ed Harris, Val Kilmer…

Artikel von Christopher Feldmann

Wir leben aktuell in einer Zeit, in der das Blockbuster-Kino wahrlich nicht den besten Ruf genießt. Originelle Geschichten und frische Ideen sind mittlerweile Mangelware geworden, der Markt wird fast gänzlich von Superheldenfilmen dominiert, die fast ausschließlich nach denselben Mustern funktionieren. Und wenn mal nicht irgendjemand mit besonderen Kräften die Welt vor dem Abgrund retten muss, bekommen Zuschauer größtenteils Fortsetzungen, Reboots und Remakes serviert, die allesamt wenig wagen und mehr auf Nummer sicher gehen, um massenkompatible Unterhaltung zu liefern. Inmitten dieser ganzen Flut an reinen „Produkten“ hielt Tom Cruise stets die Fahne für ehrbares Filmhandwerk und authentisches Spektakel hoch. Mit der MISSION: IMPOSSIBLE-Reihe erarbeitete sich der Hollywood-Star den Ruf als verlässlicher Lieferant für bombastische Bilder und handgemachte Stunts. Wo die meisten Franchises auf computergenerierte Effekte setzen, ganze Filme offensichtlich vor dem Greenscreen im Studio gedreht werden und Programmierer am Rechner den Löwenanteil erledigen, setzt Cruise seit jeher auf Authentizität und bestreitet jede noch so waghalsige Szene selbst, um seinem Publikum das Maximum an Unterhaltung zu bieten. Wenn ein neuer Tom-Cruise-Film veröffentlicht wird, kann man sich in der Regel sicher sein, dass das Eintrittsgeld gut angelegt ist. Mit TOP GUN: MAVERICK (2022) sprang der scheinbar vollkommen furchtlose Schauspieler auf den Zug der sogenannten Legacy-Sequels auf und setzte damit ein echtes Ausrufezeichen, denn der Flieger-Actionfilm zeigt nicht nur eindrucksvoll wie gut Popcorn-Kino auch heute noch sein kann, sondern wischt mit sämtlichen Wiederbelebungen etablierter Marken mal soeben den Boden auf. Das schafft sonst nur James Cameron.

Handlung:

Seit mehr als 30 Jahren ist Pete „Maverick“ Mitchell (Tom Cruise) als Top-Pilot für die Navy im Einsatz. Als furchtloser Testflieger lotet er die Grenzen des Möglichen aus und drückt sich vor der Beförderung, die ihn auf den Boden verbannen würde. Als er eine Gruppe von Top-Gun-Auszubildenden für eine Sondermission trainieren soll, trifft er auf Lt. Bradley Bradshaw (Miles Teller) mit dem Spitznamen „Rooster“, den Sohn von Mavericks verstorbenem Co-Piloten und Freund Nick Bradshaw, genannt „Goose“. Konfrontiert mit den Geistern der Vergangenheit, ist Maverick gezwungen, sich seinen tiefsten Ängsten zu stellen, denn die Sondermission wird von allen, die für diesen Einsatz auserwählt werden, das ultimative Opfer fordern.

Als 1986 der Film TOP GUN (1986) in den Kinos anlief, war der Hype groß. Tom Cruise donnerte mit lässigem Grinsen durch die Lüfte und begattete die damals reizende Kelly McGillis zu den Klängen von Berlins Schmonzetten-Evergreen „Take My Breath Away“, bevor es in den heldenhaften Luftkampf ging, in dem Cruise und sein Co-Star Val Kilmer den Russen mal so richtig zeigten, wo der Frosch die Locken hat. Das von Regisseur Tony Scott in MTV-Videoclipästhetik gedrehte Spektakel wurde zum Kino-Hit, nicht zuletzt durch den Hit-Soundtrack, der zusätzlich mit Harold Faltermeyers heroischem „Top Gun Anthem“ und dem Kenny-Loggins-Evergreen „Danger Zone“ punkten konnte. Aber sind wir mal ganz ehrlich, ein wirklich guter Film ist das vor Militärpropaganda, Reagan-Patriotismus und unterschwelliger Homoerotik strotzende Werk nicht. TOP GUN funktioniert 36 Jahre später lediglich durch die Nostalgiebrille, mit dem Bewusstsein, dass es sich hierbei um einen Streifen aus den 1980er Jahren handelt, einem Jahrzehnt, in dem politisch höchst fragwürdige Gesinnungen in Actionfilmen an der Tagesordnung waren. Unter dem Strich, ist TOP GUN ein „Guilty Pleasure“ erster Güte, das auch keinen Hehl daraus macht, dass es vom US-Verteidigungsministerium gefördert wurde.

Somit stellte sich die berechtigte Frage, ob es einer späten Fortsetzung dieser rückständigen Navy-Fantasie bedarf, immerhin haben sich die Zeiten geändert und die gute alte „America, FUCK YEAH!“-Mentalität hat eigentlich schon länger ausgedient. Doch Tom Cruise wäre nicht Tom Cruise, wenn er sich für eine bloße Nostalgie-Veranstaltungen hergeben würde, die lediglich nach dem Prinzip „Kennste, Kennste?“ funktionieren würde. Verübeln könnte man es ihm wahrscheinlich nicht, immerhin haben die sogenannten Legacy-Sequels die Remakes abgelöst und so ziemlich jedes bereits ausgediente Franchise feierte in den vergangenen Jahren ein Comeback, inklusive ihrer Altstars. Doch wenn Cruise etwas macht, macht er es richtig, so auch bei TOP GUN: MAVERICK, für den er lediglich unter der Bedingung zusagte, dass man die Flugszenen nicht am Rechner zusammenbauen, sondern wirklich filmen würde. Trotzdem blieb eine gewisse Skepsis übrig, ob die 170-Millionen-US-Dollar-Produktion auch inhaltlich mehr sein würde, als eine reine Kopie des Originals. Zwar geizt auch diese späte Fortsetzung nicht mit den erwartbaren Call-Backs und Reminiszenzen an den 86er-Kultfilm, jedoch zeigt sie sich wesentlich gereifter, vor allem was Storytelling und Emotionen angeht. Und natürlich liefert der Film so ganz Nebenbei die spektakulärsten Flugszenen, die je im Kino zu sehen waren.

Persönlich ging ich trotz überschwänglicher Lobeshymnen mit gedämpften Erwartungen an den Film heran, denn trotz guter Kritiken und begeisterter Fans war schon der im selben Jahr erschienene SCREAM (2022) für mein Empfinden eine Enttäuschung. Doch auch meine Wenigkeit, der von den vorhersehbaren Remakes, die uns einfach als Fortsetzungen verkauft werden, mittlerweile angeödet ist, konnte sich nicht dem überlebensgroßen Zauber von TOP GUN: MAVERICK entziehen. Immerhin schickte man sich hier an, eine echte Geschichte zu erzählen und nicht nur ein paar stylisch inszenierte Musikvideos aneinanderzureihen, was von einem für sich stehenden Finale abgerundet wird. MAVERICK macht sich die Mühe, mit der Zeit zu gehen, die Relevanz des Typus des heldenhaften, rebellischen Piloten zu hinterfragen aber auch aufzuzeigen, dass es auch heute noch echte Helden braucht. Tatsächlich funktioniert der Film auch als Spiegelbild von Cruise‘ realer Person. Wenn der von Ed Harris verkörperte General den aufsässigen Maverick zusammenstaucht und ihm zu verstehen gibt, dass ein Typ seines Schlags im Zeitalter von Drohnen und Algorithmen nicht mehr gebraucht wird und somit aussterben wird, quittiert er dies nur mit einem schelmischen „aber nicht Heute!“. Tatsächlich wird auch Cruise irgendwann nicht mehr da sein, um die Fahne hochzuhalten, solange er es aber noch ist, bekommen wir hoffentlich solche Filme geboten.

Tatsächlich funktioniert die schlichte Handlung des Films ganz hervorragend. Maverick muss zur titelgebenden Top-Gun-Akademie zurückkehren und die dort angetretenen Piloten für eine fast unmögliche Mission (hihi) trainieren. Dies gestaltet sich für den Zuschauer extrem unterhaltsam, gerade weil die Gruppendynamik sehr gut funktioniert und die Abwechslung von ernsten Momenten, witzigen Szenen und Actioneinschüben immer harmoniert. Gerade die Tatsache, dass sich der Film nicht nur auf seinen Hauptdarsteller, der das Ganze spielerisch auf seinen Schultern trägt, fokussiert, sondern auch seinen Rekruten genug Raum verschafft, damit diese als wirkliche Charaktere funktionieren, ist eine echte Wohltat. So entspinnt sich ein spaßiger Schlagabtausch zwischen dem Lehrmeister und seinen Schülern, dem man nur zu gerne beiwohnt. Die Beziehung zwischen Maverick und Rooster, dem Sohn seines im Original verstorbenen Freundes, sorgt indes für den emotionalen Konflikt. Natürlich hat man auch diese Tropes schon so einige Male im Kino gesehen, doch TOP GUN: MAVERICK muss nicht innovativ sein, sondern das was er macht einfach nur gut machen und das gelingt ihm ohne jeden Zweifel. Trotzdem kann man auch Kritikpunkte ausfindig machen, die zumindest mich etwas gestört haben. Gerade der Beziehung zwischen Maverick und der Barbesitzerin Penny wird nur wenig Raum gegeben und auch Rooster ist allzu offensichtlich eine Anlehnung an den Sidekick-Charakter aus dem Original. Und für manche Fans mag es ganz toll sein, wenn dieser in einer Barszene noch einmal den gleichen Song am Piano schmettert wie Daddy 36 Jahre zuvor oder der Film an sich mit einer 1:1-Kopie der alten Eröffnungsszene startet, inklusive dem 80er-Gassenhauer „Danger Zone“. Das sind die kleinen Momente, in denen MAVERICK in die bereits erwähnte „Kennste, Kennste?“-Mentalität verfällt, ein Glück, dass es bei diesen wenigen Ausbrechern bleibt.

Was natürlich richtig Eindruck macht, sind die bereits angedeuteten, spektakulären Actionszenen, in denen Tom Cruise mal wieder Alles gibt. Der Schauspieler, der sich auch bei jedem neuen MISSION: IMPOSSIBLE zu überbieten versucht, saß mit seinen Co-Stars mehrmals täglich in 90-Minuten-Zeitfenstern in echten Kampfjets, um die Szenen so real wie möglich zu präsentieren, wobei alle starken G-Kräften ausgesetzt wurden. Zudem arbeitete man mit einem neuen Kamerasystem, bei dem sechs IMAX-Kameras im Cockpit installiert wurden. Weitere Aufnahmen wurden von einem speziellen Kamera-Flugzeug erzeugt. Dieser Aufwand sorgt dafür, dass man sich als Zuschauer fühlt, als säße man selbst in einem der Kampfflugzeuge, die im Film durch die Lüfte donnern. Auch die Aufnahmen an sich sehen spektakulär aus und sind ein weiterer Beweis dafür, dass Cruise für sein Publikum stets bereit ist, das Maximum zu geben. Das ausgedehnte Finale ist packend, spannend und atemberaubend geraten und sollte man den Film nicht im Kino gesehen haben, ist eine vernünftige Sound-Anlage im Heimkino eigentlich unerlässlich. TOP GUN: MAVERICK ist pures Staunen und Leidenschaft für das Kino, sowie ein weiterer Meilenstein in der Karriere seines Hauptdarstellers.

Dieser zeigt sich auch hier bestens aufgelegt und überzeugt restlos als gealterter Adrenalinjunkie, der zwar immer noch derselbe schelmische Rebell von vor 36 Jahren ist aber dennoch eine gewisse Reife durchlaufen hat. Ihm zur Seite stehen gute Darsteller wie Miles Teller, der eine fantastische Performance abliefert, sowie Glen Powell, Jon Hamm, sowie Ed Harris in einer kleinen aber sehr unterhaltsamen Rolle. Einzig Jennifer Connelly wurde meines Erachtens ein wenig verschenkt, dient ihre Figur doch lediglich dazu, Tom Cruise möglichst hingebungsvoll anzuschmachten. Den wohl emotionalsten Auftritt liefert allerdings Val Kilmer ab, neben Cruise der einzige Rückkehrer aus dem Original, der eine wundervolle, anrührende Szene spendiert bekommt. Auch der Score von Hans Zimmer ist sehr gut geworden und untermauert in Verbindung mit den Klängen von Harold Faltermeyer den ganzen Film mit einer wuchtigen Soundkulisse. Den Titelsong von Popstar Lady Gaga mochte ich zudem auch wirklich sehr gerne.

Paramount Pictures Home Entertainment brachte das Spektakel frühzeitig digital ins Heimkino, wo es den erfolgreichsten Start aller Zeiten hinlegte. Nach der ersten, physischen Auswertung als 4K-Scheibe, Blu-ray und DVD, hat man beide Teile in den drei genannten Formaten zusammen herausgebracht. Bild- und Tonqualität besitzen, vor allem bei der 4K-Veröffentlichung, Referenzcharakter. Das Bonusmaterial besteht aus mehreren Featurettes, die einen Einblick in die Dreharbeiten gewähren, sowie zwei Musikvideos.

Fazit:

TOP GUN: MAVERICK (2022) ist nicht nur finanziell, sondern auch qualitativ ein absoluter Volltreffer. Tom Cruise beweist einmal mehr, dass er unangefochtene König der Traumfabrik ist, der sein Publikum immer wieder zum staunen bringt. Ein schön erzählter, toll inszenierter, packender sowie beeindruckender Ritt durch die Lüfte, der zeigt wie richtig gutes Popcornkino funktioniert. Definitiv eine Benchmark, zumindest bis Cruise im Sommer mit MISSION: IMPOSSIBLE – DEAD RECKONING PART 1 (2023) wahrscheinlich noch eine Schippe drauflegen wird.

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