Das Wetter ist derzeit mal wieder schauderhaft. Gerade erst habe ich mich durch kalten, strömenden Regen gequält, bevor ich jetzt, völlig durchnässt, die folgenden Zeilen verfassen darf. Da sehnt man sich nach Sommer, Strand und Sonnenschein. Passenderweise reisen Moritz Bleibtreu und Laura Tonke als Ex-Ehepaar mit ihrem verwöhnten Sprössling im vorliegenden Film von Alireza Golafshan (Die Goldfische), den LEONINE STUDIOS just im Heimkino veröffentlichte, ins sommerliche Italien, wo natürlich alles drunter und drüber geht. Ob die Feelgood-Komödie ein Hit oder Miss ist, verrate ich Euch in meiner Rezension.

Regie: Alireza Golafshan

Darsteller: Moritz Bleibtreu, Laura Tonke, Valentin Thatenhorst, David Kross, Axel Stein, Jasin Challah

Artikel von Christian Jürs

Normalerweise reiße ich mich nicht darum, deutsche Kinokomödien zu rezensieren. Zu oft wurde ich durch biedere Kost nach Schema-F enttäuscht. Ich mag aber Moritz Bleibtreu. Außerdem gefiel mir die Prämisse, eine turbulente, sommerliche Urlaubskomödie zu sichten, auch wenn ich meine Kindheits-Traumata Sunshine Reggae auf Ibiza und Zärtliche Chaoten 2 niemals so ganz überwunden habe. Aber so schlimm wird es jawohl nicht werden, dachte ich mir.

In der Tat wird hier ein gänzlich anderer, weit weniger kalauerhafter, Ton angestimmt. Im Gegenteil, der Film startet durchaus bissig mit einem Elterngespräch im Lehrerzimmer. Dorthin werden Marion (Laura Tonke) und Andi (Moritz Bleibtreu) aufgrund massiven Fehlverhaltens ihres Sprösslings, dem Scheidungskind Milan (Valentin Thatenhorst), zitiert. Doch jegliche Kritik an ihrem Sohn, der auch mal Gewaltfantasien gegen Mitschülerinnen zu Papier bringt, prallt an den getrenntlebenden Eltern ab. Sie würden alles richtig machen, schließlich teilen sie sich die Erziehung ihres gemeinsamen Sohnes fifty / fifty. Dass sie dabei gänzlich unterschiedliche Ansätze verfolgen, lassen sie nicht gelten. Doch schnell wird auch dem Zuschauer klar, dass genau hier der Casus knacksus liegt. Denn während der Papa Milan Dinge wie Handyspiele am Essenstisch erlaubt und generell über die Kritiken der Lehrer meint, dass Jungs einfach so seien, erzieht die weitaus konservativere Marion streng nach Erziehungsratgeber.

Fernab dieser Kritiken gibt es jedoch noch ein anderes Problem für die beiden Elternteile. Sie können ihren Sommerurlaub nur zeitgleich nehmen, weswegen sie entschließen, ausnahmsweise im gleichen Resort-Hotel in Italien einzuchecken, wo sie ihren Sohn im täglichen Wechsel betreuen würden. Dass Marion ihren neuen Lover, den Fitness-Trainer Robin (David Kross) im Schlepptau dabeihaben würde, stellt für Andi kein Problem dar – von wegen.

Und so kommt, was kommen muss. Andi bemerkt recht schnell, dass Robin eine Hohlbirne ist, was er bei jeder Gelegenheit spitzfindig erwähnt, während Marion über die laxen Erziehungsmethoden ihres Ex-Mannes entsetzt ist. Dass der schrecklich verwöhnte Milan ihnen dabei nach und nach mehr entgleitet, begreifen sie nicht. Als sie bemerken, dass ihr Spross nicht schwimmen kann, brummen sie ihm kurzerhand Schwimmunterricht beim hiesigen Bademeister Paris (Jasin Challah) auf. Doch Milans Interesse gilt mehr der etwa gleichaltrigen Mila (Aennie Lade), die auf dem Campingplatz nebenan ihren Urlaub verbringt.

Was bissig in der Schule beginnt, verliert leider schnell seinen Biss. Alles Fifty Fifty kann zwar mit gutaufgelegten Schauspielern punkten, wobei insbesondere Moritz Bleibtreu und David Kross als konkurrierende Alpha-Männer um die Anerkennung Marions werben, doch geht dem Film bereits in der Halbzeit die Luft aus. Dies liegt an mehreren Faktoren. Zu schnell ist der Nebenbuhler aus der Story verschwunden, Marions Charakter ist viel zu steif, als dass man ihr eine Beziehung mit Lebemann Andi abkaufen würde. Jasin Challahs Bademeister mit südlichem Akzent ist ebenfalls nur ein typisch-deutsches Filmklischee ohne weitere Bedeutung für die Handlung und der kleine Milan wandelt sich dann auch noch aus heiterem Himmel vom Kotzbrocken-Balg zum Chorknaben (im wahrsten Sinne des Wortes). Dass die beiden Eltern ihr Kind am liebsten immer dem Gegenpart zuschieben, erzeugt außerdem wenig Sympathie für die beiden. Und Axel Stein? Der wird, nachdem David Kross´ Charakter aus dem Drehbuch geschrieben wurde, als Milas Vater für ein paar schwache Gags aus dem Hut gezaubert. Das hat er nicht verdient.

Nein, das Drehbuch wandelt leider auf den ausgetretenen Pfaden deutscher Fernsehproduktionen, die um viertel nach Acht laufen, lediglich produziert mit mehr Budget. Da bekommt man als erwachsener Zuschauer gegen Ende noch den erhobenen Zeigefinger gezeigt, dass Patchwork-Familien keine gute Idee sind und man als Eltern gefälligst am gleichen Strang zu ziehen hat, inklusive nervigem Kinderchor zum Abschluss. Schade, insbesondere Moritz Bleibtreu hätte ein besseres, und weniger belehrendes, Skript verdient. Wer es seicht mag, der darf aber einen Blick riskieren.

Mir lag zur Rezension die Blu-ray von Alles Fifty Fifty vor. Diese besticht durch tolle Bild- und Tonqualität. Als Bonus gibt es die Hörfilmfassung, Interviews und eine B-Roll.

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