Vertraut keinem Filmkritiker! Okay, das ist natürlich eine gewagte Aussage, zumal wir von den Medienhuren mehrfach wöchentlich Rezensionen zu Spielfilmen veröffentlichen und es sich bei diesem Text ebenfalls um eine Filmkritik handelt. Doch was ich damals, zum Kinostart von Falling Down – Ein ganz normaler Tag, in (nach eigener Aussage) Europas größter Filmzeitschrift las, ließ mich kopfschüttelnd zurück. Dort bezeichnete der (heute vermutlich arbeitslose) Redakteur den Thriller als „reaktionären Dreck“ und riet vom Kinobesuch ab. Da hatte jemand den Streifen offenkundig nicht verstanden und mittlerweile änderte man innerhalb der Cinema-Redaktion auch die Filmbewertung. Jetzt spricht man dort von einer „schonungslosen, schwarzen Satire auf den Normalbürger“. Für mich ist dies einer von Michael Douglas besten Filmen (von Regisseur Joel Schumacher, dessen Qualitätskurve stets schwankend war, sowieso). PLAION PICTURES spendierte dem satirischen Amoklauf jetzt eine Blu-ray-Veröffentlichung im Keep Case. Eine gute Gelegenheit, nochmal eine Lanze für D-Fens und seinen langen Weg nach Hause zu brechen.

Originaltitel: Falling Down

Regie: Joel Schumacher

Darsteller: Michael Douglas, Robert Duvall, Barbara Hershey, Rachel Ticotin, Tuesday Weld, Raymond J. Barry

Artikel von Christian Jürs

Samstag, der 5. Juni 1993 war ein besonderer Tag in meinem Leben. An diesem Datum wurde in meiner Heimatstadt Lübeck die erste Film-Börse veranstaltet, auf der ich den hobbymäßig gleichgesinnten Kai Kinnert kennenlernte, mit dem ich bis heute befreundet bin und gemeinsam am Projekt Die Medienhuren arbeite. An diesem Abend sah ich zudem Falling Down – Ein ganz normaler Tag, der gerade gestartet war, im Kino. Die Erwartungshaltung war gering, zumal ich zuvor die eingangs erwähnte Cinema-Kritik las. Umso überraschter stellte ich fest, dass ich an diesem Abend einen meiner absoluten Lieblingsfilme sehen durfte. Here we go…

Es ist ein brütend heißer Vormittag in Los Angeles. Inmitten eines Verkehrsstaus, entstanden durch eine größere Baustelle, steht ein Chevrolet, dessen Kennzeichen die Aufschrift D-Fens trägt. Darin sitzt ein Mann (Michael Douglas) mittleren Alters, der sichtlich gestresst von der Hitze und dem Umgebungslärm scheint. Urplötzlich und scheinbar aus heiterem Himmel entscheidet er sich, aus dem Auto zu steigen und zu Fuß seinen weiteren Weg anzutreten. Ziel ist dabei die Geburtstagsfeier seiner kleinen Tochter (Joey Singer). Sehr zum Missfallen von Beth (Barbara Hershey), der Mutter der Kleinen und Ex-Frau von D-Fens, wie ihn die Polizei aufgrund seines Nummernschildes später nennen wird. Denn der zur Gewalt neigende Vater darf sich laut Gerichtsbeschluss nicht mehr seiner Tochter und/oder dem einst gemeinsamen Eigenheim, nähern. Zwar schaltet die alleinerziehende Mutter umgehend die Polizei ein, doch die ist machtlos, da bislang keine Straftat vorliegt.

Derweil versucht der ehrbare Polizei-Sergeant Martin Prendergast (Robert Duvall) seinen letzten Arbeitstag in Ruhe über die Bühne zu bringen, ehe er, seiner hypernervösen Frau (Tuesday Weld) zuliebe, in den Vorruhestand wechselt. Seine letzte Aufgabe besteht darin, einen Überfall auf den kleinen Lebensmittel-Laden von Mr. Lee (Michael Paul Chan) zu untersuchen. Doch besagter Raub entpuppt sich als seltsamer Fall, da der Täter lediglich nach Wechselgeld fragte. Als ihm dieses verwehrt blieb, fing er an, mit dem Baseball-Schläger des Ladenbesitzers dessen Einrichtung zu demolieren.

Es soll nicht die einzige Straftat bleiben, die sich in den kommenden Stunden in der Gegend zuträgt. So wird eine brutale Latino-Straßengang ihrer Waffen beraubt, eine Fastfood-Kette überfallen und der rassistische Besitzer eines Militaria-Ladens erschossen. Was zunächst wie die Verkettung merkwürdiger Zufälle aussieht, entpuppt sich als Tat eines einzelnen Mannes, der seinen PKW mitten auf der Straße stehenließ, dessen Kennzeichen D-Fens lautet.

Es ist einfach ein Genuss, Michael Douglas als Amokläufer mit Bürstenschnitt und Kassenbrille auf seinem Weg durch die heißen Straßen von Los Angeles zu folgen. Wie gewohnt, meisterte er seine Rolle mit Bravour. Gemeinsam mit Regisseur Joel Schumacher gelang es Douglas, seiner, eigentlich höchst unsympathischen, Hauptfigur, sympathische Züge zu verleihen. Man ertappt sich, wie man D-Fens, wenn er sich über die Banalitäten des Alltags aufregt, bis zu einem gewissen Punkt schmunzelnd zustimmt. Doch dies ist keinesfalls von einer reaktionären Aussage durchtränkt, sondern ein Spiegel, den uns der Film vorhält. Die Fast-Food-Kette gibt fünf Minuten nach Ablauf der Frühstückszeit kein selbiges mehr heraus? Wer würde da nicht gerne in seiner Fantasie zur Waffe greifen? Wenn es dann aber zum erwähnten Mord oder der Einschüchterung und Bedrohung von Familien kommt, dann dämmert es dem denkenden Zuschauer, ebenso wie seiner Hauptfigur, der an einer Stelle verdutzt feststellt, dass er hier der Böse sei. Recht hat er. Also, irgendwie zumindest.

Falling Down – Ein ganz normaler Tag ist eines der Highlights in Michael Douglas Filmographie und für mich der beste Film, den Joel Schumacher inszeniert hat. Ihm gelang eine bitterböse Thriller-Satire, die nachhaltig im Gedächtnis bleibt. Unterstützt wird Douglas dabei von einem durchweg überzeugenden Cast, bei dem vor allem Robert Duvall als Gegenpart glänzen konnte. Wer den Film kennt und schätzt, wird hier mit Sicherheit zugreifen. Wer ihn noch nicht kennt, der bekommt von mir eine fette Empfehlung mit auf den Weg.

Die Blu-ray von Plaion Pictures verfügt über eine sehr gute Bild- und Tonqualität. Im Bonusmaterial befindet sich ein Audiokommentar von Michael Douglas und Joel Schumacher, ein Interview mit Michael Douglas, Trailer, eine Bildergalerie und ein Wendecover ohne FSK-Logo.

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