„Ein Monument menschlicher Akrobatik“ schreibt der Verleiher zu Drunken Master 2 und sie haben recht. Es ist eine halbe Ewigkeit her, dass ich diesen Film gesehen habe und hatte nicht mehr auf der Uhr, wie abgefahren artistisch die Kämpfe in diesem Streifen geraten sind. Die gesamte Truppe befindet sich körperlich auf dem Höhepunkt ihres Schaffens und leistet derartig viele und raffinierte Stunts, dass man schon mehrmals hinsehen muss, um zu begreifen, was da gerade passiert. Jackie Chan und seine Crew sind das fleischgewordene Martial-Arts-Event, dass völlig ohne Tricks und CGI in langen (!) Einstellungen und wenig (!) Schnitttempo unfassbares leistet und damit wahrlich ein „Monument menschlicher Akrobatik“ geschaffen hat. Filmisch ist Drunken Master 2 ein quietsch-albernes Vehikel für allerlei Jackie Chan-Grimassen und dödeliger Synchro, doch sobald die Artistik losgeht, und das tut sie bei jeder Gelegenheit, bekommt man ein riesiges Panoptikum allerbester Stunts und Choreografien serviert. PLAION PICTURES brachten den Klassiker des Martial-Arts-Kinos in der ungeschnittenen Originalfassung auf dem deutschen Markt heraus.

Originaltitel: Jui kuen II
Alter deutscher Titel: Drunken Master
Regie: Jackie Chan und Lau Kar-leung
Darsteller: Jackie Chan, Ti Lung, Anita Mui, Felix Wong, Andy Lau, Lau Kar-leung, Low Houi Kang
Artikel von Kai Kinnert
Es ist eine Zeit des Umbruchs in China: Zur Jahrhundertwende liegt die Quing-Dynastie bereits in Scherben, doch die neue Republik befindet sich noch im Aufbau. In diesem Chaos versuchen zwielichtige Kolonialmächte, ein preisloses Jadeartefakt aus dem Land zu schmuggeln. Durch eine Verwechslung beim Zoll gerät der Schatz an Wong Fei-hung (Jackie Chan), dem Meister des Drunken Boxings. Eine Hetzjagd mit den Übeltätern quer durch China beginnt.

Eines der augenfälligsten Merkmale an diesem Film ist gar nicht mal die unbedingte körperliche Fitness von Jackie Chan und seiner Stunt-Truppe, die ist enorm, sondern das geringere Tempo im Filmschnitt. Klingt erst einmal unspektakulär und nur für Idioten interessant, weist aber im Hintergrund auf etwas ganz anderes hin. Die Martial Arts von heute wird meistens in einem höheren Tempo geschnitten und mit mehr Einstellungen unterlegt, was die Angelegenheit kontrollierbarer und für den Darsteller einfacher macht (und zum Teil natürlich auch den Sehgewohnheiten von heute geschuldet ist). Man muss nicht so lange üben, meist immer nur bis zum nächsten Schnitt, bzw. Einstellungswechsel. Das bedeutet, dass man längere Kämpfe in kleinere Abschnitte unterteilen kann und sich so Stück für Stück durch die Szene boxt. So kann dann plötzlich auch Richard Gere Kung Fu. In den Spitzenzeiten des Hongkong-Kinos verzichtete man auf diese Art der Verbrauchertäuschung und empfand es als artistische Stunt-Ehre, sich in komplexen Choreografien, die nicht geschnitten wurden, körperlich vollends aufzureiben. Jackie und sein legendäres Stuntmen-Team haben es lange genug vorgemacht. Dass Jackie heute auf CGI zurückgreifen muss, ist völlig legitim, denn der Mann hat wahrscheinlich jeden Knochen in seinem Körper bereits 10mal gebrochen bekommen. Wer also noch einmal der Legende der Filmindustrie Asiens auf dem Höhepunkt seiner körperlichen Fitness bei der Arbeit zusehen möchte, sollte unbedingt auf diesen Film zurückgreifen. Police Story & Co hat man ja noch recht lebendig vor Augen (bei mir ist es so, gefühlt habe ich die Filme 300mal gesehen), diesen hingegen gar nicht mehr. So war ich dann bei erneuter Sichtung des Streifens auch angenehm ob des Aufwands überrascht. Man hat sich richtig Mühe gegeben! Es gibt eine hervorragende Kameraarbeit (mit gleich vier DOPs), die die Handlung adäquat in Szene setzen und sich für die Übersicht in den Kampfszenen zurücknehmen, einen erstklassigen Filmschnitt, der dem Film ein rundes Tempo verleiht, jede Menge Personal und aufwendige Kulissen in Sachen Komparsen und Ausstattung, sowie diese famosen und komplexen Martial-Arts-Szenen. Und es gibt Anita Mui, die die Mutter von Jackie Chan spielt, was für mich das schauspielerische Highlight des Films ist. Ich finde sie großartig, die Frau hatte Witz!

The Drunken Master 2 ist ein Erfolg auf ganzer Linie. Die Komik in dem Streifen ist zwar ein bisschen „drüber“, wird dafür aber durch diese unfassbaren Martial-Arts-Sequenzen wieder eingefangen. Die Action ist fast wie ein „Wimmelbild“, ich musste etliche Male zurückspulen, um genau einordnen zu können, was ich da gerade gesehen habe: „Hat Jackie erst die Holzbank getreten, dann den Stuhl und den Besenstiel geschleudert und sich danach erst hingesetzt? Oder hat er den Stuhl geschleudert, als die Bank getreten wurde und hat erst dann den Besenstiel gefangen und sich danach auf die Bank gesetzt…Hä??“
Der Film ist ein großer Spaß und ein Zeugnis körperlicher Fitness, eine Momentaufnahme absoluten Könnens. Wer sich idealerweise nicht mehr so richtig an den Film erinnert und große Lust auf absolute Martial-Arts-Perfektion ohne Tricks und doppelten Boden hat, sollte seinen Durst und seine Erinnerung mit diesem Film stillen. The Drunken Master 2 ist ein Meisterwerk des Martial-Arts-Kinos und mit einer der besten Jackie Chan-Filme überhaupt. Da kann man nichts falsch machen!

Das Bild der gesichteten Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ist gut. Als Extras gibt es Trailer, ein Musikvideo, ein Interview mit Jackie Chan, Behind the Scenes, eine alternative Gesangs-Szene und eine Bildergalerie.
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