Vor dieser Rezension habe ich mich ehrlich gesagt ein wenig gedrückt. Nicht, weil ich auf französisches Gewalt-Kino keine Lust verspüre, sondern wegen der Brisanz, die die unzensierte, vier Minuten längere Fassung, die uns CINESTRANGE EXTREME hier präsentiert, im Internet mittlerweile ausgelöst hat. Was genau geschehen ist und warum Synchronsprecher Peter Flechtner so gar nicht amused über diese Veröffentlichung ist, erfahrt Ihr in der Kritik. Es wird im wahrsten Sinne des Wortes ein Kreuzgang zur Hölle, wie der Titelzusatz auf dem deutschen Cover verspricht!

Originaltitel: Requiem
Drehbuch & Regie: Hervé Renoh
Darsteller: Patrick Dell’Isola, Moussa Maaskri, Julie-Anne Roth, Jo Prestia
Artikel von Christian Jürs
Lange Zeit habe ich nichts gehört vom Label Cinestrange Extreme. Zuletzt besprachen wir Veröffentlichungen aus dem Jahr 2023, wie zum Beispiel den trashigen Horrorspaß Lizard – Die totale Mutation. Doch kürzlich bekam ich eine Mail, in der mir mitgeteilt wurde, dass ich gerne eine Rezension zum 2001 gedrehten Requiem – Kreuzgang zur Hölle verfassen könne, da es im Netz negative Stimmen zur Veröffentlichung geben würde. Meine kompetente Meinung (hust) würde eventuell die Wogen etwas glätten. Vielleicht liegts aber auch daran, dass ich mich als Medienhure bezeichne. Was genau geschehen war, dazu später mehr. Kommen wir zunächst einmal zum Inhalt des Streifens.

Die Gangstertruppe rund um Marcus (Moussa Maaskri), Rafik (Jean-Louis Loca), Poupousse (Marc Chapiteau), Gippé (Jo Prestia) und Christian (Patrick Dell´Isola) überfällt einen Juwelier, um groß abzusahnen. Doch der Coup schlägt fehl als Marcus, der Anführer der Truppe, anordnet, das Juweliers-Ehepaar und ihre kleine Tochter zu exekutieren. Für Christian ein No-Go und so versucht er, zumindest das Leben des Mädchens zu retten – leider erfolglos. Mit nur einem Schuss streckt Marcus sowohl ihn als auch das Mädchen nieder. Die vier übriggebliebenen Verbrecher werden daraufhin zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
Vier Jahre gehen ins Land, ehe es den Gangstern gelingt, aus dem Gefängnis auszubrechen. Auf der Flucht suchen sie Unterschlupf in einem Kloster – und staunen nicht schlecht, als ihnen dort der todgeglaubte Christian begegnet, der sich für ein jetzt sündenfreies, geläutertes Leben als Mönch entschieden hat. Dem geläuterten Verbrecher ist klar, dass er den brutalen Marcus und seine Mannen keinesfalls entkommen lassen darf.

Die Story von Requiem – Kreuzgang zur Hölle ist simpel und wurde in ähnlicher Form schon mehrfach verfilmt, oftmals sogar deutlich spannender. Doch Drehbuchautor und Regisseur Hervé Renoh schafft es immerhin, auf optischer Ebene einige originelle Einfälle einzubauen. Was die FSK damals geritten hat, stolze vier Minuten aus dem Film zu entfernen, erschliesst sich mir allerdings nicht, da allzu brutale Szenen schlichtweg ausbleiben. Heute wäre der Film mit Sicherheit unzensiert durch die Prüfung gerutscht, doch das Geld für die Neuprüfung sparte man sich bei Cinestrange Extreme. Leider nicht die einzige Einsparung, die man vornahm.
Und damit kommen wir zum leidigen Punkt, mit dem ich mich jetzt befassen muss. Denn anstatt die Szenen aufwändig nachsynchronisieren zu lassen, wählte man eine andere Methode. Wer jetzt denkt, man habe die Szenen einfach im Original belassen und entsprechend untertitelt, der irrt leider. Hier kam eine KI zum Einsatz, was für großen Wirbel sorgen sollte. Zum einen, weil die Technik noch nicht so weit ist, hier ein zufriedenstellendes Ergebnis zu bekommen. Sobald die KI erklingt, wird aus einer kompetent synchronisierten Sprachfassung (u.a. sind im Film Detlef Bierstedt und Charles Rettinghaus zu hören) ein seelenloser Murks. Nun wurde mir seitens des Verleihers mitgeteilt, dass lediglich wenige Sekunden auf diese Weise bearbeitet wurden, weswegen man den, in diversen Foren gestarteten Shitstorm gegen Cinestrange Extreme nicht verstehen könne. So viel zur Theorie.

Zum anderen entpuppten sich die wenigen Sekunden in der Praxis jedoch als mehrere Minuten, denn in beinahe jeder geschnittenen Szene wird auch gesprochen – monoton wie der T800, der nach Sarah Connor fragt. Ich weiß, man hatte mit Sicherheit keine böse Absicht im Kopf, als man sich im Hause Cinestrange Extreme für die KI-Nutzung entschied, und wollte den Fans einen durchweg ungestörten Filmgenuss bieten. Doch so ist es nun mal leider nicht. Vielleicht ist KI im Synchronbereich in einigen Jahren der heiße Shit und niemand erinnert sich mehr an die Tage, als Synchronlegenden wie Thomas Danneberg und Arne Elsholtz gemeinsam im Studio einzigartige Arbeit geleistet haben, derzeit aber ist es glücklicherweise noch ein absolutes No-Go. Da mittlerweile Synchronsprecher Peter Flechtner (the one and only Phil Dunphy) von der Sache Wind bekommen hat, der hier einst die Hauptrolle einsprach, ist die Kacke natürlich mächtig am Dampfen. Wie hier der aktuelle Stand der Dinge ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe lediglich einen gut gemeinten Rat, den ich Cinestrange Extreme mit auf den Weg geben möchte: Klar, Ihr wolltet Eurem Publikum Film-Spaß aus einem Guss bieten. Wenn aber nicht die Kohle am Start ist, die namhaften Sprecher ins Studio zu holen, dann entscheidet Euch zukünftig bitte für den einfachen Weg und untertitelt an diesen Stellen schlichtweg das Original. Niemand wird Euch deshalb böse sein. Im Falle von Requiem – Kreuzgang zur Hölle wäre evtl. eine Austausch-Disc mit eben dieser Variante eine gute Aktion, denkt mal darüber nach.
Ansonsten ist die Veröffentlichung (mit lag die einfache Blu-ray-Variante vor) von ordentlicher Qualität. Auch im Bonusbereich wird nicht gegeizt und so gibt es neben einem Audiokommentar, einem Making Of, Trailern und einer Bildergalerie auch ein Interview mit Hervé Renoh und zwei von ihm gedrehte Kurzfilme. Das Booklet im Mediabook soll mal wieder von Christoph N. Kellerbach verfasst worden sein. Die Blu-ray verfügt zudem über ein Wendecover.
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