Nun auch im Heimkino erhältlich! Wer „Tomb Raider“ im Kino verpasst hat, kann sich nun vom heimischen Sofa aus auf Grabschändung… ähhh… Schatzsuche begeben. Allerdings sollte man dann doch nicht zu viel erwarten. Und entgegen einiger Meinungen die seit Kinorelease im Netz kursieren, kann man Alicia Vikander definitiv KEINEN Vorwurf machen. Sie ist einer der Gründe sich diesen Film anzusehen.

Regie: Roar Uthaug

Darsteller: Alicia Vikander, Dominic West, Walton Goggins, Daniel Wu

Artikel von Victor Grytzka

Wir alle erinnern uns noch an Angelina Jolie, die in zwei Filmen der britischen Videospielheldin Leben eingehaucht hat. Nach dem (vermeintlichen) Aus der Spielreihe wurde es erst einmal still um Lara Croft. Bis Square-Enix im Jahre 2013 mit dem Spiel „Tomb Raider“ einen düstereren Ton anschlug, und so der Marke wieder auf die Beine half. Es war nur eine Frage der Zeit bis dazu auch ein Film erscheinen würde. Nun ist er da – Jolie ist Geschichte, hier kommt Vikander!

Natürlich war ich gespannt wie ein Flitzebogen (wie passend). Ob man es wohl geschafft hat das bedrückende Survivalgefühl und die stellenweise brutale Atmosphäre des Spiels einzufangen? Hat sich der frische Wind auch auf die aktuelle Verfilmung übertragen lassen? Skeptisch war ich ja schon. PG-13 bzw. FSK 12 bei einer Verfilmung zu einem Spiel, das damals immerhin (und ehrlicherweise auch völlig verständlich) ein USK-18 Siegel trug.

In „Tomb Raider“ geht es um Lara Croft (Alicia Vikander), eine junge Frau deren Vater (Dominic West) vor sieben Jahren bei einer Expedition verschollen ist. Als sie den Tod ihres Vaters nun endlich bescheinigen soll, um so den Familienbesitz verwalten zu können, fällt ihr ein Schlüssel und eine seltsame Botschaft in die Hände. Sie stößt auf Aufzeichnungen ihres Vaters die Aufschluss über sein Schicksal geben könnten. Gemeinsam mit dem Schiffskapitän Lu Ren (Daniel Wu) macht sie sich auf eine gefährliche Reise zu einer Insel mitten Im Teufelsmeer. Was hat ihr Vater dort getrieben, und was hat es mit dem Rätsel um eine gewisse Himiko auf sich?

Eines vorweg – ich hatte mich so auf diesen Film gefreut. Ich konnte den Kinostart kaum abwarten, und was ich bekam war leider etwas ernüchternd. Deswegen fangen wir gleich mal mit den Dingen an die mir etwas sauer aufgestoßen sind. Das erste Spiel aus dem Hause Square-Enix, auf das sich dieser Film eindeutig beziehen möchte, war atmosphärisch und erzählerisch ein Geniestreich. Die Filmversion bietet zwar deutliche Anleihen an das Spiel, nutzt diese jedoch nur als groben Rahmen. Es gibt immer wieder hier und da kleine Parallelen die den Fans des Spiels sofort auffallen werden (Teils wurden Szenen 1:1 in den Film übernommen), aber im Kern hat man hier dann leider eine abgedroschene Abenteuergeschichte runter gespult, wie sie auch ein Indiana Jones oder ein Quatermain hätte erleben können. Himiko, im Spiel ein zentrales Thema, möchte hier zwar auch gerne im Mittelpunkt stehen, verpufft aber in uninspirierten Gruselmomentchen bis in die Tiefen der Bedeutungslosigkeit. Das Ganze wirkt wie ein erzwungener roter Faden.

Zwar hält die Story für die Laufzeit von knapp zwei Stunden den Zuschauer locker bei Laune, aber da haben wir auch eines der größten „Probleme“ von Tomb Raider. Während die Spiele (egal welcher Zeit aus dem Franchise sie entsprungen sind) immer ein atmosphärisches Alleinstellungsmerkmal boten, wird hier eine typisch anspruchslose Geschichte für den Popcorn fressenden Sesselpupser abgespult. Wo bleibt da die Huldigung der Vorlage?  Okay, positiv anzumerken ist definitiv der Umstand, dass ein Kernthema die Charakterentwicklung Laras ist, die sich im Laufe des Films immer mehr zu einer wahren Überlebenskünstlerin mausert. Es macht Spaß ihre „Verwandlung“ zu beobachten.

Nun aber zu meinen größten „no go“ – man wollte auf Biegen und Brechen einen Film für die ganze Familie schaffen, denn am Ende geht es ja immer um die Einnahmen. Die Kasse soll klingeln. Bei uns läuft der Film mit einer FSK 12, und die kann ich nicht (ganz) gutheißen. Denn eine weitere Stärke von Tomb Raider sind die Sequenzen, in denen ordentlich an der „Actionschraube“ gedreht wird. Es gibt wilde Schießereien samt Headshots, es wird jemand von einem scharfen Gegenstand durchbohrt und, und. und… Dabei will mir eine Szene nicht aus dem Kopf. Lara wird zum ersten mal mit dem Töten eines anderen Menschen konfrontiert  als sie sich verteidigen muss. Diese Szene ist relativ lang und offenbart einen sehr dunklen Charakterzug von Lara. Atmosphärisch absolut toll gemacht, aber das könnte für einen „soften“ 12-jährigen dann doch zu viel sein.

So, jetzt aber genug gemeckert. Mir haben ein paar Dinge tatsächlich sehr gut gefallen. Die Darsteller sind absolute Spitzenklasse. Besonders Alicia Vikander passt zu Lara Croft wie die Faust aufs Auge – nicht nur optisch. Sie darf hier zeigen wie abwechslungsreich sie spielen kann. Die harte Lara, die traurige Lara, die nachdenkliche Lara, die zweifelnde Lara oder die ängstliche Lara. Jede dieser Emotionen bekommen wir zu sehen, und jede überzeugt zu 100 Prozent. Walton Goggins gibt den Charakter des „Mathias“, dessen Absichten ich hier nicht spoilern möchte. Er tut dies aber richtig gut und intensiviert so die Rolle die ihm angedacht wurde. Laras Sidekick „Ren Lu“ ist irgendwie schräg, aber im richtigen Moment auch ein verlässlicher Freund. Ein wenig mehr Screentime hätte ihm gut gestanden.

Bombastisch – das habe ich zur Inszenierung zu sagen. Tolle und authentische Locations (unter anderem gedreht in London und Südafrika) verschmelzen mit anspruchsvollen CGi-Effekten und Studiobauten zu einer grandiosen Optik. Hochgeschwindigkeitskino und Eyecandy – die Grundzutaten für einen erfolgreichen Blockbuster. Diese reichen alleine schon als Grund sich den Film anzusehen. Das Pacing ist auch ordentlich. Längen gibt es an sich keine. Auch wenn die Vorstellung der Figur Lara Croft am Anfang des Films vielleicht etwas zu erzwungen wirkt. Kräftig scheppert und dröhnt es aus den Boxen. Dabei war mein persönliches Highlight der Sturm auf dem Teufelsmeer, ein passender Soundtrack (mal poppig, mal episch) erledigt den Rest.

Reichen eine tadellose Inszenierung und ein starker Cast um Tomb Raider zum Kinohit des Jahres zu machen? Leider nein, dafür ist die Geschichte zu uninspiriert. Hätte man auf den PG-13 Murks verzichtet, dann hätte das Ding eine düstere Stimmungsgranate werden können. So ist es einfach nur etwas, das es leider in letzter Zeit immer häufiger im Kino gibt. Ein nettes – aber belangloses – Filmchen, dessen „aaahs“ und „ooohs“ sich weitestgehend auf Effekte und Inszenierung beschränken. Für den Hardcore Tomb Raider Fan viel zu wenig, für den durchschnittlichen Blockbusterfan vermutlich genau richtig.

Trailer:

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