Ridley Scott ist zweifelsohne eine Regie-Legende. Mit Filmen wie „Blade Runner“ (1982) oder „Alien“ (1979) schuf der britische Filmemacher Klassiker des modernen Kinos. Auch in den weiteren Jahren schuf er zahlreiche Werke, die in jeder guten Filmsammlung zu finden sein sollten. Nach einigen künstlerischen Fehlschlägen steht nun sein neuster Film „Alles Geld der Welt“ (2017) in den Läden. Ob der Entführungsthriller, nach wahren Begebenheiten, packendes Erzählkino ist, oder letztendlich doch nur heiße Luft, erfahrt ihr in dieser ausführlichen Kritik.

Originaltitel: All the Money in the World

Drehbuch: David Scarpa
Regie: Ridley Scott

Darsteller: Michelle Williams, Mark Wahlberg, Christopher Plummer, Charlie Plummer…

Artikel von Christopher Feldmann

„Alles Geld der Welt“ (2017) bekam viel Presse, was aber weniger am Film selbst lag, sondern viel mehr an der Besetzung. Ursprünglich spielte OSCAR-Preisträger Kevin Spacey die Rolle des Ölmagnaten J.P. Getty, mit welchem auch erste Trailer veröffentlicht wurden. Nach den schweren Anschuldigungen gegen Spacey, auf Grund von sexueller Nötigung in mehreren Fällen, entschied man sich alle Szenen mit Ihm aus dem Film zu entfernen, und sie mit Alt-Star Christopher Plummer neu zu drehen. Ein gewagtes Unterfangen, nur gut zwei Monate vor Kinostart. Man kann schon jetzt erwähnen, dass dieser Schritt dem Film sogar gut getan hat, denn abseits von den Szenen mit Plummer ist „Alles Geld der Welt“ lediglich ein lauwarmer und spannungsfreier Film, der mehr an eine durchschnittliche „True Crime“-Doku erinnert, als an einen Thriller von einem Kult-Regisseur!

„Alles Geld der Welt“ behandelt die Geschichte um die Entführung von John Paul Getty III (Charlie Plummer), der 1973 im Alter von 16 Jahren in Italien entführt wird. Er ist der Enkel des Ölmagnaten Jean Paul Getty (Christopher Plummer), der zu diesem Zeitpunkt reichste Mann der Welt. Als sich die Entführer an Pauls Mutter Gail (Michelle Williams) wenden und 17 Millionen Dollar Lösegeld fordern, sieht die alleinerziehende Mutter keinen anderen Weg, als ihren Ex-Schwiegervater um die Summe zu bitten, doch Der Konzernchef und Eigenbrötler stellt sich quer. Stattdessen beauftragt er den ehemaligen CIA-Agenten, und Verhandlungsführer von GETTY OIL, Fletcher Chase (Mark Wahlberg) mit der Untersuchung des Falls.

Die „Getty“-Entführung sorgte in den 70ern für Furore und wurde heiß diskutiert. Besonders Jean Paul Getty selbst wurde öffentlich angefeindet, da er nicht bereit war das Lösegeld zu zahlen. Eigentlich eine solide Basis für einen fesselnden Thriller, in dem man auch mit der Kritik am Kapitalismus spielen kann, um den eigentlichen Wert von Geld zu erörtern. Doch Ridley Scott macht daraus kaum etwas, leider. Das Drehbuch hält sich recht sklavisch an die zu Grunde liegenden Fakten und bemüht sich den Fall getreu den Ereignissen zu adaptieren. Natürlich wird das Geschehen an der einen oder anderen Stelle etwas ausgeschmückt, um etwas Dramaturgie zu erzeugen, jedoch hat man Faktoren wie Spannung komplett vergessen. Im Endresultat hat man somit eine gute Adaption geliefert, die aber im Umkehrschluss äußerst hüftsteif erzählt und inszeniert wurde. Die Dialoge sind, ebenfalls bis auf ein paar Ausnahmen, recht Dröge und dienen lediglich als Mittel zum Zweck. So verkommt „Alles Geld der Welt“ zur flachen Nacherzählung, die den Zuschauer des Öfteren dazu verleitet auf dem Smartphone herumzuspielen.

Auch auf der bildlichen Seite reißt der Thriller keine Bäume aus, was besonders schade ist. Ridley Scott hat uns viele herausragende Welten erschaffen, „Blade Runner“ (1982) und „Alien“ (1979) wurden ja schon erwähnt. Aber auch Werke wie „Black Rain“ (1989), „Thelma & Louise“ (1991) und „Gladiator“ (2000) haben ihre eigene Bildsprache, die Scott zu einem Meister seiner Zunft machten. Es gibt nicht viele Regisseure, in deren Vita es wirklich mehr als 2 Filme gibt, die mich über Jahre begeisterten. Scott ist einer dieser Regisseure für mich, auch wenn er in den letzten Jahren immer seltener ein gutes Händchen hatte. Trotzdem war ich bei „Alles Geld der Welt“ enttäuscht, denn es wird kaum Atmosphäre aufgebaut, die Fallhöhe der einzelnen Figuren wird nie wirklich auserzählt und es wird sich auch keinem Charakter tiefer gewidmet. Das Ganze wird in triste Bilder getaucht, die so gar keinen hinter dem Ofen vorlocken. Ridley, wo ist dein MoJo hin?

Lediglich die Darsteller können etwas Schadensbegrenzung betreiben. Michelle Williams brilliert als geschiedene Getty-Ehefrau und verzweifelte Mutter, die ihr letztes Hemd für ihren Sohn geben würde. Sie besitzt den wahrscheinlich größten Ausdruck im gesamten Film und spielt eine ganze Palette von Emotionen hervorragend. Charlie Plummer hingegen darf als Entführungsopfer lediglich muffig aus der Wäsche gucken und hat kaum Material um sein Können unter Beweis zu stellen. Eine große Fehlbesetzung ist meiner Meinung nach Mark Wahlberg, der hier, wie auch in anderen Filmen, dieselbe Rolle spielt, den etwas prolligen Typen und Ermittler. Sein Spiel passt so gar nicht in den Film und man erwartet, dass Wahlberg gleich die Knarre zückt und die Entführer einfach selbst umnietet. Das wäre zugegebener Maße ganz lustig aber kommt auch so nicht vor. Die besten Szenen gehören definitiv Christopher Plummer. Ich möchte keine Sympathien für Kevin Spacey vertreten aber er ist nun mal einer meiner Lieblingsschauspieler. Sein Ausscheiden war aber vermutlich das Beste, was dem Film passieren konnte. Nicht, dass ich ihn nicht gerne gesehen hätte, jedoch wirkte sein starkes Make-Up, immerhin ist J.P. Getty zu dieser Zeit stolze 80 gewesen, etwas seltsam. Plummer, der eigentlich Scotts erste Wahl war, bevor ihm das Studio Spacey aufs Auge drückte, ist im richtigen Alter und hat den echten Getty sogar noch kennen gelernt, was seinem Spiel hier zu Gute kam. Plummer trifft die richtigen Töne und verleiht der Rolle ein besonderes Gewicht und auch die nötige Präsenz. Als im Grunde bärbeißiger und knallharter Dagobert Duck verkörpert er mit Bravour den König aller Kapitalisten. Seine Momente schillern in der öden Sauce dieses behäbigen Films.

Wer „Alles Geld der Welt“ im Kino verpasst hat, der kann sich ihn nun als DVD oder Blu-Ray nach Hause holen. Im Bonusmaterial findet der Filminteressierte ein Making-Of, diverse Featurettes, Interviews mit Cast & Crew, B-Rolls, sowie einige Deleted Scenes.

Ridley Scotts Entführungs-Aufarbeitung „Alles Geld der Welt“ (2017) ist kein schlechter Film, er ist einfach nur so egal. Man geht hier mit einer guten Story ans Werk, welche aber lieblos und spannungsfrei erzählt und inszeniert wurde. Auch wenn Michelle Williams und Christopher Plummer glänzen können, so sind die 130 Minuten doch recht zähes Kino und zählen schon jetzt zu den Enttäuschungen des Jahres, da man weiß, dass es Ridley Scott doch besser kann.

Trailer:

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