Aus der Frühzeit der Italo-Western-Welle schwappt dieser Film aus den unerschöpflichen Filmrechtarchiven KOCH MEDIAs zu uns. Nicht alle Streifen davon sind sehenswert, dennoch ist jeder Film dieser Neuauflagen in bester Bildqualität und mit so manchem Extra versehen. Ob es sich bei dem ersten Auftritt von Craig Hill in einem Italo-Western um einen Klassiker oder um eine filmische Ladehemmung handelt, werden wir gleich feststellen.

Originaltitel: Ocaso de un pistolero

Regie: Rafael Romero Marchent

Darsteller: Craig Hill, Gloria Milland, Jesus Puente, Carlos Romero Marchent

Artikel von Kai Kinnert

Schon in den ersten Minuten wird klar, dass Regisseur Marchent (im Film in einer Nebenrolle zu sehen) sich noch sehr am Hollywood-Western orientiert. Musik und Kamera sind sehr amerikanisch, es fehlen alle berühmten Merkmale des Genres, wie zB die vielen Nah- oder Detailaufnahmen, die Schnittfolgen zwischen der Totalen zur extremen Nahaufnahme und auch die starken Definitionen der Vorder- und Hintergründe fehlen hier völlig. Stattdessen bedient man sich der klassischen Erzählweise eines John Fords, die aus vielen Totalen und einer prägnanten Landschaft besteht. Auch die Musik wildert noch nicht so bei Ennio Morricone und rahmt den Film eher mit einem klassischen Westernscore. Soweit die technischen Rahmenbedingungen des Films, die diesen Streifen deutlich von Leones Einfluss lösen.

Für den ehemaligen Revolverhelden Dan Murphy (Craig Hill) hat das ehrbare Leben mit Frau und Kind ein Ende, als er von Sheriff Ford (wie passend) erkannt und gestellt wird, eine Konfrontation, die Murphys Sohn mit dem Leben zahlt. Als Dan im Gegenzug das Kind seines Widersachers entführt, um seinen Traum von Familie ein weiteres Mal wahr werden zu lassen, kommt es zur Katastrophe: Konfrontiert mit den mörderischen Castle-Brüdern und einem Handlanger des Sheriffs muss Murphy erneut zur Waffe greifen, um im finalen Duell dem Mörder seines Sohnes gegenüberzutreten.

BLEI IST SEIN LOHN ist einer der wenigen Italo-Western, den man kaum ansieht, das sie aus Italien kommen. Durchaus klassisch-gut und in ansprechender Kulisse und Landschaft solide gefilmt, verbringt der Film einige Zeit damit, das Privatleben und den sich langsam zuspitzenden Konflikt zu inszenieren. Auch wenn einige Dialoge zwischen Dan und seiner Frau doch etwas in die Länge gezogen worden sind, entwickelt der Film eine gelungene Atmosphäre der Western aus den späten 50ern Hollywoods. Die Kamera denkt zwar nicht eine Sekunde darüber nach, uns mit typischen Einstellungen des Italo-Western zu bedienen (zB Augen im Detail, Colt oder Stiefel beim Duell im Vordergrund), liefert aber dennoch schön gesetzte Totalen und kleine Kamerafahrten mit großer Wirkung. Am besten kommt das im letzten Drittel des Films zur Geltung, nämlich als Craig mit seiner Frau im Wohnzimmer sitzt und ihr erklärt, was die Bösen vorhaben. Völlig untypisch wurde das Gespräch mit Kamerafahrten auf die Ehefrau und Dan Murphy inszeniert, was die Qualität der Szene über den sonst eher steifen Dialog erhöht.

Als eine besondere Überraschung stellt sich die Besetzung heraus. Allen voran macht Craig Hill in seinem ersten Italo-Western eine gute Figur. Der Mann ist tatsächlich ein solider Schauspieler und schafft es, seiner Figur einige darstellerische Facetten zu verpassen. Statt eines einzigen Gesichtsausdrucks, mit dem Franco Nero oder Clint Eastwood das Genre gekonnt in Blei gossen, darf Craig hier für einen Western durchaus nuanciert spielen. Auch die anderen Rollen wurden durchaus gut besetzt und man war noch weit davon entfernt, die typischen Fressen des Genres vor die Kamera zu stellen. Technisch wie darstellerisch ist BLEI IST SEIN LOHN also eine kleine Überraschung. Man muss natürlich diese Art von Western mögen, hier sogar zu dem noch die alten Western Hollywoods.

Einziges Manko an diesem Film ist, das er nach einem soliden Anfang in der Mitte vor sich hin plätschert, um zum Ende hin wieder mehr die Zügel in die Hand zu nehmen. Es gibt dann doch hier und da etwas viel Gerede und auch die Action ist, selbst für die damalige Zeit, nicht allzu besonnen umgesetzt. Das betrifft jetzt nicht so sehr die Schießereien, da war man dann doch ganz wieder in Italien angekommen, sondern die Faustkämpfe. So mancher Schlag geht auch mal vorbei und trifft trotzdem, Kämpfe wurden in der Bewegung geschnitten um den Wechsel zwischen Stuntman und Craig Hill zu vertuschen und auch der Zeitraffer in Stürzen oder im Gerangel findet hier noch seine Anwendung. Das trübt ein wenig das Vergnügen.

BLEIS IST SEIN LOHN ist im Gesamtbild leider ein eher durchschnittlicher Western geworden, der trotz seines guten Darstellers und einer genre-untypischen Kamera behäbig bleibt. Zu erst überrascht dieser klare, amerikanische Filmstil und Craig Hill recht positiv. Es muss ja nicht immer Sergio Leone sein. Aber dann fährt sich der Streifen ab Mitte etwas fest und lässt mehr die Rollen quatschen, als sie zum Colt greifen zu lassen. Es gibt wenige Italo-Western, bei denen man hinter der nächsten Ecke James Stewart erwarten würde, insofern ist der Streifen technisch eine grundsolide Arbeit, die auch aus Hollywood hätte kommen können. Vielleicht war das das Problem.

Für den harten Sammler des Genres ist der Film durchaus eine kleine Bereicherung für die Sammlung, denn er zeigt, wie das Genre noch am Anfang stand und noch weit davon entfernt war, sich permanent selber zu zitieren und so nach knapp 700 Filmen in den Untergang zu gehen. Freunde des alten US-Westerns könnten hier auch noch Gefallen finden, denn der Streifen ist dicht an der amerikanischen Inszenierung, bricht das aber mit ein paar kleineren Härten.

Das Bild ist wie immer großartig und sauber, wobei es keine künstliche Glätte gibt. Die Farben sind satt und stabil. Als Extras gibt es eine Featurette mit Filmhistoriker Fabio Melelli (17min), der im atemlosen Stakkato über den Film referiert. Dazu Trailer und eine Bildergalerie.

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