Wie Kollege Christian schon festgestellt hat: Wer A sagt, muss bekanntlich auch B, C und D sagen! Getreu diesem Motto, arbeiten wir uns in unserem Sommerspecial auch weiter durch die „Slasher-Camp“-Saga rund um Vorzeigepädagogin Angela Baker, deren ersten Auftritt wir ja bereits abgefrühstückt haben. Mit SLEEPAWAY CAMP 2 (1988), treffend mit dem Untertitel UNHAPPY CAMPERS ergänzt, haben wir nun den nächsten Leckerbissen auf der Speisekarte, mit besten Empfehlungen aus der Videothekenhölle. Warum sich hinter dem scheinbar schnell runtergekurbelten Sequel eine unterhaltsame Perle der späten Schlitzer-Ära versteckt, erfahrt ihr in unserem neusten Camp-Protokoll!

Originaltitel: Sleepaway Camp 2: Unhappy Campers (dt. Titel: Camp des Grauens 2)

Drehbuch: Fritz Gordon
Regie: Michael A. Simpson

Darsteller: Pamela Springsteen, Renée Estevez, Tony Higgins, Valerie Hartman, Walter Gotell…

Artikel von Christopher Feldmann

Es ist schon verrückt. Bei den sommerlich heißen Temperaturen, die derzeit wieder für regen Schweißausbruch sorgen, verbringe ich meine Freizeit nicht im Schwimmbad oder im entspannten Ferien-Resort, sondern versetze mich zuhause vor dem Fernseher in frivole Sommercamp-Stimmung. Und auch wenn SLEEPAWAY CAMP (1983), objektiv betrachtet ein höchstens mittelmäßig unterhaltender Slasher, für etwas gedämpfte Gefühle gesorgt hat, ist Aufgeben natürlich keine Option, alleine schon, weil der eingangs erwähnte Kollege mich mit viel Lobpreisung ermutigt hat, die Fortsetzung aus dem Jahr 1988 in Angriff zu nehmen. Und da sitze ich nun, alleine vor dem Fernseher und es flimmert SLEEPAWAY CAMP 2 über den Bildschirm. Ein Film, der ganz fünf Jahre nach dem Vorgänger entstanden ist. Und obwohl dieser an den Kinokassen ein ziemlicher Hit war, und Regisseur Robert Hiltzik noch heute von der Schupse leben kann, erscheint es doch etwas bizarr, dass man nach vier Jahren beschlossen hat, dass ein Sequel eine gute Idee ist. Zum Glück, hat man an der Idee festgehalten, denn CAMP DES GRAUENS 2, so der deutsche Titel, ist nicht nur der bessere Film, er entpuppt sich auch nach wenigen Minuten als schwarzhumoriger Meta-Slasher, der mit seinem unverblümten 80s-Vibe für beste Genre-Unterhaltung sorgt.

Inhalt: 
Fünf Jahre sind seit den schrecklichen Morden im Camp Arawak vergangen. Das gepeinigte Ferienlager wurde daraufhin geschlossen und der verantwortliche Mörder, ein Junge, der unter dem Namen Angela zum Mädchen erzogen wurde, wurde in die Psychiatrie gesteckt. Genau diese Geschichte erzählen sich die Jungs bei Nacht und Nebel am Lagerfeuer im Camp Rolling Hills. Auch Phoebe (Heather Binion) lauscht gespannt den Erzählungen, hat sich sogar extra aus dem Zimmer geschlichen, um etwas Zeit bei den Boys zu verbringen. Nur Camp-Aufseherin Angela (Pamela Springsteen) findet diese Missachtung der Hausregeln gar nicht so witzig. Als Konsequenz, schneidet sie der unartigen Göre gleich mal die Zunge heraus und verscharrt sie im Wald. Hinter der pflichtbewussten Vorzeige-Teamerin verbirgt sich nämlich niemand geringeres als DIE Angela, die das Blutbad im ersten Teil verantwortet hat. Nach jahrelanger Elektroschock-Therapie und einer umfangreichen Operation zur vollwertigen Frau, galt sie als geheilt. Nur ihre Aversion gegen unzüchtiges Verhalten hat sie dabei nicht verloren.

Der Film beginnt mit einer klassischen Lagerfeuer-Szene, wie man sie bereits aus einem handelsüblichen FREITAG DER 13.-Film kennen dürfte. Ein Elemente, welches gut und gerne genutzt wird, um nochmal schnell die vergangenen Ereignisse zu rekapitulieren und die Gedächtnislücken zu füllen. Normalerweise hat man an einen Film wie SLEEPAWAY CAMP 2 keine sonderlich hohen Erwartungen, reiht er sich doch dem Anschein nach in die endlos wirkende Reihe, zahlreich nachgeschobener DTV-Fortsetzungen ein, bei denen eigentlich nie jemand hinter den Kulissen an gestandener Filmkunst interessiert ist, sondern lediglich auf möglichst hohen Profit hofft, da Titten und Gore seit jeher dafür sorgen, dass die Horrorfans gierig nach dem jeweiligen Produkt grabschen. Im Kern macht SLEEPAWAY CAMP 2 da auch keine Ausnahme. Der Bodycount ist höher, die nackten Tatsachen präsenter und die Slasher-Szenen zeigefreudiger. Doch in einem Punkt hat der Streifen die Nase, gegenüber seinen anderen Kollegen aus der Schmuddelecke, vorn: Er nimmt sich zu keiner Sekunde wirklich ernst. Michael A. Simpson, der Regisseur dieses Werks, und Fritz Gordon, Pseudonym des Produzenten und Drehbuchschreibers Michael Hitchcock, setzen vermehrt auf Comedy und Meta-Humor und geben dem Film somit das nötige Extra, um aus der Masse etwas hervorzustechen.

Macht ja auch irgendwo Sinn, denn ein Film, bei dem man schon von Anfang an den Killer kennt, muss irgendetwas bieten, um den Zuschauer bei der Stange zu halten, die Spannung ist ja selbstredend dahin. Natürlich passt das Drehbuch auf einen Bierdeckel aber das ist gar nicht so wichtig, denn das kann man gefühlt jedem zweiten Slasher der 1980er auch vorwerfen. Stattdessen hält der Film mit seiner rotzigen Attitüde nicht hinter dem Berg und lässt Angela den ersten Mord schon gleich mit einem kessen Spruch kommentieren. Danach bekommen wir erstmal einen kleinen Einblick in die verträumte Romantik von Camp Rolling Hills, in dem sich so allerlei Klischee-Personal tummelt. Wir hätten mit Molly das klassische „Final Girl“, mit Sean den standesgemäßen Boyfriend und mit Ally die typische Cheerleaderin, sowie ein ganzes weiteres Dutzend an promisken, drogenaffinen Teenagern, bei denen man sich fragt, was sie eigentlich in dem Camp zu suchen haben. Auch mit dem Alter der Figuren haut es nicht so wirklich hin, wirken doch manche „Jugendliche“ etwas zu alt um Teilnehmer dieses Camps zu sein, aber drauf geschissen. Nach kurzer Einführung darf Angela, die merklich einen an der Waffel hat, dann für „Stimmung“ sorgen, indem sie, mitsamt Gitarre, den Gassenhauer „Ooooh, I’m a happy Camper“ zum Besten gibt, der noch lange im Ohr hängen bleibt. Mit der Klampfe kann Darstellerin Pamela Springsteen besonders gut umgehen, ist sie doch leibhaftig die Schwester vom ollen Bruce, dem Boss. Diese Tatsache verschwieg die gute Pamela übrigens seinerzeit beim Dreh und die übrigen Akteure fanden erst Jahre später heraus, dass sie mit der Schwester eines Weltstars vor der Kamera standen. Das nenne ich mal Bodenständigkeit.

Jedenfalls entfaltet sich keine große Handlung, stattdessen meuchelt die sehr moralische Angela mit liebevoller Hingabe einen aufsässigen Jugendlichen nach dem anderen, hegt sie doch einen Groll gegen die Missachtung der Regeln und Verfehlungen aller Art. So werden zwei promiske Schnapsdrosseln, die sich eben noch mit Jungs im Wald vergnügten, bei lebendigem Leibe verbrannt, ein Mädchen, die mal kurz die Titten gezeigt hat, bekommt einen Elektro-Bohrer zu spüren und die Zicke vom Dienst wird stilecht im modrigen Scheißhaus ertränkt. Angela geht recht kreativ zu Werke und bedient sich dabei Messern, Kettensägen und sogar Batteriesäure. Die wohl schönste Szene, in denen der Meta-Humor besonders zum Tragen kommt, ist jene, in der zwei Spackos sich als Freddy Krueger und Jason Voorhees verkleiden, um die Camp-Freunde zu erschrecken, bis Angela als Leatherface auftaucht und die Kettensäge knattern lässt.

SLEEPAWAY CAMP 2 hat viele solcher Momente und versteht sich in vielerlei Hinsicht als Parodie auf die gängigen Slasher-Motive, die unzählige Filme fest etablierten. Allein schon die Tatsache, dass Angela diejenigen bestraft, die sich ihrer Meinung nach nicht moralisch verhalten und die Ehre eines echten braven Campers beschmutzen, ist schon ein schöner Gag und übertreibt gewollt das gängige Klischee, dass in Slasherfilmen alle Figuren sterben, die vorehelichen Verkehr haben oder Drogen konsumieren. Dazu baut das Drehbuch noch einige kleine Momente ein, die zum Schmunzeln anregen, etwa wenn Angela einen Mord verpatzt, weil die Kettensäge nicht mehr anspringt oder die vielen zynischen One-Liner vom Stapel lässt. Auch lässt sich die Haltung des Films dadurch erkennen, dass fast alle Figuren nach bekannten Jungschauspielern der 1980er Jahre benannt sind, meistens nach Darstellern des berühmten Brat Packs. Molly (Molly Ringwald), Sean (Sean Penn), Ally (Ally Sheedy), TC (Tom Cruise), Mare (Mare Winningham), Onkel John (John Hughes), Brooke (Brooke Shields), Phoepe (Phoebe Cates), Charlie (Charlie Sheen) und so weiter. Die Darsteller reichen dabei natürlich nicht an die Klasse der Vorbilder heran, sondern sind Jungdarsteller vor der Stange, bei denen die Meisten SLEEPAWAY CAMP 2 als Highlight ihrer Karriere angeben dürften. Lediglich Renee Estevez könnte man kennen, ist sie doch die Schwester von Emilio Estevez und Skandalnudel Charlie Sheen. Auch Walter Gotell, der hier als Campleiter auftritt, dürfte noch vielen Bond-Fans ein vertrautes Gesicht sein, spielte er doch in mehreren Filmen der Roger Moore-Ära General Gogol, den Chef des russischen Geheimdiensts.

Regisseur Michael A. Simpson drückt, trotz verhaltenem Schauspiel, ordentlich aufs Gaspedal und lässt seinen Meta-Slasher nicht zur Ruhe kommen. Bei einer Laufzeit von knackigen 80 Minuten wird SLEEPAWAY CAMP 2 nie langweilig und serviert genug Leichen und One-Liner, dass helle Freude aufkommen dürfte. Dabei geht der Film deutlich zeigefreudiger zu Werke und hat ein paar blutige Momente zu bieten, auch wenn man hier jetzt kein Splatter-Fest erwarten sollte. Das Budget von unter 500.000 US-Dollar war immerhin gering und ermöglichte jetzt nicht die besten Make-Up-Effekte, auch wenn sich einiges doch sehen lassen kann. Gedreht wurde die Chose übrigens, wie schon der erste Teil, in einem realen Feriencamp in Waco, Georgia. Heute ist der Komplex weitestgehend abgerissen, lediglich die Duschräume und der Swimming Pool sind noch vorhanden. Offenbar hat die Location den Machern so gut gefallen, dass sie in den sechs Wochen Drehzeit das Sequel SLEEPAWAY CAMP 3: TEENAGE WASTELAND (1989) gleich mit abgearbeitet haben, welchem wir uns in der nächsten Ausgabe widmen. Erwähnt werden, soll noch der wunderbar knallige Soundtrack, der aus typischen 1980er Hard Rock-Nummern besteht und klingt, als hätte man ein Greatest Hits-Album von Dokken aufgelegt. Macht auf jeden Fall Laune.

SLEEPAWAY CAMP 2 war lange Zeit indiziert und lediglich in schäbigen Bootlegs oder als Import zu beziehen. Mittlerweile erfreut sich der Streifen einer Freigabe ab 16 Jahren, in der ungeschnittenen Fassung natürlich, und ist auf Blu-Ray und DVD bei NSM RECORDS erschienen, welche in jedem gut sortierten Handel zu finden sein dürften.

Fazit:
Michael A. Simpsons SLEEPAWAY CAMP 2: UNHAPPY CAMPERS (1988) ist ein Slasher-Sequel, wie man es sonst nicht erwarten würde. Statt auf billigen Grusel und fades Gekröse zu setzten, serviert man dem Zuschauer hier eine echte Spaß-Granate, die natürlich die Genre-typischen Schauwerte bietet aber mit frechem Meta-Humor und vielen One-Linern fast schon zur Parodie wird und somit für großen Spaß sorgt. Was Wes Craven 1996 mit SCREAM geleistet hat, nimmt dieser kleine Videotheken-Slasher schon in gewisser Weise vorweg, Chapeau! Jetzt freue ich mich umso mehr auf den dritten Teil. Bis dahin, frohes Schwitzen!

„Happy Camper“-Song:

Trailer:

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