Es klingt wie ein Western, es ist aber kein Western, was uns KOCH FILMS hier präsentiert. Klar, man trägt Colt. Und der Boden ist schlammig, es gibt Pferde, eine Bande und einen Totengräber, der an dem Morden der Bande partizipiert. Es ist eher ein Drama über den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, eine politische Metapher ebenso, dargeboten in einer kleinen Western-Stadt. Das ist soweit nicht schlimm, doch es geht etwas schief im Städtchen.

Regie: Ivan Kavanagh

Darsteller: Emile Hirsch, John Cusack, Danny Webb

Artikel von Kai Kinnert

Wenn in einem gottesfürchtigen Western-Kaff Alkohol, Prostitution und Glücksspiel verboten werden, ist das scheinbar ein Segen. Nur der Totengräber Patrick (Emile Hirsch) sieht aufgrund des Leichenmangels seine Existenz bedroht und ist deshalb nicht ganz unglücklich, als mit dem finsteren Dutch Albert (John Cusack) wieder Gesetzlosigkeit in das Örtchen einreitet. Als der Bösewicht und seine Schergen jedoch immer näher an seine Familie heranrücken, muss Patrick eine verhängnisvolle Entscheidung treffen: Entweder er nimmt weiterhin das Blutgeld an, das er verdient, um die Opfer des Mörders zu bestatten. Oder er lässt Blei sprechen.

Soweit die Theorie. Nebelverhangen, schlammig und in überwiegenden Brauntönen gibt sich das kleine Kaff, in dem Anstand und Gottesfurcht wieder einziehen soll. Immerhin musste man eine Menge Indianer erschießen, damit die kleine Stadt gebaut werden konnte und nun soll auch alles Laster aus dem Kaff verschwinden, damit der gottesfürchtige Gedanke wieder Leitkultur werden kann. Doch dann reitet John Cusack in die Stadt und es wird nix aus Friede, Freude, Eierkuchen.

Denn was auf Gewalt gegründet wurde, wird letztendlich immer an der Gewalt zu Grunde gehen. Das NEVER GROW OLD eine Metapher auf die Gründung der USA ist, wird schon in den ersten 6 Minuten klar gemacht.

So zeigt die erste Einstellung des Filmes eine zerrissene US-Flagge die an der Brandruine des örtlichen Saloons prangt. Danach richtet der Pfarrer in der sonntäglichen Predigt sogleich auch populistische Worte über die Gründung Amerikas an die Gemeinde, um so den Haufen im Kampf gegen das Laster auf Linie zu bringen. Das scheint Wirkung zu haben, denn dem Totengräber geht damit das Einkommen aus und seine junge, attraktive Familie droht Hunger leiden zu müssen. Als dann auch noch sein einziges Pferd beim Bestellen des Ackers verreckt, ist es ganz aus und das Erscheinen von John Cusack schickt unseren Totengräber Patrick in die moralische Grauzone des Mitläufers. Die nun folgende Spirale von vermeintlich shakespearschen Ansprüchen um den Konflikt zwischen Gut und Böse, gewandet in einer Idee über die moralische Basis zur Gründung der USA, mündet in einer Klammer, die zur Brandruine des Saloons führt und uns die zerrissene Flagge zeigt.

Doch leider liegt zwischen „gut gemacht“ und „gut gemeint“ noch immer ein himmelweiter Unterschied.

Der Film ist kein Western. Vielleicht hätte Ivan Kavanagh gerne das Western-Genre als Hintergrund für seine Story benutzt – gelungen ist es ihm nicht. Und das liegt nicht an fehlenden Duellen oder großen Shoot-Outs, sondern daran, das Kavanagh keine Bildsprache für seinen Streifen findet. Der Gedanke, dass die Idee und der Schlamm ausreichen, um einen Film zu drehen, scheint Kavanagh blind gemacht zu haben, was Tempo und Bildsprache angeht. Es gibt nur zwei Licht-Settings und drei Objektive, die der Kameramann kennt, sowie die herbstliche braune Landschaft Irlands. Das Kaff selber besteht eigentlich nur aus einem Saloon, der Kirche und ein paar Stell-Bauten, die das Bild füllen, sowie dem Haus von Patrick. Der Film gibt sich optisch semi-natürlich und gaukelt gewichtige Bilder vor, ohne das Genre zu begreifen. Im gehoben, europäischen TV-Look schleppt sich dieser Streifen in Andacht durch eine Inszenierung, die zu keinem Zeitpunkt die Zügel mal anzieht und Spannung aufkommen lässt. Was auch daran liegt, das John Cusack mitspielt.

Tatsächlich ist Emile Hirsch als Totengräber Patrick gar nicht schlecht. Hirsch spielt seinen Part gut. Doch was ist mit John Cusack los? Der Film platzt fast mit seinem Auftritt. Aufgedunsen und alles andere in Form, reitet Cusack mit Fackel in seine Szene und wirkt mit seinem, fürs dicke Gesicht, etwas falschen Hut wie eine Mischung aus Imker, Puppetmaster und Papa Schlumpf – nur in Schwarz. Mit nur einem Gesichtsausdruck und wie auf Oxycodon spielt Cusack seinen Part ungefährlich und jenseits der Spielfreude herunter, dass Hirsch keine Chance mehr hat. Zu Cusacks Abgesang aufs Schauspiel gesellt sich noch das lahme Tempo des Streifens, in dem sich die Story abspielt. Nur selten gelingt es Regisseur Kavanagh seinem Streifen auch die angemessene Spannung zu verpassen und so verpufft vieles schlichtweg im mangelnden Verständnis für das Western-Genre, da hier der Inhalt in seiner getragenen Symbolik wichtiger war.

NEVER GROW OLD möchte so manches sein, schafft es aber nur in wenigen Momenten, alles unter einen Hut zu bringen. Erst im letzten Drittel des Films gelingt es der Regie, etwas mehr Spannung und bessere Bilder zu finden und das bleierne Erzähltempo aufzuweichen. Davor krankt der Film an vielen Ecken und Kanten, kommt einfach nicht in Schwung und gibt sich zu schlicht in seinen Bildern. Insgesamt bleibt der Film getragen langweilig, gehemmt durch einen lustlosen John Cusack, als dass ihn Emile Hirsch hätte retten können. Seine Fans dürfen hier allerdings getrost zuschlagen.

Das Bild der BD ist glatt, satt und sauber, der Ton ist gut. Es gibt als Extras ein Making Of, Interviews, eine B-Roll und Trailer.

Trailer:

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