Aus der Reihe „Beknackte Deutsche Titel“ bringt uns STUDIO HAMBURG ENTERPRISES jetzt auch diesen Nachklapp zur Vampirgruselreihe aus dem Hause HAMMER FILMS mit den Genre-Urgesteinen Christopher Lee und Peter Cushing zum erschwinglichen Preis erneut in die Supermarktregale. Entgegen meiner Vorstellung aus Kindertagen, der Blutsauger würde hier einer Gruppe weiblicher Liliputaner hinterherjagen, wurde die Geschichte in das damals gegenwärtige London verlagert, wo es Dracula, zumindest dem Titel nach, auf Damen mit knapper Beinbekleidung abgesehen hat. Auch schön.
Originaltitel: Dracula A.D. 1972
Regie: Alan Gibson
Darsteller: Christopher Lee, Peter Cushing, Stephanie Beacham, Christopher Neame, Caroline Munroe
Artikel von Christian Jürs
Bevor die Blutsauger einen Ausflug in die Hippie-Ära machen, finden wir uns im Jahr 1872 wieder. Mitten durch den Londoner Hyde Park sehen wir eine Kutsche rasen, auf der sich die beiden Dauer-Kontrahenten Graf Dracula (Christopher Lee) und der endlich in die Serie zurückgekehrte Professor Lawrence Van Helsing (Peter Cushing) einem erbitterten Kampf und Leben und Tod widmen. Das Ergebnis lautet Unentschieden, da sowohl der vom Wagenrad aufgespießte Dracula, als auch sein Jäger, das Zeitliche segnen. Im Falle Draculas für die nächsten hundert Jahre, denn seine staubigen Überreste werden, während der Beerdigung Van Helsings, in ungeweihter Erde von einem Unbekannten verbuddelt.
Halt! Stop! Nicht nur, dass wir dem Kampf der beiden Streithähne ohne jegliche Vorgeschichte beiwohnen, es besteht auch keinerlei Zusammenhang mit den anderen Filmen. Draculas Rückkehr und Wie schmeckt das Blut von Dracula spielen beide im Jahre 1905 bzw. 1906, also mehr als dreißig Jahre nach dem Kutschfight. Naja, Schwamm drüber, immerhin gibt´s nach dem Vorspann bestimmt die versprochenen knapp bekleideten „Mini-Mädchen“ (lechz). Sex sells, wie es so schön heißt.
Eingeleitet wird die Neuzeit durch die Aufnahme eines Flugzeuges, dass uns unmissverständlich klar macht, dass wir uns in der Gegenwart befinden. Es dauert nicht lange und wir lernen die titelgebenden „Mini-Mädchen“ kennen. Diese tragen die Namen Gaynor (Sängerin Marsha Hunt), Laura (Caroline Munroe) und Jessica Van Helsing (Stephanie Beacham). Letztere ist, richtig geraten, eine direkte Nachfahrin des berühmten Vampirjägers, die bei ihrem Großvater Lorimar Van Helsing (Peter Cushing), wohnt.
Unsere drei Damen tragen allerdings keine Miniröcke, lassen aber, dank tief geschnittener Kleider, trotzdem einen guten Einblick in ihr Dekolleté gewähren (die zeitgleich entstandene Karnstein Trilogie war allerdings bedeutend zeigefreudiger). Gleich zu Beginn sprengen die Damen mit ihren Freunden im Schlepptau eine spießige Party, auf der zumindest das ein oder andere Mini-Mädchen beim Tanz zu erhaschen ist. Die Partycrasher haben sogar eine Band im Schlepptau, die ihr gesamtes Equipment gleich noch mitgeschleppt (Und reingeschmuggelt) haben, um ihre Songs zu präsentieren. Dies ruft natürlich die Gesetzeshüter auf den Plan, weswegen Jessica und ihre Clique in die nächstgelegene Kneipe flüchten. Dort kommt ihr Bekannter Johnny Alucard (Christopher Neame), scheinbar der Anführer der Teenies, auf die Idee, dass sie eine schwarze Messe in einer entweihten Kirche durchführen könnten. Diese Idee finden alle Beteiligten recht knorke. Die Verabredung steht. Und ich dachte immer, die hätten damals die ganze Zeit nur The Kinks gehört, Gras geraucht und LSD eingeworfen. So kann man sich täuschen. Trotzdem eigenartig, dass niemand Einspruch erhebt. Es kommt aber auch keine der Figuren auf die Idee, dass Alucard rückwärts für Dracula steht. Ist aber auch ein Anagramm für Fortgeschrittene.
Die Truppe trifft sich also in der Ex-Kirche und vollzieht das Ritual, bei dem Alucard den Grafen natürlich wiederbeleben möchte, was keiner der sonst Anwesenden so wirklich durchschaut. Doch Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Das Experiment gelingt und die Jugendlichen suchen das Weite. Nur Johnny und Laura bleiben zurück, womit das Schicksal der schönen Caroline Munroe besiegelt ist. Eine höchst ungewöhnliche Szene, deutet der Graf doch hier zunächst einen Kuss an, ehe er, kurz vor dem Ziel, Richtung Hals umschwenkt. Wer hätte schon damit gerechnet?
Fortan muss Johnny dem Blutsauger das ein- oder andere „Mini-Mädchen“ zur Verköstigung reichen. Das eigentliche Ziel Draculas ist aber einmal mehr die Rache. Rache an den Nachfahren seines Erzfeindes. Fortan ist vor allem Jessica in Gefahr. Ob ihr Großvater die gleichen kämpferischen Eigenschaften seines Vorfahren besitzt und dem Graf Einhalt gebieten kann? Das erfahrt ihr demnächst auf Blu-ray.
Auch wenn Ex- Denver Clan – Biest Stephanie Beacham fast die Glocken rauspurzeln, einen Nippelalarm gibt es nicht zu vermelden. Ausgerechnet im modernen London der wilden Siebziger hält sich das Studio Hammer Films mit der Zurschaustellung weiblicher Reize zurück, was wirklich schade ist. Trotzdem versprüht auch dieser Beitrag die handelsübliche Vampirerotik, die man damals, als Vampire weder glitzerten, noch reißende Bestien waren, immer erwarten konnte. Man wurde nicht enttäuscht.
So richtig in die Hufe kommt Dracula jagt Mini-Mädchen zwar über weite Strecken zunächst nicht und Regisseur Alan Gibsons Vorstellung von Jugendlichen in den frühen Siebzigern ist auch ziemlich altbacken. Trotzdem erzeugt auch dieser Ausflug ins Vampirgenre aus dem Hause Hammer beim Fan ein breites Grinsen im Gesicht. Wer nicht in diesen Kreis gehört, dürfte sich hingegen langweilen.
Erneut bietet und Studio Hamburg Enterprises eine abgespeckte Version der Anolis Entertainment Veröffentlichung, die einmal mehr, bereits Vergriffen ist. Erneut haben es der Audiokommentar von Uwe Sommerlad und Dr. Rolf Giesen, sowie der Trailer, die Bildergalerie und Werberatschläge auf diese Scheibe geschafft. Bild und Ton sind wieder einmal sehr gut. Kleines Manko ist allerdings, dass der Film, trotz 1080p Auflösung lediglich im PAL-Speedup vorliegt. Hier hat Anolis dann doch erheblich die Nase vorn.
Trotzdem, zu dem Preis bekommt die Scheibe eine klare Kaufempfehlung.
Trailer: