Keine Franchise hat den Horrorfilm der 2000er derart geprägt wie die SAW-Reihe. Über sieben Filme scharrte die perfide Splatter-Parade ein beachtliches Fandom um sich und machte den „Torture-Porn“ salonfähig. Nach mehrjähriger Pause, entschloss man sich mit JIGSAW (2017) doch noch ein paar US-Dollar aus der totgelaufenen Serie herauszuquetschen, was aber nicht so recht funktionieren wollte. Passend zum Hurenween-Monat habe ich mich dann doch noch aufgerafft, dieses Sequel nachzuholen.

Originaltitel: Jigsaw

Drehbuch: Josh Stolberg, Pete Goldfinger
Regie: Michael Spierig, Peter Spierig

Darsteller: Callum Keith Rennie, Matt Passmore, Hannah Emily Anderson, Clé Bennett, Laura Vandervoort, Tobin Bell…

Artikel von Christopher Feldmann

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als SAW im Jahr 2004 veröffentlicht wurde. Über das Regie-Debüt von James Wan wurde eifrig diskutiert und gerade das Promo-Bild mit der Bärenfalle sorgte bei uns 13-jährigen für reges Interesse. Man war sich sicher, dass das ziemlich krasser Scheiß sein muss. Meine Erwartungen hat der fiese Thriller auch erfüllt, als ich ihn gut drei Jahre später das erste Mal gesehen habe. So manche Gore-Bauern scheinen nämlich vergessen zu haben, dass der Auftakt der Serie noch recht sparsam mit krassen Splatter-Effekten umging und mehr auf psychologischen Horror setzte. SAW ist ein Thriller, ein ziemlich düsterer sogar, der nicht unweigerlich vom Look & Feel an David Finchers SIEBEN (1995) erinnerte. Hätten die Macher gewusst, dass daraus eine äußerst beliebte Marke werden würde, hätten sie wahrscheinlich die Story anders aufgezogen, da die Geschichte über den unheilbar an Krebs erkrankten John Kramer, der seinen Opfern mit perfiden Fallen den Wert des Lebens vermitteln will, ein definitives Haltbarkeitsdatum hatte. So sah man sich gezwungen, nach dem Tod der Figur in SAW 3 (2006), sich immer wieder neue Twists Flashbacks einfallen zu lassen, um die Handlung fortzuführen, Kramer/Jigsaw aber als Gesicht der Serie beizubehalten. Dieser Umstand, der immer weiterrückende Fokus auf exzessive Gore-Szenen und die irgendwann eingetretene Übersättigung der Zuschauer, sorgten mit SAW 3D – Vollendung (2010) für das vorläufige Ende der brutalen Escape Room-Szenarien. Aber wie das bei Horrorfilmen so ist, der als letzter Teil vermarktete Film, ist bekanntlich nie der Letzte. So bekamen wir nach sieben Jahren Pause JIGSAW (2017) aufs Auge gedrückt, da wohl irgendjemand noch Potential erkannt zu haben schien. Immerhin setzten die Regisseure Peter und Michael Spierig bei ihrem Sequel wieder etwas mehr auf die Thriller-Elemente des Originals, so richtig zünden will der laue Aufguss aber trotzdem nicht.

Handlung:
Als die Polizei den Kriminellen Edgar Munsen (Josiah Black) auf dem Dach einer Lagerhalle stellt, startet dieser mittels Fernbedienung ein „Spiel“, bevor er angeschossen und schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wird. Parallel dazu erwachen fünf Personen in einer düsteren Scheune, jeder mit einer Schlinge um den Hals, die zu einer Wand mit Kreissägen führt. Eine unbekannte Stimme erklärt, dass sie Blut opfern und ihre Sünden bekennen müssen, um der Todesfalle zu entkommen. Nur vier schaffen es, die Kreissägen leicht verletzt zu überwinden, doch das war erst der Anfang. Die Gefangenen finden sich einem ganzen Parcours aus tödlichen Fallen wieder. Währenddessen wird der fünfte Gefangene tot und verstümmelt aufgefunden und Detective Halloran (Callum Keith Rennie) erkennt sofort das Muster von John Kramer, dem Jigsaw-Killer (Tobin Bell). Doch der ist seit zehn Jahren tot!

JIGSAW ist wahrlich ein Film, den niemand gebraucht hat. Obwohl der, als letzter Teil intendierte, siebte Film am Ende doch mehr Fragen aufwirft, als er eigentlich beantwortet, war, trotz des ordentlichen Einspielergebnisses, erstmal Schicht im Schacht. Die soliden Zahlen ließen das produzierende Studio Lionsgate jedoch weiter über eine Fortführung nachdenken, weshalb JIGSAW eigentlich auch als eine Art Soft-Reboot angekündigt wurde. Die Anzeichen standen dabei gar nicht mal so schlecht, da sich die Drehbuchautoren Josh Stolberg und Peter Goldfinger anschickten, der Geschichte wieder etwas mehr Spannung zu verleihen. Anstatt der üblichen Folter-Parade, nutzt Teil 8 wieder den WhoDunIt-Faktor, um den Zuschauer zum miträtseln anzustacheln. Was hat es mit den gefangenen Personen auf sich und wer steckt nun hinter dem perfiden Spiel?

Fragen über Fragen, die das Drehbuch leider nur unzulänglich abhandelt. Wie schon beim Original, laufen Handlungen parallel ab. Auf der einen Seite sieht man die Gefangenen, die sich einer Prüfung nach der Anderen unterziehen müssen, auf der anderen Seite die ermittelnden Polizisten, die sich in einem Wettlauf mit der Zeit befinden. Ersteres geschieht relativ überraschungsfrei nach Schema F. Wieder waren die Autoren angehalten, sich möglichst kreative Todesfallen auszudenken, mit dem man Personen eindrucksvoll und blutig um die Ecke bringen kann. Hier steht man vor dem eklatanten Problem, dass man in bereits sieben Filmen ziemlich viel gesehen hat. Somit liegt die Messlatte an Neuerungen und Überraschungen erstaunlich hoch. Zwar gibt es den ein oder anderen netten Moment, jedoch hat man stets das Gefühl, alles schon mal zu gesehen zu haben. Besonders schwierig wird es dann noch, wenn die hier losgelassenen Prüflinge dem Zuschauer völlig egal sind. Sie sind nicht sympathisch genug, damit man mit ihnen fiebert aber auch nicht mal hassenswert genug, damit man ihnen den Tod wünscht. Sie sind schlicht uninteressant.

Bei unseren Ermittlern sieht die Sache ebenfalls halbgar aus. Während Detective Halloran durchweg unsympathisch erscheint und schon mal keinen Zuschauer an sich binden kann, gerät auch das Mystery-Element zum schwachen Versuch, den Plot irgendwie relevant zu gestalten. Die Antwort, wer den legendären Killer beerbt hat, wird zwar erst zum Ende hin geliefert, ist aber schon nach 15 Minuten ersichtlich. JIGSAW war für mich in keinster Weise überraschend. Zudem versuchen sie sich wieder an aufgesetzten Wendungen und Flashbacks, um zum einen Tobin Bell wieder in den Film zu integrieren, zum anderen um Erklärungen zu liefern, warum weshalb und wieso das passiert ist, was wir gesehen haben. Hier tritt der Film in dieselben Spuren, wie schon die Vorgänger. Unnötig verkomplizierte Erzählweisen und Enthüllungen, die an der Logik beträchtlich zweifeln lassen. Da auch die Darsteller größtenteils austauschbar agieren, kann JIGSAW rein narrativ überhaupt nicht punkten.

Immerhin liefern die Spierig-Brüder hier handwerklich solide Arbeit ab. Der dreckige Look, ist der Reihe zwar irgendwann abhanden gekommen und auch in Teil 8 regiert mehr die Hochglanzoptik, in Sachen Effekte, kann sich der bis dato neuste Aufguss allerdings durchaus sehen lassen. In Sachen Splatter und Gekröse schalten die Macher hier einen Gang zurück, großspuriges Gematsche und das aberwitzige Zelebrieren von körperlicher Gewalt wird hier recht dosiert eingesetzt. Das soll nicht heißen, dass der Film für Zartbesaitete ist, denn die Freigabe ab 18 ist durchaus gerechtfertig. Es gibt einige blutige und recht explizite Momente, nur sind diese meist kurz und hart und nicht so omnipräsent. So entstehen ein paar durchaus brauchbare Szenen, die hin und wieder optisch überraschen und mit guten, meist handgemachten, Effekten aufwarten können.

Auch wenn man hoffte, mit JIGSAW der Reihe wieder neues Leben einzuhauchen und weitere Sequels zu rechtfertigen, ging der achte Einsatz des Puzzle-Killers an den Kinokassen etwas unter. Auch wenn er immer noch genug Geld einspielte, um als Erfolg gewertet zu werden, waren sowohl Publikum als auch Kritiker wenig begeistert. Trotzdem wurde bereits ein neunter Teil abgedreht, der auf einer Idee des US-Komikers und Schauspielers Chris Rock basiert, der den Film mitproduzieren und eine Rolle übernehmen wird. Auch Samuel L. Jackson wird in SAW 9 (2020) zu sehen sein. Ein Umstand, der trotz meiner Gleichgültigkeit gegenüber der Reihe für Interesse sorgt.

Fazit:
JIGSAW (2017) sollte der nimmermüden Splatter-Reihe neue Impulse verleihen, doch der Folter-Thriller krankt an seiner eher laschen Story, die weder interessant, noch spannend genug ist, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Auch die aufgewärmten Twists sorgen höchstens für Stirnrunzeln, da die ohnehin verkomplizierte Story der Vorgänger nochmals um wenig glaubhafte Elemente erweitert wurde. Blasse Darsteller tun ihr übriges und machen den Film, trotz solidem Handwerk und guten Effekten, zu einem eher öden Vergnügen, welches man auch auslassen kann. Hardcore-Fans und „Torture Porn“-Jünger müssten mit dem achten Teil allerdings ordentlich bedient werden. Immerhin habe ich aber jetzt wieder mal Bock auf das Original!

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