Habt Ihr schon Pläne für Silvester? Wenn nicht, dann hätte CAPELIGHT PICTURES hier eine Idee für Euch. Warum nicht einmal den Start ins neue Jahr auf dem Gipfel eines Berges in einem Skigebiet verbringen? Vielleicht, weil die Gondel in extremer Höhe steckenbleiben-, ein Psychopath mit an Bord sein- und das Seil eines russischen Skilifts nicht den internationalen Standards entspricht könnte? Wir haben uns den eiskalten Thriller aus dem Osten einmal angeschaut und schildern Euch, ob der Film um die Katastrophe ein Nägelkauer oder ob die Katastrophe eher filmischer Natur ist.

Originaltitel: Otryv / Break

Regie: Tigran Sahakyan

Darsteller: Irina Antonenko, Anastasiya Grachyova, Vladimir Gusev, Denis Kosyakov, Andrey Nazimov

Artikel von Christian Jürs

Es soll die beste Party des Jahres werden für fünf junge Leute. Silvester mitten im Skigebiet. Als sich die Gruppe entscheidet, mit einer Gondel auf die Spitze des Berges zu fahren, beginnen jedoch die Probleme. Zunächst weigert sich der alte Angestellte (Vladimir Gusev) des Gondelbetreibers, den jungen Leuten die Fahrt zu ermöglichen, da bereits Feierabend sei. Ein paar Scheinchen jedoch genügen ihm, um seine Meinung grundlegend zu ändern.

Doch dann entscheidet Kirill (Andrey Nazimov), einer der jungen Leute, dass er auf gar keinen Fall in die Gondel steigen kann, da sein Rucksack nirgendwo auffindbar sei. Zwar versuchen seine Freunde, ihn in dieser Sache zu beschwichtigen, jedoch ohne Erfolg. Kirill bittet seine Freundin Katya (Irina Antonenko) unmissverständlich, mit ihm am Boden zu bleiben, doch die lehnt diese Option kathegorisch ab. Und so startet sie, zusammen mit ihren Freunden, die Fahrt auf den Berggipfel, während Kirill enttäuscht zurück bleibt. Hätte sie geahnt, warum der junge Mann sich so gesträubt hat (wird hier nicht verraten) und dass es außerdem zu einem schrecklichen Unfall kommen würde, der dazu führt, dass die Gondel auf halber Stecke stecken bleibt, wäre sie ihrem Freund mit Sicherheit gefolgt. Eine Zeit des Grauens beginnt für die Eingesperrten und mit zunehmender Dauer keimt die Panik in der anfangs so fröhlichen Reisegruppe.

Die Story von den jungen Leuten, die in eisiger Höhe in einer Gondel feststecken kommt Euch bekannt vor? Richtig, Hatchet – Regisseur Adam Green bescherte uns 2010 den Thriller Frozen (garantiert Eisköniginnen-frei). In diesem saß ebenfalls eine Gruppe junger Leute in einem Skilift fest, ohne Aussicht auf Rettung.

Abgerissen schafft es aber, auf eigenen Beinen zu stehen und gibt zudem ein ordentliches Tempo vor. Nach nur wenigen FIlmminuten bleibt die Gondel bereits in über hunder Meter Höhe stecken und der Psychoterror kann beginnen. Nun ja, fast. Denn erstmal werden die Sorgen beiseite gedrückt und es wird, trotz der misslichen Lage, ordentlich der Jahreswechsel gefeiert. Als Untermalung der Sauf- und Tanzorgie hören wir einen ziemlich furchtbaren West-Popsong, bei dem einem die Ohren zu bluten beginnen. Am nächsten Morgen aber, als keine Änderung ihrer Situation in Sicht ist, wird den in der Höhe baumelnden Urlaubern bewusst, dass sie mächtig in der Scheiße stecken. Sie beginnen verzweifelt, eine Fluchtmöglichkeit aus der ausweglosen Situation zu suchen. Dabei kochen die Gemüter allmählich über und es wird klar, dass nicht jeder von ihnen dieses Abenteuer lebend überstehen wird.

Neben dem, wie bereits erwähnt, hohem Erzähltempo (der Film hat eine Laufzeit von straffen 85 Minuten), kann Abgerissen mit ordentlichen (aber nicht sensationellen) Spezialeffekten punkten. Auch die Schauspieler, insbesondere Irina Antonenko (Darkest Hour) beweist, dass sie mehr kann, als einfach nur schön sein. Mit ihrer Katya kann sich der Zuschauer am ehesten identifizieren und mitfiebern, was auch so gewollt ist.

Leider gilt dies nicht für die anderen Figuren, die dem Reißbrett entsprungen sind. Da haben wir den vernünftigen Anführer, seine etwas zickige Freundin und den aufdringlichen Dicken, der schnell die Nerven verliert. Sie alle sind nur Abziehbilder aus dem Drehbuch Einmaleins für Anfänger. Wer schon mehr als einen Film dieser Art gesehen hat, kann schnell vorraussagen wer stirbt und oft sogar wann. Hier muss man kein Filmexperte sein. Auch der am Boden gebliebene Kirill ist nur bedingt nachvollziehbar in seinen Entscheidungen. Zwar versteht man, warum er genervt am Boden blieb, doch suhlt sich seine Figur von da an fast die gesamte Laufzeit über in Eifersuchtsszenen, meist unterlegt mit schmalzigem Rock-Pop. Erst kurz vor Filmende dämmert ihm, dass seinen fast zwei Tage verschollenen Freunden etwas schreckliches zugestoßen sein könnte. Ein wenig spät.

Das Personal des Gondelbetriebs ist keinen Deut besser. Nicht nur, dass der alte Angestellte den Unfall aufgrund eigener Dusseligkeit verschuldet, die ihn auch noch das Leben kostet. Nein, die Damen der nächsten Schicht kommen auch nie auf die Idee, dass sich noch irgendwer in einer der feststeckenden Gondeln befinden könnte. Natürlich gibt es auch keinen Handyempfang in luftiger Höhe und im entscheidenden Moment, wenn man einen Weg gefunden hat, um Hilfe zu holen, bricht unterhalb der Gondel die Eisdecke gute hundert Meter tief zusammen. Eine Folge des Klimawandels oder ein dreister Drehbuchkniff? Apropos Drehbuchkniff, immer, wenn mal wieder über einen längeren Zeitraum nichts dramatisches geschieht, hat Katya einen Albtraum, der natürlich lediglich dazu dient, dass Publikum mit Jump Scares bei Laune zu halten.

Das Bild der mir vorliegenden Blu-ray ist gut, jedoch gibt es deutlich schärfere HD-Filme. Der Ton (Deutsch & Russisch in DD 5.1) ist glasklar und die deutsche Synchronfassung ist, wie von Capelight Pictures gewohnt, hochwertig. Im Bonusbereich gibt es lediglich Trailer zu bestaunen.

Wer über diverse inhaltliche Klischees hinwegsehen kann, bekommt einen temporeichen, durchaus spannenden Film geboten, bei dem man die Kälte, die die Protagonisten erleiden müssen, förmlich spüren kann.

Trailer:

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