Kommt im Horrorgenre eine Neuankündigung mit dem Zusatz „Reboot“, ist das Geschrei bei den Oldschool Fans groß. Sicherlich, einige dieser Updates sind Gurken, doch hier und da erblicken auch echte Perlen das Licht der Filmwelt. Im Falle von CHILD´S PLAY wurde das Geschrei vorab sogar noch größer, als die ersten Bilder vom neuen Chucky auftauchten. Nicht gruselig genug erschien die neue Puppe. Die Stimmbesetzung mit Mark Hamill hingegen machte auch dem größten Skeptiker wieder Mut. Nach einem eher erfolglosen Kinoeinsatz in Deutschland, bringt uns CAPELIGHT PICTURES die neue Variante der Mörderpuppe nun ins Heimkino. Wir haben den Film gesehen und können Euch guten Gewissens eine Sichtung empfehlen. Wo die Stärken und wo die Schwächen der Neuverfilmung liegen, erfahrt Ihr im Artikel.
Regie: Lars Klevberg
Darsteller: Gabriel Bateman, Aubrey Plaza, Brian Tyree Henry, Tim Matheson und die Stimme von Mark Hamill
Artikel von Christian Jürs
Die Buddy-Puppe ist der neue „heiße Scheiß“ auf dem Spielzeugmarkt. Groß und Klein amüsieren sich prächtig über den kleinen Mann, der einen lernfähigen Prozessor in sich trägt, welcher sich mit Alexa, Siri und Co. verbinden kann, um damit die heimischen Geräte zu Unterhaltungszwecken der gesamten Familie zu nutzen. Entwickelt wurde die Hightech-Puppe vom Kaslan Konzern, dessen Boss, Henry Kaslan (Tim Matheson) höchstpersönlich als Werbeträger in den TV- und Internetspots auftritt, um die Kunden von der Unverzichtbarkeit des kleinen, neuen Freundes zu überzeugen. Ein Multimillionendollarprojekt mit kalkuliertem Erfolg. Die Buddy-Puppe ist der neue Verkaufsschlager und „Buddy 2“ steht schon, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft, in den Startlöchern.
Auch in einem Warenhaus in Chicago klingeln die Kassen dank des Kaslan Konzerns. Dort arbeitet Karen Barcley (Aubrey Plaza) als Verkäuferin. Die alleinerziehende Mutter des 13 jährigen Andy (Gabriel Bateman) ist mit ihrem Sohn erst kürzlich in die Großstadt gezogen und möchte ihm, da er nur schwer Anschluss bei anderen Kids findet, mit einer Buddy Puppe eine Freude bereiten. Doch das Geld ist knapp und so erpresst sie ihren Kollegen Wes (Amro Majzoub) mit dem Wissen seiner außerehelichen Aktivitäten, damit er ihr eine reklamierte Puppe, die ansonsten im Müll gelandet wäre, überlässt.
Daheim hält sich Andys Freude über das Kinderspielzeug zunächst in Grenzen, zumal die Defekte schlimmer zu sein scheinen, als angenommen. Die Buddy Puppe hakt und stottert, hört nur bedingt auf seinen Bediener und verwechselt Schulbücher mit Klorollen. Auch bei der Namenswahl setzt sie sich durch: Chucky
Hätte Karen geahnt, was wirklich zur Reklamation der Buddy-Puppe geführt hatte, wäre ihr das Spielzeug mit dem Computerchip sicher nicht ins Haus gekommen. Dieser wurde nämlich von einem entlassenen Programmierer in Vietnam, wo die Puppen gebaut werden, so manipuliert, dass sämtliche Sicherheitseinstellungen gelöscht wurden. Daher kann Chucky unter anderem obszöne Worte wiedergeben, was Andy allerdings lediglich als cool abtut. Die Gefahr erkennt er nicht.
Dafür gelingt es ihm durch seinen neuen Buddy, die Aufmerksamkeit der beiden Nachbarskinder Falyn (Beatrice Kitsos) und Pugg (Ty Consiglio) zu gewinnen, welche schnell Freundschaft schließen. Chucky derweil bezeichnet Andy immer als seinen besten Freund und benimmt sich reichlich creepy. Als die Hauskatze der Familie Andy verletzt, fliegt bei Chucky erstmals die Sicherung durch und er wird zur Mörderpuppe. Es soll nicht bei diesem einen Opfer bleiben…
Das von Lars Klevberg (Polaroid) inszenierte Remake des 88er Horrorklassikers, beschreitet eigene Wege, statt sein Vorbild nur zu kopieren. Dabei gibt es aber auch diverse Übereinstimmungen bei den Protagonisten. Karen Barcley war damals wie heute Verkäuferin und alleinerziehende Mutter, allerdings war Catherine Hicks Interpretation nicht halb so cool wie Aubrey Plaza. Andy, der hier als ein sich zur Wehr setzender Teenager auftritt, war im Originalfilm ein hilfloser Fünfjähriger.
Es gibt diverse wiederkehrende Ideen aus dem Original, wie den Cop, der in die Sache reingezogen wird oder die Tatsache, dass alle Welt irgendwann Andy für den Psychokiller hält. Doch eine Figur, die ist so gänzlich anders als damals, nämlich Chucky selbst.
War dieser im alten Film noch ein Serienmörder, dessen Geist in den Körper der Puppe überging und der den kleinen Andy jagte, um in dessen Körper zu gelangen, so ist es jetzt, völlig zeitgemäß, ein amoklaufender Computer, der online gehen kann. Ein weitaus glaubhafteres Horrorszenario, bedenkt man, was heutzutage alles im Haushalt über das Internet gesteuert wird. Im Gegensatz zu Charles Lee Ray, wie der Killer im Original hieß, will dieser Chucky aber gar nichts böses, sondern einfach nur der bes-tes-tes-tes-te Freund (sein Sprachmodul hat eine Macke) von Andy sein, auch wenn er dafür über Leichen gehen muss.
Aufgrund dieser Charaktereigenschaft ist es auch gar nicht schlimm, dass Chucky diesmal nicht so fies ausschaut. Im Gegenteil, der von Mark Hamill kongenial eingesprochene Psycho kommt dank dessen Leistung richtig schön creepy daher. Seine deutsche Stimme, Hans-Georg Panczak, agiert auf Augenhöhe. Die Storyänderung führt aber auch dazu dass der Witz des Originalfilms, eine süße Puppe zu haben, die plötzlich obszöne Drohungen ausspricht, ehe sie mit einem One-Liner und einem Messer bewaffnet, ihren Gegner in die ewigen Jagdgründe schickt, hier gänzlich fehlt.
Zum Ausgleich geht es hier wesentlich splattriger daher als noch anno 1988. Zur Freude des Zuschauers sind Chuckys erste Opfer dann auch richtige Unsympathen, die man gerne leiden sieht. Was damals unmöglich gewesen wäre: FSK 16 und Uncut.
Ich kanns kaum fassen, aber Child´s Play ist wirklich eine rundum gelungene Neuauflage. Zwar kein Film, der in zwanzig Jahren als Klassiker gelten wird, aber durchaus unterhaltsames, gut gespieltes und solide inszeniertes Genrekino, wie man es heute leider nur noch selten zu Gesicht bekommt.
Bild (2,39:1) und Ton (Deutsch und Englisch in DD 5.1 / DTS-HD 5.1) sind hervorragend. Als Bonus gibt es einen Audiokommentar vom Regisseur, ein Making-Of, diverse Featurettes und den Trailer. Das Mediabook enthält die DVD und Blu-ray Variante.
Child´s Play 2019 ist nicht besser als das Original …aber auch nicht schlechter. Im Heimkinomarkt kann der Film jetzt endlich auch hierzulande mehr Aufmerksamkeit bekommen.
Tipp: Unbedingt den Abspann schauen. Dort singt Mark Hamill den Buddy-Song. Mit zunehmender Laufzeit immer ein wenig mehr creepy. Lustig.
Und hier der Buddy Song in der Karaoke Version: