Der Kinder sind erwachsen, der Job ist langweilig, der Alltag ist einsam. Die Freizeit füllt die attraktive Gloria mit Yoga Stunden bei ihrer Tochter, geht sogar zu Lach-Kursen und Abends in die Clubs von Los Angeles, wo stets das Best-Of der Danceklassiker der 70er und 80er läuft. Hier trifft Gloria auf John Turturro, Besitzer einer Paintball-Anlage und ebenso einsam. Filme über das Rudern der normal-sterblichen Personen des Alltags, gefangen in den Höhen und Tiefen ihrer Sehnsüchte und der Suche nach Erfüllung, stehen und fallen mit der Authentizität seiner Besetzung. Julianne Moore und John Turturro sind dafür keine schlechte Wahl und Sebastián Lelio inszenierte daraus das Remake seines eigenen Originals von 2013 für den US-Markt. Ob das Remake, frisch bei SQUARE ONE ENTERTAINMENT erschienen, an das Original heran reicht, darf nun geprüft werden.

Originaltitel: Gloria Bell

Regie: Sebastián Lelio

Darsteller: Julianne Moore, John Turturro, Caren Pistorius, Michael Cera

Artikel von Kai Kinnert

Eigentlich ist Gloria (Julianne Moore) ganz zufrieden mit ihrem Leben: Sie ist Mutter zweier erwachsener Kinder, temperamentvoll, geschieden und nur hin und wieder etwas einsam. Ihre Tage verbringt sie mit einem langweiligen Bürojob, ihre Nächte frei und ungezwungen auf der Tanzfläche von Single-Partys in den Clubs von Los Angeles. In einer dieser Nächte trifft sie Arnold (John Turturro) – genau wie Gloria geschieden und Single. Was wie eine abenteuerliche Bilderbuch-Romanze voller Erotik und Schmetterlingen im Bauch beginnt, muss sich schon bald wichtigen Themen des Lebens wie Familie, Beziehungsfähigkeit und Verbindlichkeit stellen. Ist Gloria bereit für eine neue Liebe, trotz des emotionalen „Gepäcks“, das ein neuer Partner mit in die Beziehung bringt? Oder hält das Leben vielleicht doch noch weitere Überraschungen für sie parat?

Das Handy. Ein kleines Detail im Film ist das Handy, dass alle um Gloria herum immer wieder beschäftigt. Oh eine Nachricht, einen Moment bitte. Alles dreht sich um sich selbst und Gloria versucht verzweifelt so nicht zu sein – sie möchte Interaktion mit ihrem Leben, mit ihrem Gegenüber. Doch Gloria lässt sich nicht unterkriegen, sie ist eine Frau, die immer wieder enttäuscht wird und am Ende trotz ihrer eigentlichen Traurigkeit die Hoffnung auf neues Glück nicht verliert.

Ihre Kinder brauchen sie nicht mehr und alles scheint fern. Ein paar Bekanntschaften für den Abend im Club, nichts großes, ein paar Drinks, ein Tanz, ein Flirt. Zuhause wartet eine Katze auf sie, die ihr nicht gehört, aber immer wieder in ihrer Wohnung sitzt und am Ende ihr Heim finden wird. Im Club trifft sie auf Arnold und es wird ein Auf und Ab in der Beziehung für beide werden, denn beide sehnen sich nach Beachtung und werden sie jedoch selten finden. Jeder schleppt eben das Potential für die Enttäuschung des Partners mit sich herum.

Julianne Moore macht es gut. Sie singt im Auto zu Songs, sie tanz gerne, sie zupft sich vor dem Spiegel mit einer Pinzette ein garstiges Haar vom Kinn und lebt ihren urbanen Alltag als Frau in den 50ern. Ihre Attraktivität ist fein gerahmt vom Alltag ihres Lebens, sie ist hübsch, aber nicht zu hübsch, stark, aber nicht zu stark. Auch John Turturro ist gut. Ein Mann, der ständig von seiner Ex-Frau und seinen Kindern angerufen wird und so nie ganz zu Gloria finden kann. Gemeinsam einsam, da die Vergangenheit stets die Gegenwart belastet. Das Konstrukt einer Beziehung strauchelt stets und Gloria wird in Las Vegas eine Entscheidung treffen. Doch wie soll es weitergehen?

Die Chemie zwischen den Schauspielern funktioniert annehmbar. Als Traumpaar kann man John Turturro und Julianne Moore im klassischen Sinne Hollywoods nicht bezeichnen, jedoch ist ihre Beziehung glaubwürdig genug, um als Zuschauer auf Glorias Seite zu sein. Die Figur Glorias entwickelt sich im Laufe der Story und findet seinen Höhepunkt darin, wie Gloria im letzten Drittel des Films sich wieder aufrafft, mit Arnold abrechnet und im Tanz zum gleichnamigen Song „Gloria“ so langsam wieder neuen Mut schöpft. Julianne Moore, bis dahin in der gehobenen, charmanten Routine einer Meryl Streep, gibt der Figur Glorias in den entscheidenden Minuten Persönlichkeit und Empathie. Es gibt gut gespielte Momente der Zerbrechlichkeit und Isolation in dem Film, kleine Momente, jedoch schön inszeniert. Gloria ist in der Figurenzeichnung deutlich komplexer als Arnold, der eigentlich nur ein älterer, unsicherer Typ ist, der keinen Schlussstrich ziehen kann und sich letztendlich drückt. Moore spielt ohne große Gesten und bleibt ganz bei der Figur. Der Charme ergibt sich durch die Natürlichkeit im Spiel, etwas, was Moore gut drauf hat und so lässt sie am Ende Gloria endlich und wahrhaftig im Tanz zu dem Song mit dem gleichnamigen Titel aufblühen. So wie die guten Momente vergehen, so vergehen auch die schlechten. Ihr Wechselbad der Gefühle am Schluss ist schön eingefangen worden – gut getanzt Frau Moore.

GLORIA: DAS LEBEN WARTET NICHT lebt ganz von Julianne Moore und sie kann den Film mit genügend Charme und Feinfühligkeit füllen. Es gibt ein paar schöne Szenen für sie und insgesamt bleibt der Film in einem Guss. Gegenüber dem Original fehlt ein wenig das frische Element, kann jedoch als Remake gut mithalten. Das war jetzt gar nicht schlecht. Wer noch einen Film für den verregneten 2. Weihnachtstag sucht, kann hier einen Blick wagen.

Als Extras gibt es ein Interview mit Julianne Moore und Sebastián Leilo, eine Featurette und Kinotrailer. Das Bild der BD ist satt und gut, der Ton auch.

Trailer:

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