„Diesen Film wollt Ihr auf keinen Fall mit Euren Eltern sehen!“ tönt es großspurig im Trailer zu GET LUCKY. Eine Herausforderung, der ich mich gerne gestellt hätte. Doch meine Kids sind noch nicht in dem Alter, in dem sie Teenie-Sexkomödien gucken dürfen oder gar wollen („Ihhhh…die knutschen ja!“) Da ich trotzdem wissen wollte, wie unglaublich versaut diese deutsche Aufklärungskomödie denn nun wirklich ist, habe ich mich mit meiner Frau gemeinsam den Sexfantasien pickeliger Teenager, inklusive Palina Rojinski im MILF-Modus, gestellt. Ob wir uns vor Schamesröte hinter der Couch verstecken mussten oder vielleicht gar etwas Neues bei dieser Veröffentlichung von DCM dazu gelernt haben, erfahrt Ihr im Artikel.

Regie: Ziska Riemann

Darsteller: Bjarne Meisel, Palina Rojinski, Emma-Katharina Suthe, Lilly Terzic, Benno Führmann

Artikel von Christian Jürs

Julia (Emma-Katharina Suthe), eine 16 jährige Teenagerin, soll die Sommerferien zusammen mit ihrer 12 jährigen Schwester Emma (Lilly Terzic) bei Tante Ellen (Palina Rojinski) verbringen, da der Papa (Gaststar Benno Führmann) beruflich eingebunden ist und daher keine Zeit für die Kids hat. Im Gepäck haben die Teenagerinnen vier hormongesteuerte Kids aus Julias Freundeskreis. Also lernen wir Mehmet (Jascha Baum) und Hannah (Luissa Cara Hansen) kennen, die zwar bereits ein Paar sind, doch im Bett läuft es nicht wirklich befriedigend bei den beiden. Mehmet kann dies gar nicht verstehen, gibt er sich doch alle Mühe, den Sex nach seinen für ihn perfekten Vorstellungen zu praktizieren. Dann wäre da noch David (Benny O-Arthur), Julias bester Freund, der sich nach einer kurzen Liason mit der Teenagerin als schwul outete, sowie Aaron (Bjarne Meisel), ein blonder Jungmann, der sich für den größten Stecher seit Steve Stifler hält und diesen Sommer unbedingt zum Schuss kommen möchte.

Bei all dem angebauten Samenstau trifft es sich natürlich prima, dass Tantchen eine praktizierende Sexologin ist, die gerne mit Rat und Tat zur Seite steht. So versucht sie, der zwischen Kindheit und Pubertät gerade orientierungslos herumirrenden Emma mit Aufklärungsgesprächen zu helfen, während die älteren Jungs fasziniert mit der im Behandlungszimmer vorhandenen Dildo-, Analplug- und Plüschmuschisammlung herumalbern. Doch bei all dem Spaß lässt sich nicht verbergen, dass die Teenies noch mit ihrer neu gewonnenen Sexualität hadern und Freundschaften daran zu zerbrechen drohen.

So kann es Julia einfach nicht verknusen, dass David sich kopfüber in seinen Surflehrer (Richard Kreutz) verguckt und bemerkt vor Eifersucht zunächst überhaupt nicht, dass der Eisverkäufer Mats (Moritz Jahn) ein Auge auf das Mädchen geworfen hat. Aaron verewigt derweil seine Handynummer zwecks sexueller Aktivitäten in der Kabine der Strandtoilette, um es einer wildfremden mal „so richtig zu besorgen“. Dass die hübsche Ineke (Rieke Seja), eindeutige Avancen macht („Cremst Du mir den Rücken ein?“), verunsichert ihn hingegen, da er für sie echte Gefühle, auch außerhalb des Schlübbers, entwickelt.

Eine Art American Pie mit dem Anspruch zur Aufklärung des Zielpublikums schwebte Regisseurin Ziska Riemann wohl vor. Eine ambitionierte Idee, die von der Filmförderung und sogar dem ZDF entsprechend mit Finanzspritzen gewürdigt wurde. Doch leider ging die Rechnung nicht wirklich auf, denn diese Teenies haben wirklich nichts, rein gar nichts anderes im Kopf als Sex und das ist meist eher anstrengend als unterhaltsam. Es gibt keinen, wirklich gar keinen Dialog, der sich nicht um die schönste Nebensache der Welt dreht. Gut, auch in meiner Jugend funktionierte das Genre schon auf diese Art und Weise, als Eis am Stiel und Porkys in den Videorecordern landeten, doch beißt sich der ganze Ficki-Ficki-Humor der ersten Hälfte mit der dadurch aufgesetzt wirkenden Ernsthaftigkeit der zweiten Filmhälfte. Die Wandlungen von Penis- und Vaginagesteuerten Teenagern zu Lebewesen mit Gefühlen bleibt zudem wenig nachvollziehbar. Bestes Beispiel ist der zunächst wirklich unerträgliche Aaron, der keine Gelegenheit auslassen kann, sich irgendwo die Palme zu wedeln und jedem auf die Nase bindet, dass er es diesen Sommer den Frauen so richtig besorgen wird. Seine Figur durchlebt im letzten Akt eine 180 Grad-Wende, denn Sex verändert alles. Hmmmm…naja.

Regisseurin Riemann, die mit ihren beiden anderen, deutlich ernsteren Werken Lollipop Monster und Electric Girl wesentlich besser bei den Kritikern wegkam, scheitert hier letztlich am Versuch, die Jugendprobleme komödiantisch darzustellen. Doch außer billiger Witze wie ein Spermafleck-Opener, Jugendliche beim Wettwichsen oder einem dicken, haarigen Kerl, der immer wieder auftaucht und mit Aaron zusammenstößt (Ha, ha, schaut mal, der ist in den Dicken geplumpst. Voll luschtig!) will ihr einfach nichts einfallen.

Die ernsten Momente sind ihr zwar besser geglückt, doch reichen diese nicht aus, um den Film auf seine Laufzeit aufzufüllen, weswegen immer wieder Filmcollagen mit Songs deutscher Liedermacher zu beispielsweise feiernden Jugendlichen, die, zusammen mit Tante Ellen Kondome aufpusten und fliegen lassen, im zehn Minuten Takt auftauchen. Ein unglaublicher Spaß.

Palina Rojinski bemüht sich redlich, die ach-so-verständnisvolle Sexualpädagogin zu mimen. Viel verlangt wird dabei allerdings nicht von ihr, außer, in Hot Pants gut auszusehen. Das bekommt sie zweifelsohne hin, wussten wir aber auch schon vorher. Die jugendlichen Darsteller agieren eher durchschnittlich. Lediglich Emma-Katharina Suthe als Julia weiß zu überzeugen, weswegen man ihr wohl auch die interessanteste Rolle verpasste. Überraschend ist dabei ihr Körpereinsatz, bei dem sie erstaunlich viel Haut zeigen darf für einen FSK 12 Film (trotzdem gabs das niedrige Siegel, da die Prüfstelle Filme im Gesamtkontext bewertet). Das Finale mit Julia, die an der Steilküste abzustürzen droht, ist zwar gut gefilmt, jedoch mit einer derart unpassenden Musik unterlegt, dass jegliche Spannung im Nu verpufft. Schade.

Was haben wir also dazugelernt? Nicht viel, außer, dass für Teenies heutzutage alles „nice“ ist. Ach ja, mit unseren Kids möchten wir den Film tatsächlich nicht schauen. Nicht, weil uns das alles zu versaut war, sondern, weil es sicherlich bessere Alternativen gibt. Immerhin glänzt Benno Fürmann bei seinem Auftritt als Vater, den man sich gänzlich anders vorgestellt hat. Als er mitbekommt, dass ein Eismann seiner Tochter einen „ich will mit Dir schlafen“-Antrag macht, holt er sich erstmal ein Bier. Prost!

Trailer:

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