Auch wenn Nicolas Cage sein Dasein mittlerweile meist in günstig produzierten Direct-to-Video-Produktionen fristet, schafft es der, für sein Overacting, bekannte Mime immer mal wieder ein Engagement in aufsehenerregenden Projekten zu ergattern. Nach seinem psychedelischen Rache-Trip in MANDY (2018) erscheint nun DIE FARBE AUS DEM ALL (2019), der auch wesentlich ambitionierter daherkommt als die meisten Cage-Vehikel der letzten Jahre, was auch daran liegen mag, dass sich hier Regisseur Richard Stanley einer Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft annahm. Ob der Science-Fiction-Horrorfilm, den Koch Films demnächst prominent im Heimkino veröffentlicht, eine Sichtung wert ist, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Color Out of Space

Drehbuch. Scarlett Amaris, Richard Stanley; basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft
Regie: Richard Stanley

Darsteller: Nicolas Cage, Joely Richardson, Madeleine Arthur, Elliot Knight, Julian Hilliard, Brendan Meyer, Tommy Chong…

Artikel von Christopher Feldmann

H.P. Lovecraft ist wahrscheinlich, neben Stephen King, der bedeutendste Autor phantastischer Horrorliteratur des 20. Jahrhunderts. Mit zahlreichen Erzählungen und Gedichten, die Zeit seines Lebens meist in Pulp-Magazinen und Weird Tales veröffentlicht wurden, avancierte der 1937 gestorbene Visionär posthum zum Poster-Boy der Horrorszene. Lovecrafts alptraumhafte Stoffe, die sich regelmäßig mit dem Übernatürlichen auseinandersetzen, gehören schon lange zu Standardwerken in der Genre-Literatur, die auch schon ihren Weg auf die Leinwand fanden. So sind auch Horrorfilme wie RE-ANIMATOR (1985) und FROM BEYOND (1986) stark von Lovecraft beeinflusst. Nun hat sich Richard Stanley, der seit gut zwei Jahrzehnten keinen Film mehr gedreht hat, einer Kurzgeschichte des berühmten Autors angenommen, um sie kinotauglich umzusetzen. DIE FARBE AUS DEM ALL (2019) ist im klassischsten Sinne Science-Fiction-Horror, der trotz interessanter Ideen und Momente nie über den Standard herauskommt und sich mit der Besetzung von Nicolas Cage nicht unbedingt den größten Gefallen getan hat.

Handlung:
Auf einem abgelegenen Bauernhof in New England lebt Familie Gardner, die damit der Hektik des 21. Jahrhunderts entsagen wollen. Während Mutter Theresa (Joely Richardson) ihre Arbeit per Home-Office erledigt, hat Vater Nathan (Nicolas Cage) eine Alpakazucht gestartet und baut Pfirsiche und Tomaten an. Größere Probleme haben damit die heranwachsenden Teenager Benny (Brendan Meyer) und Lavinia (Madeleine Arthur), die von der ländlichen Einöde zunehmende gelangweilt sind. Als eines Nachts ein Meteorit in den Vorgarten kracht, verändert sich das Leben der Familie schlagartig, denn der Fels aus einer anderen Welt scheint mit seiner ungewöhnlichen Farbgebung nicht nur Einfluss auf seine Umwelt zu nehmen, sondern auch Raum, Zeit und Menschen nachhaltig zu verändern, und das nicht unbedingt zum positiven!

Richard Stanley hat in seiner Karriere nicht besonders viele Projekte realisiert. Der südafrikanische Regisseur und Autor hat in eingefleischten Kreisen mit HARDWARE (1990) und DUST DEVIL (1992) nachhaltig Eindruck hinterlassen, zu einer Zeit in der das Horrorkino eigentlich schon tot war. Sein ganz großes Meisterwerk hätte THE ISLAND OF DR. MOREAU (1996) werden sollen, wenn Stanley nicht an den chaotischen Produktionsumständen und an den Egos von Marlon Brando und Val Kilmer gescheitert wäre, was letztendlich dazu führte, dass er durch John Frankenheimer ersetzt wurde. Nach mehreren Dokumentationen hat Stanley nun nach nach 28 Jahren einen neuen Spielfilm abgeliefert, der von der Thematik her genau zu den Vorlieben des Filmemachers passt.

Die Geschichte um den mysteriösen Meteoriten wird relativ geradlinig erzählt und der Zuschauer verbringt erst einmal Zeit damit, die Familie Gardner kennen zulernen. Der Film geht die Sache recht langsam an, denn bevor uns die ersten Horrorszenen präsentiert werden, werden wir Zeuge von größtenteils Geplänkel. Da schwadroniert Nic Cage über die Vorteile des Landlebens und seine Alpakas, während Joely Richardson meist genervt in der Ecke steht. Auch mit den Kids weiß DIE FARBE AUS DEM ALL irgendwie nicht viel anzufangen. Lavinias okkulten Ritualen wird ebenso wenig Bedeutung beigemessen wie Bennys Cannabis-Konsum. So brauch der Film viel zu lange, um in die Gänge zu kommen und den Horror ausbrechen zu lassen. Farblose Figuren, die weder interessant, noch irgendwie sonderlich memorabel sind, verhindern einen guten Einstieg. Im Endeffekt ist DIE FARBE AUS DEM ALL 20-30 Minuten zu lang.

Wenn Stanley dann endlich mal Gas gibt, können sich Horrorfans zumindest auf ein paar schöne Schmankerl freuen, denn der Regisseur beherrscht immer noch gutes Handwerk, was dem Film zu jeder Zeit anzumerken ist. Spannungsszenen funktionieren, Bildkomposition und Sound-Design sorgen für atmosphärisch reizvolle Momente. Auch stetige Steigerung der Geschehnisse stehen dem Film gut zu Gesicht, auch wenn man hier am Ende etwas hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Zwar hat die titelgebende Farbe, beziehungsweise Strahlung, zahlreiche Mutationen zur Folge, doch so richtig kreativ und packend sind diese nicht geraten. Hier serviert DIE FARBE AUS DEM ALL eher Standardkost, die schon John Carpenter und Stuart Gordon in den 1980ern übertroffen haben. Auch wenn es stellenweise schön schleimig und eklig wird, da wäre mehr drin gewesen. Immerhin kann man sich damit trösten, dass die Effekte größtenteils handgemacht sind. Lediglich bei den Szenen, in denen die Macht des Meteoriten im Vordergrund steht und die „Farbe“ entfesselt wird, bekommt der Zuschauer mittelprächtiges CGI serviert.

Mittelprächtig ist auch die Besetzung, die sich in ihren Performances nicht sonderlich verausgabt. Joely Richardson spielt ihre Rolle mit am Besten, während die Sprössling der Familie Gardner nicht sonderlich auffallen, weder positiv noch negativ. Der Einzige, der wieder auf die Pauke haut, ist Nicolas Cage und das ist wahrscheinlich das größte Problem des Films. Der gefallene Hollywood-Star spielt schon Beginn an so dermaßen drüber, dass seine Präsenz durchgehend weird und konträr zu den Szenen ist. Ein normaler Darsteller würde Tomaten einfach in den Müll werfen, Cage dreht noch eine Pirouette dazu. Natürlich passt der Darsteller gut ins Konzept, immerhin verfällt Nathan Gardner auch immer mehr den Verstand, doch Nic Cage hat ihn vermutlich schon vorher verloren. Mit einem anderen Mimen hätte das Ganze vermutlich besser funktioniert, wer jedoch wieder Cage-Rage vom Feinsten sehen möchte, ist bei DIE FARBE AUS DEM ALL genau richtig.

Auf diversen Festivals wurde DIE FARBE AUS DEM ALL schon mit Applaus belohnt und auch bei Kritikern kommt der Horrorfilm vergleichsweise gut weg, was zumindest Nicolas Cage freuen dürfte. Auf Grund der guten Presse beschenkt Koch Films jetzt auch das deutsche Publikum mit einer saftigen Heimkino-VÖ, die den Streifen in diversen Editionen bereithält.

Neben den obligatorischen Standard-Versionen im Keep-Case, können Filmfans zwischen einer Mediabook-Auflage und der Ultimate Edition wählen. Während das Mediabook den Film in 4K Ultra-HD und als Blu-Ray bereithält und noch eine Bonus-Blu-Ray im Gepäck hat, trumpft die Ultimate Edtion mit drei weiteren Bonusfilmen auf blauer Scheibe auf und bietet neben einem Original-Nachdruck des „Amazing Stories“-Magazines noch den Soundtrack auf CD und zwei Kinoplakate. Für Sammler definitiv ein Leckerbissen.

Fazit:
Auch wenn Richard Stanley mit seinem Comeback-Film DIE FARBE AUS DEM ALL (2019) kein neues Meisterwerk des Horrorkinos abgeliefert hat, wird die Lovecraft-Adaption ihre Fans finden. Ein atmosphärischer, gut inszenierter und bis auf wenige Ausnahmen handgemachter Streifen, der ein gewisses Retro-Flair versprüht und vor allem mit guten Einzelszenen punkten kann. Eine zu lange Laufzeit mit zu viel Leerlauf, etwas generische Creature-Designs und ein Nicolas Cage im Ausnahmezustand verleiden mir das Ganze etwas. Vielleicht sieht das nach einem Rewatch aber wieder anders aus.

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