Was wissen wir eigentlich von den Russen? Ja, sie haben Putin, Vodka, Gazprom und seit neustem auch Corona aber sie haben durchaus auch talentierte Regisseure, die unterhaltsame Filme drehen können. WHY DON’T YOU JUST DIE! (2018) ist dafür ein Paradebeispiel, denn die grotesk witzige und blutgetränkte Komödie ist erfrischendes Stück Kino aus einem Land, dass man in Sachen Film und Fernsehen eher nicht auf dem Zettel hat. Warum der Streifen, den Pierrot le Fou jetzt im Heimkino auswertet, ein kleiner Geheimtipp ist, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Papa, sdokhni

Drehbuch & Regie: Kirill Sokolov

Darsteller: Aleksandr Kuznetsov, Vitaliy Khaev, Evgeniya Kregzhde, Michael Gor, Elena Shevchenko, Igor Grabuzov…

Artikel von Christopher Feldmann

Es kommt hin und wieder vor, dass man in der Fachpresse über irgendwelche Neuentdeckungen liest, die für Furore unter Kritikern Festival-Besuchern sorgen. Gerade wenn diese dann noch aus Ländern stammen, die im zeitgenössischen Diskurs über Kinokultur eher wenig präsent sind, wird man schnell hellhörig. WHY DON’T YOU JUST DIE! (2018) von Regie-Debütant Kirill Sokolov wird derzeit häufig mit den Frühwerken eines Quentin Tarantino verglichen, was sich zwar durchaus anbietet aber auch in vielen Fällen nicht so ganz fair ist. Auch wenn manche Parallelen zu finden sind, kocht der russische Regisseur, Autor und Cutter Sokolov mit seiner schlagfertigen Gewalteskapade durchaus sein eigenes Süppchen, welches wirklich zu schmecken weiß.

Handlung:
Der unscheinbare Matvey (Aleksandr Kuznetsov) kneift die Arschbacken zusammen, als er vor der Tür von Andrey (Vitaliy Khaev) steht. Dass es sich hierbei aber nicht um einen schnöden Anstandsbesuch beim Vater von Matveys Freundin Olya (Evgeniya Kregzhde) handelt, wird schnell klar. Matvey ist mit einem Hammer bewaffnet, denn er soll den unliebsamen Erzeuger im Auftrag seiner Geliebten umbringen. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht, denn Andrey ist nicht nur hart gesottener Polizist, sondern auch ein zäher Typ Mann, der sich nicht so leicht überrumpeln lässt. Aus dem anfänglichen Geplänkel bei einer Tasse Tee entspinnt sich bald ein Kampf auf Leben und Tot, der so einige Überraschungen bereithält.

WHY DON’T YOU JUST DIE! beginnt schon ganz fantastisch mit einer wunderbaren Sequenz, in der sich skurrile Komik und Suspense die Klinke in die Hand geben. Während der schmächtige Matvey mit einer Mischung aus aufgesetzter Freundlichkeit und akutem Misstrauen seitens Vater und Mutter der Liebsten zu Tisch gebeten wird, wartet der Zuschauer nur darauf, dass die Situation explodiert. Schon hier macht sich der bitterböse aber auch stellenweise angenehm humoristische Ton des Films bemerkbar. Allein der Moment, in dem Matvey versucht, das Mitbringen eines Hammers zu rechtfertigen, dürfte für schönes Gelächter sorgen.

Was hier begonnen wird, entspinnt sich in den nachfolgenden 90 Minuten zu einer wahren Achterbahnfahrt, bei der uns das Drehbuch immer wieder überrascht und neue Situationen präsentiert, neue Charaktere einführt, dem Zuschauer den Teppich unter den Füßen wegzieht und das ein oder andere Mal gekonnt mit den Erwartungen jongliert. WHY DON’T YOU JUST DIE! ist eine kleine Wundertüte für Freunde blutiger Unterhaltung, die für viel Spaß sorgt, sich aber auch nicht davor scheut, das Lachen im Halse stecken zu lassen. Schnell wird einem klar, dass keine der Figuren eine weiße Weste hat, weshalb auch alles möglich erscheint. Zwar geht der Story zum Ende hin etwas die Luft aus, jedoch schafft es Sokolov das Ganze mit guten Ideen und blutigen Tatsachen abzufedern. Auch wenn man auf die ganz große Pointe vergeblich wartet, langweilig wird es tatsächlich nie.

Auch inszenatorisch enthält der pointierte Gewaltrausch einige feine Zutaten, die dem Genre-Fan gut schmecken dürften. Neben dem oft erwähnten Tarantino-Vibe, der sich für mich schon fast mehr nach Guy Ritchie anfühlt, huldigt Kirill Sokolov vor allem Italo-Western-Legende Sergio Leone. Mit knackigen Nahaufnahmen, gut gesetztem Schnitt und Morricone-Musik (wobei ich nicht weiß, ob es sich hierbei wirklich um Stücke des begnadeten italienischen Komponisten handelt) hält echtes Spaghetti-Flair Einzug in die biedere Hochhauswohnung. Auch jene Wohnung wird als Setting gut genutzt und die kammerspielartige Atmosphäre sorgt für das nötige Extra. Auch in Sachen Gewalt, hält sich Sokolov nicht zurück. Der rote Lebenssaft spritzt mit voller Kraft und eine Badezimmer-Szene tut nicht nur weh, sondern landet auch gleich auf dem Siegertreppchen für Ekel-Momente.

Die Veröffentlichung aus dem Hause Pierrot le Fou kann sich, ebenso wie der Film, sehen lassen. Neben einer klassischen Keep-Case-Variante für den schmalen Geldbeutel, kann man auch zum Mediabook greifen, welches mit einem schicken Cover, einem Plakat und einem exklusiven Booklet punktet, welches sogar ein russisches Schimpfwörterbuch beinhaltet. Die Standard-Extras bestehen derweil aus einer Kurzfilmsammlung, einem Q&A mit dem Regisseur, sowie dem Trailer.

Fazit:
Auch Russland kann Kino. WHY DON’T YOU JUST DIE! (2018) ist herrlich spaßige Genre-Unterhaltung mit guten Ideen, überraschenden Wendungen, ansprechenden Referenzen und blutigen Tatsachen. Ein echter Geheimtipp für Filmfans!

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