Pixar ist seit vielen Jahren ein zuverlässiger Lieferant für überdurchschnittlich gute Animationsfilme, doch auch ein Studio von solch einem Renommee muss auch mal Flops verkraften, denn die von vielen so geliebte Pixar-Magie hat auch bei einem Virus wie Covid-19 keine Chance. So blieb ONWARD – KEINE HALBEN SACHEN (2020) nämlich, aufgrund der kurzen Laufzeit in den Kinos, finanziell hinter den Erwartungen. Nun können sich die fehlenden Zuschauer ein genaueres Bild machen, erschien der witzige und warmherzige Familienspaß doch gerade erst im Heimkino. Ob es sich dabei wieder um ein Meisterwerk handelt, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Onward

Drehbuch: Dan Scanlon, Jason Headley, Keith Bunin
Regie: Dan Scanlon

Sprecher: Tom Holland, Chris Pratt, Julia Louis-Dreyfus, Octavia Spencer, Mel Rodriguez, Kyle Bornheimer…

Artikel von Christopher Feldmann

Wenn es auf der Welt jemand versteht, Animationsfilme originell und überraschend intelligent zu gestalten, ohne dabei die Zielgruppe aus den Augen zu verlieren, dann sind es wohl die Pixar Animation Studios. Mit einem wachen Auge für frische Ideen, hat uns das Unternehmen, welches seit 2006 unter dem Dach von Disney agiert, einige großartige Produktionen geschenkt, die in jedes gut sortierte Regal einer Familie gehören. Ich meine, wer hat nicht TOY STORY (1995), FINDET NEMO (2003) oder RATATOUILLE (2007) gesehen? In den letzten Jahren begann das Studio allerdings etwas an Qualität einzubüßen, denn auf einen Film, den man als Meisterwerk einstufen könnte, folgten meist ein bis zwei Nachzügler zu bekannten Titeln, die auf ein bewehrtes Rezept setzten und nur selten etwas wirklich Neues lieferten, auch wenn diese meist im, mindestens, gehobenen Durchschnitt anzusiedeln waren. Dazwischen kamen aber auch immer wieder großartige Werke wie TOY STORY 3 (2010) oder ALLES STEHT KOPF (2014), weswegen man hier nicht allzu kritisch sein sollte. Ein neues, bahnbrechend originelles Highlight ist ONWARD – KEINE HALBEN SACHEN (2020) zwar nicht, jedoch immer noch wirklich gutes Familienkino, das seine vorhersehbaren Story-Elemente mit guten Gags und einer warmherzigen Leichtigkeit wieder wett macht.

Handlung:
Früher war Magie ein existenzieller Bestandteil der Welt, die das Leben einfacher machte, sofern man im Stande war, sie zu benutzen. Mit der Erfindung von Glühbirnen, Autos und Handys und der daraus resultierenden Technologisierung hat sich dies geändert und die Magie ist gänzlich verschwunden, da sie einfach nicht mehr benötigt wird. Als sie ein spätes Geschenk ihres verstorbenen Vaters erhalten, stürzen sich die Elfen-Brüder Ian (Stimme: Tom Holland) und Barley (Stimme: Chris Pratt) in ein turbulentes Abenteuer, um, mithilfe von noch existenter Magie, einen letzten Tag mit ihrem Erzeuger genießen zu können. Der Weg zum Ziel entpuppt sich aber überraschend anders als erwartet, denn während Fantasy-Liebhaber Barley sich auf eine gefährliche Quest im Stil seiner Rollenspiele eingestellt hat, müssen beide Brüder erkennen, dass die einst so magische Welt nicht mehr das ist, was sie einmal war.

Ein besonderes Steckenpferd von Pixar ist die „Was wäre wenn?“-Frage und die Suche nach einer neuen Utopie innerhalb ihres ganz eigenen Kosmos. So erläuterte schon DIE MONSTER-AG (2001) wie es ist, wenn Monster auf einmal Angst vor Kindern haben, anstatt umgedreht. Auch TOY STORY (1995) stellte schon die Frage, was wäre, wenn Kinderspielzeug ein Eigenleben führen würde? Die Verantwortlichen hinter den Filmen haben immer dann ein gutes Händchen, wenn sie bekannte Elemente neu konfigurieren und ad absurdum führen. Diesem Prinzip sind sie auch im Falle von ONWARD treu geblieben, denn die Frage „Was wäre, wenn sich die Welt der Fabel-Wesen unserer menschlichen, technologisierten Welt angeglichen hätte?“ beantwortet der Film auf erstaunlich unterhaltsame und originelle Weise.

So befinden wir uns in einer Umgebung, in der Elfen und andere Fantasiefiguren wie normale Menschen leben, mit dem Auto zur Arbeit fahren, das Internet benutzen und mit den Tücken des normalen Alltags zu kämpfen haben. All diese Wesen haben die Magie, die für solch ein Universum typisch ist, irgendwann verloren, da es einfacher ist, mit dem Auto zu fahren, als seine Flügel zu benutzen. So sehen wir kleine Feen, die aufgrund des zeitlichen Wandels gar nicht mehr wissen wie man fliegt und stattdessen zu hartgesottenden Motorrad-Bräuten umgeschult haben. Wo einmal eine mystische Taverne war, betreibt das Mischwesen Manticore nun ein Familienrestaurant mit Kindergeburtstagen und Karaoke-Abenden. ONWARD ist immer dann großartig und wirklich witzig, wenn die gängigen Klischees und bekannten Tropes klassischer Disney-Märchen aufs Korn genommen und entmystifiziert werden. Hier ergeben sich tolle Gags und bei der Szene in Manticores Taverne habe ich laut lachen müssen. Auch der immer wiederkehrende Running-Gag mit dem halben Körper des Vaters sorgt für viele Lacher.

Das sind die großen Vorzüge dieses Animationsfilms, der auch erstaunlich kurzweilig und rasant daher kommt. Einziger Minuspunkt ist die Kern-Geschichte, die aus bewährten Motiven zusammengesetzt wurde. Pixar weiß eben, welche Knöpfe man bei den Zuschauern drücken muss, nur wissen die Zuschauer mittlerweile, schon vorher, welche Knöpfe gedrückt werden. So greift ONWARD bekannte Themen auf, von der Suche nach dem klassischen McGuffin, über  Identitätsfindung bis hin zur Erkenntnis, dass man das was man hat zu schätzen wissen sollte, ist alles vertreten. Das ist nie schlecht, am Ende sogar stimmig geschrieben und gut verpackt, letztendlich aber etwas vorhersehbar. Es sind mehr die kleinen Momente und Gags, sowie das schöne Konzept, was den Film am Schluss trotzdem wirklich gut sein lässt. Auch auf der technischen Seite wischt ONWARD mit all seinen Konkurrenten den Boden auf. Die Animationen suchen ihresgleichen und sind detailreich und optisch großartig, so wie man es eben von Pixar nicht anders gewohnt ist.

Auch der Voice-Cast überzeugt auf ganzer Linie. Neben den beiden Marvel-Stars Tom Holland (SPIDER-MAN) und Chris Pratt (GUARDIANS OF THE GALAXY), die im Original auf den beiden Protagonisten zu hören sind, brillieren auch Co-Stars wie Julia Louis-Dreyfus und Mel Rodriguez. Besonders Octavia Spencer als Manticore ist ein Highlight. Die deutsche Synchronisation ist ebenso gelungen und wartet mit den Stammsprechern der jeweiligen Darsteller auf.

Die Heimkino-Auswertung ist wie von Disney gewohnt perfekt in Sachen Bild- und Tonqualität. Im Bonusmaterial gibt es neben zwei Featurettes auch einen Audiokommentar. Eine runde Sache.

Fazit:
Mit ONWARD – KEINE HALBEN SACHEN (2020) hat Pixar wieder einen erstaunlich spaßigen, cleveren und optisch brillianten Animationsfilm abgeliefert, der zwar nicht ganz mit den bekannten Meisterwerken des Studios mithalten kann aber trotz Abnutzungserscheinungen in der Story wunderbar unterhält. Ein sehenswerter Film für die ganze Familie und darauf kommt es letztendlich doch an!

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