In dem Verwirrspiel-Thriller um die Amnesie von Gregory Peck geht es konzentriert zur Sache. Der viel bemühte Vergleich mit Hitchcock ist hier nicht fehl am Platze, dient doch jede Szene ausschließlich der Story und bleibt so ganz auf das Rätsel fokussiert. In einem Wolkenkratzer fällt der Strom aus und in der 27. Etage passiert Seltsames. Was war passiert? Wem kann man trauen? War es Mord? Stockwerke und Büros verschwinden – das Leben von David Stillwell wird zum Rätsel. KOCH FILMS brachte den Vorläufer des Paranoia-Genres nun auf Blu-ray heraus.

Originaltitel: Mirage

Regie: Edward Dmytryk

Darsteller: Gregory Peck, Diane Baker, Walter Matthau, George Kennedy, Robert H. Harris

Artikel von Kai Kinnert

Buchhalter David Stillwell zweifelt an seinem Verstand – oder leidet er an Gedächtnisverlust? Nachdem er Zeuge eines vermeintlichen Selbstmords wurde, trachtet ihm ein Killer nach dem Leben, und er hat keine Ahnung, warum. Mithilfe eines Privatdetektivs versucht er, das Rätsel zu lösen und kommt dabei einem Mordkomplott auf die Schliche.

So ganz ohne Staub ist der Streifen nicht. Die Inszenierung ist konventionell und leistet sich wenig filmische Originalität, was durch Gregory Peck noch unterstrichen wird. Sein Gesicht ist eine Marke und so spielt Peck eben Peck. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Aber so ist das mit Schaupiel-Marken – sie können nur wenig variieren. Cary Grant, James Stewart, John Wayne, Charles Bronson, aber auch Chuck Norris und Steven Seagal (um nur einige zu nennen) sind Marken, die Schauspiel durch ihr Gesicht ersetzen und kaum von ihrem Rollentypus abweichen konnten. Doch Peck war ein fotogener Vollprofi und liefert hier ab. Geradlinig, ganz ohne Nuancen, gibt es von Peck erprobtes Hollywood-Kino der alten Schule und passt so gänzlich in die integre Rolle des David Stillwell, der am Ende die richtigen Motive hat. Die Story passt zu Gregory Peck und so ist er der richtige Mann für diesen Schwarz-Weiß-Thriller Edward Dmytryks (Die Caine war ihr Schicksal, 1954), ebenfalls ein Routinier im Geschäft und ohne große Ambitionen in der Schauspielregie.

Der Film wäre gescheitert, gäbe es da nicht die Nebenrollen, die Stillwell flankieren und bestens besetzt sind. Diane Baker (Marnie, 1964) als Shela passt elegant an Pecks Seite und beide bekommen schöne s/w-Aufnahmen im alten New York. George Kennedy ist glaubwürdig als fieser Profi-Killer und trägt die richtige Brille für seine Rolle.

Doch Walter Matthau sticht alle aus. Die Rolle des Privatdetektivs, der mit Stillwell seinen ersten Fall hat, steht ihm ausgezeichnet. Sein Spiel ist lebendig, voller Details und mit dezentem Witz garniert – ganz Walter Matthau eben und im Schauspiel eine völlig andere Liga als Gregory Peck. Das ist kein Nachteil, denn die gemeinsamen Szenen sind super und man wünscht sich, dass Walter Matthaus Rolle größer gewesen wäre.

Der große Vorteil an Die 27. Etage ist, dass die Story dicht und straff erzählt wird. Obwohl sich Edward Dmytryk als Regisseur die meiste Zeit nur als technischer Erfüllungsgehilfe der Produktion erweist, hatte er doch die Idee der Flashbacks, die sich in die Story und in den Erinnerungen Gregory Pecks einweben und so spannend das Puzzle vervollständigen. Wie ein Duracell-Hase hält Dmytryk das Tempo der Szenen für die damalige Zeit hoch, verschwendet keine Zeit an Nebenschauplätzen und bleibt dabei jederzeit routiniert. Das macht den Film irgendwie sehr glatt und nur selten wird hier die selbstauferlegte Film Noir Karte ausgespielt. Die Szene, wie Gregory Peck und Diane Baker durch New York gehen und dann am Wasser stehen, mit der Freiheitsstatue im nebligen Hintergrund, ist einfach fantastisch gefilmt und tolle S/W-Fotografie. Aber auch die Szenen mit George Kennedy in der Unterführung im Park oder dem Hinterhof sind gelungen. Hier klappt die Sache mit der Tiefe im Raum, hier wacht die Kamera auf und plötzlich ist der Streifen ein lässig-eleganter Thriller, der mehr dieser dezent optischen Einfälle hätte vertragen können.

Der Film hat ein flottes Tempo, einige schöne Szenen und eine tolle Besetzung, wobei Walter Matthau hier besonders hervorsticht. Die 27. Etage hält seine Spannung bis ins letzte Drittel und wird dann leider Opfer seiner muffigen Grundidee, die schon damals nur noch ironisch in einem James Bond-Film funktionierte. Wer das verkneifen kann und Freund solcher versteckten Klassiker ist, sollte hier einen Blick wagen.

Das Bild der BD ist gut und der Ton ebenso. Als Extras gibt es einen Audiokommentar, ein Interview mit Diane Baker, den englischen Trailer und eine Bildergalerie.

Trailer:

Zurück zur Startseite