Seit kurzem steht „Die große Didi-Film Collection“ von TURBINE MEDIEN in den heimischen Kaufhäusern. Darin enthalten sind sieben Filme des Kult-Komikers, der kürzlich seinen 85. Geburtstag feierte und heute immer noch ins Rampenlicht tritt. Stellvertretend für die Box, die legendäre Klassiker wie „Didi und die Rache der Enterbten“ enthält, haben wir uns seinen ersten Kinofilm herausgesucht, in dem Hallervorden als Leading Actor gelistet war. An seiner Seite agieren unter anderem eine junge Iris Berben mitsamt Prinz Eisenherz Gedächtnisfrisur und Manfred Lehmann, der hier keine 20% auf alles außer Tiernahrung gibt, dafür aber volle 100% als tüffeliger Bösewicht. Alles zur liebevollen Aufbereitung der Komödie und das zahlreiche und äußerst interessante Bonusmaterial der Scheibe lest Ihr im Artikel.

Alter deutscher Titel: Ach du lieber Harry!

Regie: Jean Girault

Darsteller: Dieter Hallervorden, Iris Berben, Manfred Lehmann, Jacques Marin, Lisa Helwig

Artikel von Christian Jürs

Privatdetektiv Happy App (Dieter Hallervorden) ist mal wieder knapp bei Kasse, da die Klienten ausbleiben. Als endlich ein neuer Auftrag ins Haus steht, nimmt der Schmalspurschnüffler dankend an. Allzu brisant erscheint der Fall allerdings nicht zu sein. Harry soll lediglich als Bodyguard des Hasen Mister Theo fungieren, den sein Frauchen, die betagte Seniorin Anni Rose (Lisa Helwig), zu einer Ausstellung in die Schweiz bringen möchte. Was sich anfangs wie ein Kinderspiel anhört, gerät schwieriger und vor allem gefährlicher als gedacht.

Es beginnt schon beim Eintreffen im Bahnhof. Aufgrund der ungeschickten Art und Weise einer jungen Dame, einzuparken, kann Harry sein Gefährt nicht verlassen und verpasst somit den Zug mitsamt Oma und dem Mümmler. Glück im Unglück: Die Schuldige, die auf den Namen Jane (Iris Berben) hört, verpasst ebenfalls die Bahn. Da sie nun mit dem Auto zum nächsten Bahnhof eilen möchte, bietet sich für Harry die Gelegenheit, sein Können als Detektiv unter Beweis zu stellen. Er verschafft sich Zugang zu ihrem Fahrzeug und versteckt sich auf dem Rücksitz. Zwar bleibt er nicht unentdeckt, trotzdem raufen sich die beiden anfänglichen Streithähne schlussendlich zusammen und erreichen ihr Ziel. Doch, oh weh, zwei üble Gauner (Jacques Marin und Manfred Lehmann) verstecken in Harrys Abwesenheit ein geklautes Gemälde im Hasenkäfig vor der Polizei. Als die Luft rein zu sein scheint, versuchen sie ihre Beute wieder abzuholen, öffnen dabei jedoch versehentlich Mister Theos Behausung und lassen ihn entkommen. Die geschockte Seniorin, die ihren potentiellen Preisträger auf der Flucht entdeckt, erleidet einen Schock und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Harry kann derweil den Hasen und seinen Käfig zurückerobern und folgt der alten Dame. Nicht ahnend, dass sich ein wertvoller Renoir fortan in seinem Besitz befindet. Derweil haben die beiden Gauner seine Spur aufgenommen und auch Jane eilt Harry hinterher. Denn die ist ebenfalls Privatdetektivin und mit der Rückholung des Diebesgutes beauftragt worden…

Satte 1,3 Mio Zuschauer strömten anno 1981 in die Kinos, um Dieter Hallervorden als Detektiv Harry App, dessen Name eine Verballhornung des englischen Begriffs Hurry up darstellt, auf der Flucht vor bösen Buben zu sehen. Als Regisseur wurde der Franzose Jean Girault, der mit Louis de Funès diverse Erfolge feiern konnte, verpflichtet. Auf sein Konto ging unter anderem der populäre Der Gendarm von St. Tropez. Ihm gelang eine temporeiche Krimikomödie, die mit allerlei Stunts aufwartet, welche Hallervorden meist höchst persönlich ausführte (so hängt er an einem fahrenden Zug oder liegt unter selbigem, als dieser am Bahnhof anfährt). Laut Hallervorden war es Girault aber vor allem wichtig, welche Weinsorte zum Mittagessen gereicht wurde. Die Dreharbeiten waren sekundär. Ein Jahr später erlag Girault einem Tuberkuloseleiden während des Drehs zu Louis und seine verrückten Politessen.

Turbulent wie eine französische Komödie, allerdings ohne deren Hektik, fällt Regisseur Jean Girault auf optischer Ebene leider recht wenig ein. Der Film sieht halt aus wie ein Kind seiner Zeit ohne größere inszinatorische Raffinessen. Dafür überrascht Dieter Hallervorden mit vollem Körpereinsatz bei den Stunts als eine Art Jean Paul Belmondo light. Die Slapstickeinlagen sind teilweise immer noch recht witzig und Didi, der hier noch Harry heißt, hält sich bezüglich seiner Grimassenshow, die sein Knautschgesicht hergibt und mit der er in Deutschland damals populär wurde, erstaunlich zurück. Lediglich eine Sequenz, in der er bei einem wissenschaftlichen Experiment, welches eigentlich am Hasen durchgeführt werden sollte, unterschiedlichsten Gemütszuständen ausgesetzt ist, dient der didischen Kalauerparade. Wer hier das volle Programm haben möchte, dem sei Didi und die Rache der Enterbten (ebenfalls in der Box enthalten) dringend ans Herz gelegt. Der als loses Remake von Adel verpflichtet angelegte Streifen bietet Didi, wie einst Alec Guinness in diversen Rollen, in denen er sein Potential voll ausschöpfen kann. Allerdings sollten sich penetrante Verfechter von Political Correctness weit fern halten, denn Hallervorden wird hier als Frauenheld dargestellt, der beispielsweise in besagter Experiment-Szene mit gesteigerter Libido aus dem Nichts eine Krankenschwester leidenschaftlich mit Küssen überfällt. Statt sich zu wehren, schmilzt sie dahin wie einst Pussy Galore im Heu beim Übergriff durch James Bond. Derweil steht ihre Kollegin schmachtend daneben und beklagt sich, dass sie nicht auch bedacht wurde. Noch krasser wird es, als er einer älteren Dame auf die Pelle rückt, da er zwischen ihren Beinen…ach, fragt lieber nicht. Ein klein wenig aus der Zeit gefallen sind solche Sequenzen schon. Für Iris Berben gilt Ach du lieber Harry übrigens als ihr Durchbruch im Filmgeschäft. Und das trotz der Frisur…herrje…damals war doch nicht alles besser.

So richtig punkten kann die Scheibe von Turbine Medien. Angefangen bei der Bild und Tonqualität, die als wirklich erstaunlich zu bezeichnen sind. Vor allem das gestochen scharfe Bild ist der absolute Wahnsinn bei so einem in die Jahre gekommenen Schinken. Noch besser wirds aber im Bonusmaterial. Bereits direkt nach dem Einlegen der Disc sagt uns Herr Hallervorden bei einem Grußwort kurz „Hallo“. Außerdem ist ein Audiokommentar mit ihm, Motown Regisseur Stefan Barth und Manfred Lehmann vorhanden. Dieser ist äußerst interessant, vor allem, weil Hallervorden zurecht stolz diverse Anekdoten von sich gibt, während Manni Lehmann sich kaum noch erinnern kann („Das war das mit dem Hasen, richtig?„) und deutlich kritischer mit dem Film umgeht („Das fanden die Leute damals wohl witzig.„) – köstlich. Ein 43 minütiges Videospecial zu den Aufnahmen ist ebenfalls vorhanden. Wer außerdem keine Zeit für den vollständigen Film hat, der kann auch auf die etwas über eine halbe Stunde lange Super-8-Version von Ach du lieber Harry zurückgreifen. Mein persönliches Highlight ist die erste, einstündige Episode der Miniserie Onkel & Co., die ebenfalls 1981 entstand und neben Hallervorden (in verschiedenen Rollen) auch Manfred Lehmann zu bieten hat, erneut übrigens in der Rolle des Bösewichts. Ein kleines Fernsehjuwel. Abgerundet wird der Bonusbereich mit einer Hallervorden-Trailershow.

Das Fazit für diese Scheibe gilt im Grunde für alle Filme in der Box mit dem Titel Die große Didi-Film Collection. Die Filme sind allesamt liebevoll restauriert und mit Bonusmaterial vollgepackt, was Fans vor Freude jubeln lässt. Man muss natürlich mit dem Didi-Humor etwas anfangen können und Albernheiten gegenüber offen sein. Nostalgiker und Slapstickfans werden bestens bedient.

Trailer:

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