Zwischen Red Heat (1988) und Und wieder 48 Stunden (1990) gönnte sich Walter Hill ein kleines Ganoven-Drama mit Mickey Rourke als gefühlten Cousin des Elefanten-Menschen, der die Chance eines neuen Gesichts und der Liebe nicht erkennt und so Opfer seiner selbst wird. Der mit einer guten Besetzung und etwas Action versehene Klassiker wurde nun von KOCH FILMS remastered als Mediabook veröffentlicht.

Originaltitel: Johnny Handsome

Regie: Walter Hill

Darsteller: Mickey Rourke, Morgan Freeman, Forest Whitaker, Ellen Barkin, Lance Henriksen

Artikel von Kai Kinnert

Der schöne Johnny“ – so lautet der ironische Spitzname, den die Berufskriminellen Rafe Garrett und Sunny Boyd ihrem entstellten Partner geben. Weil er mit seinem Gesicht leicht identifizierbar ist, schießen sie ihn nach einem Raubüberfall kurzerhand nieder und überlassen ihn der Polizei. Johnny sinnt auf Rache – und hat einen Plan: Er unterzieht sich einer Operation und schleust sich mit neuem Gesicht in die alte Gang ein. Seine ehemaligen Verbündeten haben keine Ahnung, wen sie vor sich haben.

Wenn Forest Whitaker ab Minute 18:30 Mickey Rourke im Rollstuhl durch das Krankenhaus schiebt, wirkt es, als wäre Rourke bei der Probe des König der Löwen Musicals von der Bühne in den Orchestergraben gefallen. Irgendwie an einen demolierten Löwen mit Bon Jovi Frisur erinnernd, schlägt der Zuschauer die Hände vor´s Gesicht und muss an Loriot denken: „Maske? Welche Maske?“ Man starrt regelrecht auf dieses SFX-Unglück, das sich, irgendwo bei Minute 27 herum, rechts unten an der Wange mit einer kleinen, aber deutlich sichtbaren Furche abzulösen droht und man möchte Johnny einen Kleber reichen. Ganze 29 Minuten und 30 Sekunden trägt Mickey Rourke Knetgummi im Gesicht, bis er endlich frisch und jung die Handlung übernimmt und uns den Quatsch mit dem Maskenversuch vergessen lässt.

Die Blu-ray ist der Tod so manchen Effekts aus analoger Zeit. Es mag sein, das die Maske in Johnny Handsome zu vernuschelten VHS-Zeiten noch durchging – heute ist das nicht mehr der Fall. Doch da der Streifen eine Produktion des Teams Kassar/Vajna ist und Walter Hill die Zügel in der Hand hält, gibt es eine kompetente Optik, eine gute Besetzung und ein paar nette Actionmomente. Scheitert auch der Trick mit Johnnys Gesicht, ist der Rest doch gut gefilmt. Kamera und Licht sind stets im cineastischen Stil Walter Hills gehalten und liefern so bestes Kino der späten 1980er. Etwas Film Noir schwingt auch mit und die funkelnden Straßenszenen bei Nacht sehen klasse aus. Seine zwei Actionszenen hat Walter Hill gekonnt im Griff. Die beiden Überfälle sind spannend und originell gefilmt und bilden eine Klammer für die Story. Und in der geht es nicht um die Action, hier geht´s um Johnny, der mit seiner bedingungslosen Liebe Schluss macht um Rache zu üben. Doch gerade außerhalb der Action hapert es. Mag Walter Hill auch einen kleinen Shakespeare in sich verspürt haben und Johnny eine tragische Figur sein, ist doch die Story um Johnny etwas lahm, was auch noch durch die altbackene Synchronisation unterstrichen wird.

Johnny Handsome – Der schöne Johnny ist bestens besetzt und schön gefilmt. Lichter und Schatten, Farben, Glanz und eine Handkamera zur rechten Zeit, lassen den Film auch heute noch gut aussehen. Die Action ist weitestgehend unblutig, besitzt aber ein paar Walter-Hill-Härten, die auch heute noch funktionieren. Konträr dazu das Drehbuch. Mit seiner simpel zugespitzten Figurenzeichnung und Dramaturgie hätte man auch ein Musical aus dem Film machen können, irgendetwas zwischen Phantom der Oper und König der Löwen, die Maske für die Theaterbühne hatten man ja schon. Dem Streifen fehlt es an Dynamik im zweiten Akt, hier hätte sich Walter Hill schlichtweg für mehr Action entscheiden müssen, um so die tragische Ganoven-Story gänzlich aufzufangen. So bleibt am Ende ein durchschnittlicher Film zurück, bei dem, trotz seiner Vorteile, der Funke heute nicht mehr so recht überspringen mag. Für Fans von Mickey Rourke mit Sicherheit eine Anschaffung wert, denn ihr Star spielt hier noch recht frisch und auch der Freund des 1980er Kinos findet hier ein paar gediegene Bilder und Settings vor. Über das Loch in der Spannung muss man dann eben hinweg sehen.

Das Bild der Veröffentlichung ist sauber und gut in den Farben, der Ton ebenso. Als Extras gibt es den deutschen und den englischen Trailer, ein Interview mit Walter Hill, Featurettes und eine Bildergalerie.

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