Nach einer etwas längeren Pause geht es endlich weiter in der fröhlichen Krimischau. In der neuesten Ausgabe unserer Edgar-Wallace-Retrospektive machen wir ein letztes Mal einen Abstecher in die klassische Schwarz-Weiß-Ära, die mit DER UNHEIMLICHE MÖNCH (1965) mehr als rühmlich zu Ende ging. Skrupellose Mädchenhändler, gemeine Erbschleicher und Harald Leipnitz als Held der Stunde. Ein Film wie ein Peitschenhieb!
„Hallo, hier spricht Edgar Wallace!“
Drehbuch: J. Joachim Bartsch, Fred Denger
Regie: Harald Reinl
Darsteller: Harald Leipnitz, Karin Dor, Siegfried Lowitz, Ilse Steppat, Dieter Eppler, Hartmut Reck, Siegfried Schürenberg, Kurt Waitzmann, Rudolf Schündler, Eddi Arent…
Artikel von Christopher Feldmann
Nachdem eher mäßigen Geschäftsergebnis von NEUES VOM HEXER (1965), von dem man sich in Anbetracht des beliebten Vorgängers weitaus mehr erhofft hatte, begann man bei Rialto-Film trotzdem mit den Planungen für den nächsten Wallace-Krimi, dem Zweiten des Jahres 1965. Bereits zuvor stand DER UNHEIMLICHE MÖNCH (1965) als nächstes Projekt fest und man hatte bereits ein fertiges Drehbuch aus der Feder Harald G. Peterssons. Ursprünglich unter der Regie von Harald Philipp und mit Darstellern wie Heinz Drache, Grit Böttcher und Klaus Kinski angekündigt, schickte Produzent Horst Wendlandt das Skript noch einmal in die Überarbeitung. Seiner Meinung nach war es zu bieder und harmlos, obwohl sich Petersson eng an die Romanvorlage THE TERROR (1929) hielt. Da Herbert Reinecker zu dieser Zeit mit anderen Projekten beschäftigt war, sprang Fred Denger ein, der als Autor mehrere Karl-May-Verfilmungen für Wendlandt betreute. Gemeinsam mit J. Joachim Bartsch, der bereits bei DER FROSCH MIT DER MASKE (1959) und DIE BANDE DES SCHRECKENS (1960) als Co-Autor fungierte, wurde eine gänzlich neue Geschichte entwickelt, die mit dem vorhergehenden Drehbuch kaum etwas gemein hatte. Im Gegensatz zu Denger, erlebte Bartsch die Premiere nicht mehr, er starb am 23. November 1965. Aufgrund der Verzögerung schied Harald Philipp aus, da er für den Jerry-Cotton-Film UM NULL UHR SCHNAPPT DIE FALLE ZU (1965) verpflichtet wurde und der bereits erprobte Harald Reinl bekam den Auftrag, den Film zu drehen. Herausgekommen ist sicher einer der besten Wallace-Filme, der sich auch heute noch großer Beliebtheit erfreut.
Handlung:
Kurz vor seinem Tod, lässt der Schlossherr von Darkwood (Alfred Schlageter) sein Testament ändern. Als Alleinerbin wird seine Enkelin Gwendolin (Karin Dor) eingesetzt, was deren Onkel Richard (Siegfried Lowitz) und William (Dieter Eppler) so überhaupt nicht schmeckt. Lediglich Lady Patricia (Ilse Steppat) versucht ihre Nichte vor den raffgierigen Verwandten zu schützen, ist aber in der Minderheit, denn auch ihr Sohn Ronny (Hartmut Reck) ist gewillt, sein Stück vom Kuchen abzubekommen. Während Richard das Testament in seinen Besitz gebracht hat und damit seine Familie erpresst, verschwinden in dem Internat, welches Lady Patricia auf dem Schloss unterhält immer wieder Mädchen spurlos und eine geheimnisvolle Gestalt in einer Mönchskutte treibt auf dem Gelände sein Unwesen. Ein verzwickter Fall für Scotland Yard und Inspektor Bratt (Harald Leipnitz).
DER UNHEIMLICHE MÖNCH gilt unter Fans der Krimi-Reihe als wahrer Klassiker und Kultfilm, was auch regelmäßige Verwertungen im hiesigen Fernsehen zur Folge hatte. Egal, welcher Sender die Ausstrahlungen mehrerer Filme übernahm, der peitschenschwingende Mönch von Schloss Darkwood war in der Regel genauso sicher vertreten wie DER HEXER (1964) oder DAS GASTHAUS AN DER THEMSE (1962). Bereits in jungen Jahren gehörte dieser Streifen zu meinen Favoriten, den ich bei jedem TV-Termin mitnahm und auch öfters auf der eigens aufgenommenen Videokassette besuchte. Es gab eine Zeit, in der ich die Dialoge mitsprechen konnte, woran das lag ist schwer auszumachen aber wahrscheinlich fand ich einfach den titelgebenden Antagonisten wahnsinnig gut und unheimlich. Irgendwann ließ ich ihn allerdings etwas links liegen, was die typische Folge von „zu oft gesehen“ ist. Nach einigen Jahren konnte ich die DVD wieder hervorkramen und musste feststellen, dass der 20. Edgar-Wallace-Film der Rialto immer noch ein echtes Highlight ist.
Wie bereits erwähnt, hat DER UNHEIMLICHE MÖNCH recht wenig mit dem Roman des berühmten Schriftstellers gemein. Die logische Konsequenz des Umschwungs Mitte der 1960er Jahre, mit dem man sich bewusst von dem Ausgangsmaterial entfernte, um näher am damaligen Zeitgeist zu sein. Den Autoren fiel es immer schwerer, die Geschichten aus den 1920er und 1930er Jahren so umzuschreiben, dass sie in die damalige Gegenwart passten und zugleich auch irgendwie Vorlagengetreu waren. Man könnte Reinls Film fast schon als Quintessenz der Edgar-Wallace-Reihe bezeichnen, beinhaltet er doch so ziemlich alle stilprägenden Motive und Elemente, die heute selbstredend die Marke stehen. Da wären ein vermummter, ikonischer Bösewicht mit einem ausgefallenen Mordwerkzeug, ein Mädchenpensionat auf einem alten englischen Schloss, die raffgierigen Erbschleicher, die weibliche Hauptfigur um das Erbe bringen wollen, von dem sie noch nichts weiß und natürlich der heldenhafte Scotland-Yard-Beamte, der alles zu einem guten Ende führt. Aus heutiger Sicht wirken diese Plot-Points natürlich etwas vorhersehbar, wenn nicht sogar überholt aber es sind eben genau diese Eigenheiten, wegen denen man sich einen Wallace-Krimi anschaut. Man will eben das Rätsel um den Mörder, zahlreiche halbseidene Charaktere, etwas Grusel und Komik und die gewohnten Skurrilitäten. Das Drehbuch versteht es dabei ganz exzellent, diese Bausteine in ein funktionierendes Ganzes zu verwandeln. Oftmals schwingt bei den Wallace-Filmen immer ein gewisser Trash-Faktor mit, wirken diese doch oft arg konstruiert und wenig fein gezeichnet. Im Falle von DER UNEHEIMLICHE MÖNCH fügt sich aber alles zu einem stimmigen Ganzen zusammen, welches ohne absurde Twists und überflüssige Nebenhandlungen auskommt.
Großen Anteil an der Beliebtheit dürfte wohl der titelgebende Mönch sein, mit dem die Macher einen Antagonisten auf die Leinwand gebracht haben, der zu den absoluten Kult-Figuren der Reihe zählt. Allein die Tatsache, dass ein Mörder als Mönch verkleidet ist und seine Gegner mit einer Peitsche niederstreckt, ist schon wieder so skurril, dass es genial erscheint. Es ist eben der Hang zu solchen skurrilen Einfällen, die die Reihe auszeichnen und über all die Jahrzehnte im Gedächtnis der Zuschauer verankert haben. Aber auch die restlichen Schurken in diesem Krimi-Spaß machen einen guten Eindruck und funktionieren als geldgeile Schmierlappen. Auch schafft es das Drehbuch relativ elegant die Storyline um das Verschwinden der Mädchen und den Erbschleicher-Plot zusammenzufügen, so dass zum Ende hin alle Fragen geklärt werden. Etwas, was bei Wallace nicht immer der Fall war.
Für die Regie zeichnete sich wie bereits erwähnt Harald Reinl verantwortlich, der zum fünften und letzten Mal einen Wallace-Film inszenierte. Reinls Gespür für tolle Bilder, schöne Landschaftsaufnahmen und einen temporeichen Erzählstil kommen auch hier wieder zum Tragen und sorgen dafür, dass DER UNHEIMLICHE MÖNCH nicht nur gut aussieht, sondern auch über die knackige Laufzeit hinweg blendend unterhält und keine Längen vorzuweisen hat. Besonders das rasante Finale, inklusive dem Showdown zwischen Inspektor Bratt und dem Mönch hat echte Actionqualitäten und dürfte anno 1965 gut angekommen sein. Aber auch Reinl verstand es ähnlich gut wie Kollege Alfred Vohrer, düstere Gemäuer in Szene zu setzen. Besonders hervorzuheben ist die Musik von Stamm-Komponist Peter Thomas, dessen Hauptthema besonders prägnant ins Gedächtnis brennt.
Die Hauptrolle übernahm dieses Mal Harald Leipnitz, der bereits in DIE GRUFT MIT DEM RÄTSELSCHLOSS (1964) zu sehen war und hier nun zum ersten Mal den Inspektor von Scotland Yard mimen durfte. Ursprünglich war Heinz Drache für den Part vorgesehen, wurde aber aufgrund mangelndem Interesse an NEUES VOM HEXER (1965) in die Zwangspause geschickt. Einige sehen seine Darstellung als wesentlich schwächer als die der Stars Drache und Fuchsberger an. Natürlich kann er den beiden Veteranen nicht ganz das Wasser reichen, seine Sache macht er dennoch gut und gerade in physischen Szenen kann er überzeugen. Den weiblichen Part übernahm Reinls Ehefrau Karin Dor, die wie ihr Mann ihren Ausstand in Sachen Wallace feierte und nach fünf Filmen Abschied nahm. Aufgrund ihrer Anmut und ihrer natürlichen Schönheit gilt sie heute noch als das beliebteste Wallace-Girl. Auch hier gibt sie wieder mit Bravour die verfolgte Unschuld. Von den ursprünglich vorgesehenen Darstellern war sie die Einzige, die es in den fertigen Film geschafft hat. Grit Böttcher erkrankte vor Beginn der Dreharbeiten und wurde durch die damals unbekannte Uschi Glas ersetzt, die hier ihren ersten Filmauftritt überhaupt hatte. Es sollte der Beginn einer erfolgreichen Karriere werden.
Für die Nebenrollen konnte man einige gestandene Gesichter verpflichten. Zum einen Siegfried Lowitz und Dieter Eppler, die bereits in DER FROSCH MIT DER MASKE (1959) zu sehen waren. Lowitz mimte innerhalb der Reihe sogar erstmals einen Bösewicht. Beide nahmen mit diesem Film ebenfalls Abschied von der Reihe, Eppler mit insgesamt drei Filmen und Lowitz mit Vier. Letzterer ist hier darstellerisch das klare Highlight. Als süffisant gerissener Richard hat er die besten Dialoge und darf ordentlich vom Leder ziehen. Eine äußerst gelungene Abschiedsvorstellung. Ilse Steppat rundet das Hauptensemble als Internatsleiterin mit guter Seele ab, während man in den kleineren Rollen auf bewährtes Personal setzte. Zum einen Kurt Waitzmann, der bereits drei Wallace-Filme gedreht hatte, als Sergeant Cunning und natürlich der große Siegfried Schürenberg als Sir John. Natürlich darf auch Eddi Arent nicht fehlen, der als charmanter Hausdiener Smith eine etwas andere Rolle inne hat.
DER UNHEIMLICHE MÖNCH wurde vom 06. Oktober bis zum 17. November 1965 gedreht. Als Locations dienten unter anderem das Schloss Hastenbeck bei Hameln, das im Film als Schloss Darkwood zu sehen ist. Diverse Innenaufnahmen wurden ebenfalls innerhalb des Anwesens durchgeführt. Weitere Außenaufnahmen wurden am Hafen von Hamburg-Harburg und bei der Mühle Hittfeld gemacht, die ebenfalls in der Nähe der Hansestadt liegt. Für die Innenaufnahmen mietete man sich wieder in die CCC-Studios in Berlin-Spandau ein. Die London-Aufnahmen stammten dieses Mal nicht aus der Konserve, sondern wurden vor Ort gedreht. Allerdings wirken die Sehenswürdigkeiten doch arg willkürlich in den Film hineingeschnitten. Es war der letzte Film der Reihe, der in Schwarz-Weiß gedreht wurde. Ab sofort würden sämtliche Wallace-Krimis in Farbe entstehen. Der Vorspann ist hier bereits farbig zu sehen. Damit endete eine wichtige Ära des deutschen Kinos, die ihren Platz für poppigere und modernere Streifen räumen musste. Mit ihr starb auch der klassische Edgar-Wallace-Film, für den Schwarz-Weiß extrem wichtig war.
Die Uraufführung fand am 17. Dezember 1965 im Passage Kino in Saarbrücken statt und mit 2,6 Millionen Zuschauern war der 20. Film der langlebigen Reihe ein großer Publikumserfolg, der Wendlandt entspannt in die Zukunft blicken ließ. Von der FSK wurde der Film seiner Zeit ab 16 Jahren freigegeben, seit 1991 ist er frei ab 12 Jahren. Warum auch immer bei den DVD-Ausgaben das „FSK 16“ verwendet wurde, ist nicht bekannt.
Fazit:
DER UNHEIMLICHE MÖNCH (1965) beendete nicht nur äußerst erfolgreich die Schwarz-Weiß-Ära der Edgar-Wallace-Reihe, sondern stellt auch einen der besten Filme eben jener Serie dar. Ein gutes Drehbuch, eine gute Regie, blendend aufgelegte Darsteller und ein hohes Tempo machen diesen Krimi zum Referenztitel.
5 von 5 Peitschenhieben!
Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen
Zurück zu Hallo, hier spricht Edgar Wallace!