Das VHS-Label SUMMIT INTERNATIONAL VIDEO bescherte dem Videothekenkunden Ende der 80er-Jahre einige obskure Streifen, wie z. B. American Rampage (1989) und Muttertag II (1988), die überwiegend Direct-To-Video ausgewertet wurden. Letzterer kam in Skandinavien (wo er auch produziert wurde) in die Kinos. Die schwedische Produktion Animal Protector (1989) wurde direkt für den Videomarkt produziert und fand hierzulande mit SUMMIT den passenden Vertrieb. Seit Mitte der 80er-Jahre explodierte das Geschäft mit Direct-To-Video-Ware regelrecht. Besonders in den Bereichen Action, Horror und Science-Fiction wurden massenweise billige Streifen produziert, die gerne auch alle drei Genres gleichzeitig in einem Film verwursteten. Da ich damals eher an Klassikern und seltenen Filmperlen interessiert war, ließ ich diese Filme weitgehend links liegen und wenn mir mal einer dieser Gülle-Streifen in den Videorecorder flatterte, war die Enttäuschung meist groß. Heute sehe ich diese Billigproduktionen mit anderen Augen und wenn ich mal einen dieser Filme als DVD-Premiere irgendwo entdecke, kann ich meist nicht widerstehen. Und in den meisten Fällen bereue ich es auch nicht, mal wieder ’nen 10er für Direct-To-Video-Gülle aus den 80er-Jahren ausgegeben zu haben. Das gilt auch für Animal Protector, den das Label MARITIM PICTURES / CARGO RECORDS am 15. Januar 2021 erstmals ungekürzt auf DVD herausbrachte.

Originaltitel: Animal Protector

Regie: Mats Helge Olsson

Darsteller: David Carradine, A.R. Hellquist, Camilla Lundén, Mats Huddén, Timothy Earle

Artikel von Holger Braasch

Wenn der Klappentext auf der Verleihcassette mehr über den Inhalt des Films verrät, als der Film selbst in seiner gesamten Laufzeit, dann ist das schon mal kein gutes Omen. Auf irgendeiner Insel treibt eine Gruppe Militärs Schindluder mit irgendwelchen Viren, die offensichtlich brandgefährlich sind, wovon man aber nichts weiter mitbekommt. Geleitet wird das Ganze von einem gewissen Colonel Whitlock (David Carradine), der sich schon bei seinem ersten Auftritt als ziemliches Arschloch zu erkennen gibt und anscheinend vorhat, die Welt mit einem selbst entwickelten Kampfstoff zu erpressen. David Carradine hat hier über zwei Drittel des Films nichts weiter zu tun, als Zigarre zu rauchen, gelangweilt dreinzublicken, zynische Sprüche zu klopfen, die ein Arschloch-Colonel eben so klopft und hin und wieder einen seiner eigenen Leute kaltzumachen. Währenddessen machen irgendwelche Wissenschaftler Experimente mit allen möglichen Tierarten in einem Labor, welches allerdings auch ebenso die Kaffeeküche sein könnte. Derweil macht sich eine Gruppe militanter Tierschützerinnen auf, den Militärstützpunkt zu stürmen, was natürlich ganz böse nach hinten losgeht. Doch immerhin schaffen es die Mädels noch in das geheime Labor, das eher wie ein Zoofachgeschäft (mit besagter Kaffeeküche) aussieht.  Ermöglicht wird ihnen dies durch zwei weibliche Laborangestellte, die offensichtlich auch keinen Bock mehr auf die Sauereien haben, die hier ausgeheckt werden. Wie es scheint, interessieren sich nur Frauen für Tierrechte – zumindest in diesem Film. Wie dem auch sei, die Tierschutz-Aktivistinnen werden schnell entdeckt und von Whitlocks Killer-Kommando durch die finsteren Gänge des Stützpunkts gehetzt.

Doch sie bekommen bald Unterstützung von zwei markigen Kerlen namens Lomax (Mats Huddén – als Matt Huden) und Santino (A. R. Hellquist), die sich im Nachhinein als CIA-Topagenten entpuppen. Allerdings gehen die beiden Typen derart dilettantisch vor, dass man aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt. So verständigen sich die beiden mit Walki-Talkis und verwenden dabei eine Frequenz, die vermutlich jeder Amateurfunker mithören kann. Doch spätestens wenn Lomax seinen Partner Santino mit „Phase 2“ der Operation vertraut macht und dieser daraufhin fragt: „Was war denn bitteschön Phase 1?“, dann weiß man, dass die Actiongülle mächtig am Dampfen ist. Alleine schon, wie sich die beiden anstellen, um in die Militär-Festung zu kommen, ist ganz bestimmt nicht CIA-Style. Lomax schippert ganz offiziell als Kontrolleur ein, um sich dann gefangen nehmen zu lassen. Santino lässt sich von den Tierschutz-Miezen das Boot wegschnappen und muss sich mit einem Schlauchboot begnügen, das irgend so ein Zausel im Auto hat. Am Ende müssen sich die beiden Topagenten noch gegenseitig die Fresse polieren, denn Lomax hat den strikten Befehl, alle Personen auf dieser Insel zu töten – auch die Tierwohl-Aktivistinnen. Warum und weshalb erfährt man irgendwie nicht. Jedenfalls passt dies seinem Partner Santino gar nicht und deshalb gibt es am Ende noch mal ordentlich auf die Zwölf.

Auch wenn der Streifen nicht sonderlich temporeich ist, muss ich doch sagen, dass das Ganze gut unterhaltsam ist. Hier hat natürlich David Carradine einen entscheidenden Anteil. Immer wenn er auftaucht, weiß man, dass gleich wieder jemand auf die Fresse kriegt. So ab der Hälfte nimmt auch der Trash-Faktor immens zu, so dass das Grinsen gar nicht mehr nachlässt. Wenn Santino zum Beispiel im großen Finale seinem Kollegen erklären muss, wie man eine Bombe entschärft, fragt man sich, warum der Klugscheißer das nicht gleich selber macht. Bei all dem ganzen Trash kann man den Gesichtsausdruck von David Carradine dann doch ganz gut nachvollziehen. Als wollte er sagen: „Hier ist sowieso alles scheißegal!“ Ende der 80er-Jahre war sich der Mime offenbar für keinen Schund zu schade. 2003 rehabilitierte Quentin Tarantino den unermüdlichen B-Film-Helden für sein zweiteiliges Rache-Epos Kill Bill.

David Carradine war der Sohn des Schauspielers John Carradine, der ebenfalls auf eine lange Schauspielkarriere zurückblicken konnte. Davids Bruder Bruce Carradine und seine beiden Halbbrüder Keith und Robert Carradine wurden ebenfalls Schauspieler. In seiner Jugend war David Carradine ein ziemlicher Wirbelwind und landete in verschiedenen Internaten und Besserungsanstalten. Schließlich studierte er Musiktheorie und Komposition. Die Mitarbeit in einer Shakespeare-Theatergruppe, an der San Francisco State University, weckte sein Interesse für die Schauspielerei. Schon im zarten Alter von 10 Jahren hatte er eine kleine Rolle in dem TV-Film A Christmas Carol (1947), der aber anscheinend verschollen ist. Nach dem Studium folgten zwei Jahre Dienst beim Militär. Ab 1963 ging es dann richtig los, zunächst mit kleinen Auftritten in verschiedenen US-amerikanischen Fernsehserien. Die Rolle des Kwai Chang Caine, in der Fernsehserie Kung Fu (1972-1975), machte ihn weltweit bekannt. Seitdem wurde er ein vielbeschäftigter Darsteller, der meist für harte Kerle besetzt wurde, gerne auch als Schurke. 2009 starb David Carradine während der Dreharbeiten zu Stretch in Bangkok. Die Todesursache war kurios. Er wurde an einem Strick hängend im Kleiderschrank seines Hotelzimmers aufgefunden. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um einen „Sexunfall“.

Der schwedische Regisseur Mats Helge Olsson begann seine Laufbahn mit dem Western I död mans spår (1975), der hierzulande bisher nicht erschienen ist. In den 80ern versorgte er den Videomarkt mit Actionfilmen, wie Ninja – In geheimer Mission (1984), Eagle Island (1986) und Russian Ninja (1989). Animal Protector war der erste von drei Actionfilmen, die Mats Helge Olsson zusammen mit David Carradine gemacht hat. Es folgten Fatal Secret (1988) und The Mad Bunch (1989).

Wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei Animal Protector um eine typische Direct-To-Video-Produktion aus den 80er-Jahren. Demzufolge muss man bei der Bildqualität Abstriche machen. Gedreht wurde in der Regel auf Filmmaterial, nach der Postproduktion wurde dann ein 1-Zoll-C-Master angefertigt, von dem dann die VHS-Originale gezogen wurden. Das Original Film-Master landete dann oft in irgendwelchen Kellern, wo es dann nicht selten verrottete. Aus diesem Grund lassen sich von vielen dieser Direct-To-Video-Produktionen leider keine qualitativ hochwertigen DVD-Veröffentlichungen mehr erstellen – ganz zu schweigen von Veröffentlichungen auf Blu-ray. In vielen Fällen kann man wohl wirklich froh sein, wenn noch ein gut erhaltenes 1-Zoll-C-Master verfügbar ist. Daran sieht man, dass die Produzenten damals kaum einen Gedanken an spätere Auswertungen ihrer Filme verschwendet haben. Man produzierte sozusagen „Wegwerf-Ware“ für den Videomarkt. In der Regel spielten die Filme ihre niedrigen Produktionskosten schnell wieder ein – und das war schließlich die Hauptsache. Über den filmhistorischen Wert von Schundfilmen aus dieser Zeit, machte man sich erst später Gedanken. Wer noch eine Sammlung von VHS-Originalen von solchen Filmen besitzt, kann sich glücklich schätzen. Möglicherweise ist da die eine oder andere Perle dabei, die sich heute nicht mehr in besserer Form auftreiben lässt.

Die DVD von MARITIM PICTURES / CARGO RECORDS dürfte von einem 1-Zoll-C-Master gemastert worden sein. Das Bild entspricht zwar nicht dem Standard, den eine DVD leisten kann, doch in Anbetracht der Materiallage kann man hier von einer wirklich ordentlichen Veröffentlichung sprechen. Das Bildformat ist mit 1,33:1 Open Matte – es wurde also nicht kaschiert. Auf Video war der Film damals hierzulande nur geschnitten erhältlich. War die Erstauflage nur an zwei Stellen leicht gekürzt, schob SUMMIT INTERNATIONAL VIDEO kurz darauf noch eine übelst verstümmelte Fassung hinterher, die ebenfalls mit einer FSK 18 abgesegnet wurde. Hier langte man gleich richtig hin. Fehlten bei der Erstauflage nur 40 Sekunden, kürzte man bei der zweiten Auflage um gut 13 Minuten. Offenbar wollte man unbedingt einer Indizierung entgehen, denn die Erstauflage landete ziemlich schnell auf dem Index. Nach 25 Jahren wurde der Film schließlich im Jahr 2015 vom Index gestrichen. Für die deutsche Tonspur wurde glücklicherweise die Erstauflage verwendet, so dass nur eine kurze Stelle im Original mit optionalen deutschen Untertiteln zu sehen ist. Von dieser Stelle habe ich übrigens zwei Screenshots beigefügt, weil diese die Quintessenz des Films meiner Meinung nach gut auf den Punkt bringen. Zusätzlich ist auch der Originalton an Bord, allerdings ohne Untertitel.

Als Extra gibt es noch den alten deutschen Video-Trailer und eine Trailershow, wobei es sich hier ebenfalls um die alten deutschen Video-Trailer handelt: Blue Tiger – American Yakuza 2, Blood Chase – Kickboxer Cop, Masterblaster, Purgatory, Omega Cop, Street Corner Justice. Es ist noch eine Fehlauflage dieser DVD im Umlauf. Hier wurde aber lediglich das Cover vertauscht. So gibt es Animal Protector auch mit dem Cover von Master Blaster. Die genannten Titel aus der Trailershow sind ebenfalls von CARGO RECORDS erhältlich.

Trailer:

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