„Hallo, hier spricht Edgar Wallace sein Nachbar!“. Es ist schon sage und schreibe 17 Jahre her, dass sich das Humoristen-Trio, bestehend aus Oliver Kalkofe, Bastian Pastewka und Oliver Welke, die altehrwürdigen Edgar-Wallace-Filme zu Brust nahm, um ihnen mit einer liebevollen Parodie Tribut zu zollen. DER WIXXER (2004) kombiniert klassisch deutschen Blödel-Slapstick mit zahlreichen Zitate-Gags und einem enormen Star-Aufgebot. Turbine Media Group haben die Komödie nun im schicken Mediabook veröffentlicht, das sich Fans, die nicht mehr in den Genuss der vergriffenen „Wixx-Box“ gekommen sind, nun bedenkenlos ins Regal stellen können. Was die Edition bietet und ob der Film heute noch zu Gefallen weiß, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Drehbuch: Oliver Kalkofe, Bastian, Pastewka, Oliver Welke

Regie: Tobi Baumann

Darsteller: Oliver Kalkofe, Bastian Pastewka, Tanja Wenzel, Anke Engelke, Olli Dietrich, Thomas Fritsch, Christoph Maria Herbst, Lars Rudolph, Wolfgang Völz, Oliver Welke, Eva Ebner…

Artikel von Christopher Feldmann

Wer bereits in unserer Edgar-Wallace-Retrospektive gestöbert hat, wird mit Sicherheit um die Bedeutung und den Kult-Status der erfolgreichen Pulp-Krimi-Reihe Bescheid wissen. Auch Satiriker Oliver Kalkofe ist ein bekennender Fan der Filme, weshalb er sich einst aufmachte, diesem deutschen Kino-Phänomen ein Denkmal zu setzen, zumindest im Radio. Gemeinsam mit Heute-Show-Moderator Oliver Welke brachten sie DER WIXXER als fortlaufende Krimiserie in die Radio-Comedyshow FRÜHSTYXRADIO, für deren musikalische Untermalung die Original-Musiken von Peter Thomas genutzt wurden und deren Inhalt die Plot-Points und Figuren aus den Wallace-Krimis persiflierte. Angespornt durch den nachhallenden Erfolg der Originale im deutschen Fernsehen, reifte die Idee zu einem Kinofilm. Es sollten noch ein paar Jahre vergehen und erst mit dem bombastischen Zuschauerinteresse an DER SCHUH DES MANITU (2001), der sich auf die beliebten Karl-May-Verfilmungen aus den 1960ern Jahren (die zweite große Kino-Serie neben Edgar Wallace) bezieht, bekamen Kalkofe und Co. grünes Licht für ihr Projekt. Im Jahr 2004 feierte DER WIXXER schließlich Premiere und avancierte zur beliebten Komödie, über die nicht nur das jüngere Publikum lachen konnte, sondern bei der auch die älteren Wallace-Fans durch zahlreiche Anspielungen und Insider-Gags auf ihre Kosten kamen. Auch ich hatte damals großen Spaß im Kino, muss aber nach 17 Jahren und einem deutlich gereifteren Blick auch zugeben, dass die Krimi-Klamotte einige Federn gelassen hat.

Handlung:

Der Wixxer hält London in Atem. Der maskierte Verbrecher hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Unterwelt der Stadt zu übernehmen und schaltet nach und nach etablierte Schurken wie den Mönch mit der Peitsche aus, was von dem ostdeutschen Ehepaar Dieter (Olli Dietrich) und Doris Dubinsky (Anke Engelke) beobachtet wird. Als Letztere plötzlich spurlos vor den Toren von Blackwhite Castle verschwindet, wendet sich der orientierungslose Ehemann an Scotland Yard. Sir John (Wolfgang Völz) beauftragt Chief Inspektor Even Longer (Oliver Kalkofe) mit dem Fall, der selbst noch eine Rechnung mit dem Wixxer offen hat, hat der doch Longers Partner Rather Short (Thomas Heinze) auf dem Gewissen. Ihm wird in Form von Inspektor Very Long (Bastian Pastewka), der personifizierten Frohnatur, ein neuer Partner zur Seite gestellt, was dem deutlich abgewrackten Ermittler so gar nicht schmeckt. Eine Spur führt das ungleiche Duo nach Blackwhite Castle, wo sich der zwielichtige Earl of Cockwood (Thomas Fritsch) der Mopszucht widmet, insgeheim aber dem Schmuggel von Girl Groups frönt. Wer steckt aber tatsächlich hinter der Maske des Wixxers?

Als DER WIXXER damals ins Kino kam war ich Feuer und Flamme, gerade weil ich zu dieser Zeit, im zarten Alter von 11 Jahren, bereits großer Fan der klassischen Edgar-Wallace-Filme war, die ich mit Begeisterung bei ihren zahlreichen TV-Wiederholungen verfolgte. Aus heutiger Sicht war die Parodie auch schon damals die einzige Form, mit der man sich den bewusst überzogenen Krimis der 1960er Jahre widmen konnte, denn selbst bemühte Versuche diese eigenwillige Form des deutschen Nachkriegskinos für ein modernes Publikum attraktiv zu machen, waren zum Scheitern verurteilt, man betrachte sich nur die von RTL und Rialto Film produzierten Fernseh-Specials aus den 1990er Jahren, die selbst den Sender so unterwältigten, dass einige in den Giftschrank wanderten und erst Jahre später versendet wurden. Der Ansatz von Kalkofe, Pastewka und Welke war somit genau richtig, nämlich eine Parodie, die mit zahlreichen Referenzen den alten Klassikern Tribut zollt aber auch die oftmals konstruierten Plot-Points, Klischees und Albernheiten ad absurdum führt. Man merkt dem Film zu jeder Sekunde an, dass hier echte Fans am Werk waren, die auch ein gewisses Wissen mit einfließen ließen und nicht nur windige Produzenten, die des Geldes wegen nochmal eine alte Marke geritten hätten. So kann sich DER WIXXER zumindest damit rühmen, neben allerlei Kalauern auch als wohlige Nostalgie-Veranstaltung zu funktionieren.

Natürlich ist die Handlung großer Quatsch, steht aber mit der Frage, wer denn nun hinter der Maske des Wixxers steckt, ganz in der Tradition der Vorlagen. So finden sich auch hier zahlreiche Verdächtige, nebelige London-Szenen (die in Prag gedreht wurden), ein unheimliches Schloss und eine junge Erbin, die von dem zu erwartenden Geldsegen natürlich noch nichts weiß. Alles Elemente, die in jedem guten Wallace-Krimi auch so ihren Platz finden würden, weshalb man auch stets das Gefühl hat, dass die Macher die Filme nicht nur gesehen haben, sondern diese und die Art und Weise wie sie funktionieren, sehr gut kennen. So gehören die zahlreichen Anspielungen wie etwa der Hund von Blackwhite Castle, in Anlehnung an DER HUND VON BLACKWOOD CASTLE (1968), der senile Sir John, der ganz in der Tradition des legendären Siegfried Schürenberg steht, sowie das ungleiche Ermittler-Duo (Very Long ist sehr offensichtlich von Eddi Arents Auftritten als Assistent des Ermittlers inspiriert). Auch das Verwenden von Schwarz-Weiß (Blackwhite Castle ist das älteste Schloss in England, so alt, das es dort noch keine Farbe gibt) ist eine ehrfürchtige Verbeugung vor den Originalen. Zwar muss man in Kauf nehmen, dass die Produktion sichtbar wenig Budget zur Verfügung hatte und die Macher versucht haben, das Beste herauszuholen, nichts desto trotz hat DER WIXXER einfach genug Charme und Liebe zum Detail, dass ich ihm mit wesentlich mehr Wohlwollen gegenüberstehe als den meisten anderen deutschsprachigen Komödien der letzten 20 Jahre.

Trotzdem zündet hier bei Weitem nicht jeder Gag. Dass ein Film, der sich deutlich an ein Mainstream-Publikum richtet, nicht davon leben kann, nur Insider-Jokes abzufeuern und Zitate zu bringen, sondern auch dafür sorgen muss, dass unkundige Zuschauer ebenfalls auf ihre Kosten kommen, dürfte klar sein. Das sind dann aber auch die größten Schwachpunkte, denn über die zahlreichen Slapstick-Szenen kann ich heute kaum noch lachen. Gerade wenn immer wieder infantiler Blödsinn Einzug hält, rollen sich mir die Fußnägel hoch. Sei es das Aufblasen eines Mopses, die Verfolgungsjagd mittels Fahrrad oder zahlreiche popkulturelle Blödeleien, DER WIXXER hat auch einige Rohrkrepierer zu bieten, die mehr zum fremdschämen einladen, als zum beherzten Lachen. Da ist es schon fast überraschend, dass die meisten Wortspiele und gesprochenen Albernheiten wesentlich besser funktionieren. Das beginnt schon bei den Namen der Protagonisten wie Very Long, Even Longer, Miss Pennymarket, Rather Short, Earl of Cockwood oder Miss Drycunt und zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. Wenn Long ein Verhör mit Cockwood durchführt und dabei Kekse mampft, könnte ich mich heute noch totlachen. Auch das Treffen der Superschurken, bei dem u.a. die Wildecker Herzbuben als „Bande des Schreckens“ zu sehen sind, treibt mir immer noch ein fettes Grinsen ins Gesicht. Das Spiel mit den Stereotypen der Originale funktioniert weit besser, als der abgedroschene Blödel-Humor und man merkt deutlich, dass die Autoren mehr Spaß an Ersterem hatten. Wer schlussendlich hinter dem Kostüm des Wixxers steckt, ist ja schlussendlich auch egal, denn es ist natürlich total absurd. Daran kann man Spaß haben oder auch nicht.

Die größte Stärke ist aber der fulminante Cast. Bei der Dichte an Prominenz, die allesamt viel Spielfreude an den Tag legen, muss man leider sagen, dass Oliver Kalkofe die mit Abstand schlechteste Performance abliefert. So gern ich ihn auch in KALKOFES MATTSCHEIBE und anderen Formaten wie SCHLEFAZ sehe, als Schauspieler in einem Kinofilm taugt er nicht sonderlich viel. Das bügeln die Kollegen jedoch ganz gut aus. Pastewka als Eddi-Arent-Verschnitt ist brillant, allein seine Mimik ist pures Gold und immer einen Lacher wert. Anke Engelke und Olli Dietrich vereinen zwar jedes Klischee des Ostens, sind zusammen aber auch amüsant. Groß auftrumpfen kann hingegen der kürzlich verstorbene Thomas Fritsch, der mit einer großartigen Ironie den fiesen Earl of Cockwood gibt und dessen Stimme allein schon für jeden nicht so guten Gag entschädigt. Tanja Wenzel spielt hier genau die Rolle, die man auch in einem der originalen Wallace-Filme vorfinden würde, während Christoph Maria Herbst als Butler Alfons Hätler inzwischen Kultstatus erlangt hat. Ich hatte mal das große Vergnügen ihn bei einer Lesung aus dem Buch ER IST WIEDER DA (2015) erleben zu dürfen, bei der er auch mit diesem Duktus aufgetreten ist, einfach herrlich und immer wieder witzig. Auch Lars Rudolph gibt perfekt den Kinski-Klon. Darüber hinaus geben sich noch bekannte Gesichter wie Antoine Monot Jr., Günther Jauch und Achim Menzel in kleinen Auftritten die Ehre. Aber auch die alte Garde wurde noch einmal aktiviert. Mit Wolfgang Völz als Sir John und Grit Boettcher als Kellnerin geben sich gleich zwei Darsteller, die bereits in den alten Wallace-Krimis spielen durften, die Ehre. Mit Eva Ebner konnte man sogar die Frau ins Boot holen, die jahrelang als Regieassistentin von Alfred Vohrer fungiert hatte und an der Entstehung zahlreicher Filme aktiv beteiligt war.

Turbine Media Group haben bereits beide WIXXER-Filme in einer ultimativen WIXX-BOX veröffentlicht, nun gibt es auch die einzelnen Mediabooks beider Teile im Handel und diese sind ein echtes Highlight für Fans. Allein das, im Retro-Stil gestaltete, Cover, welches an die alten Kinoplakate der Wallace-Filme angelehnt ist, ist ein echter Hingucker. Innerhalb der WIXX-BOX feierte DER WIXXER seine HD-Premiere und diese ist, wie vom Label gewohnt, sehr gelungen. Bild- und Tonqualität sind erste Sahne und auch die Extras können sich wirklich sehen lassen. Neben zwei Audiokommentaren (einer mit Kalkofe, Welke und Pastewka und einer mit Regisseur Tobi Baumann und Produzent Christian Becker) auf der ersten Disc gibt es auch noch eine Bonus-Blu-ray, die mit Making-Ofs, Musikvideos, Outtakes und Deleted Scenes aufwartet. Herzstück ist darin zweifellos das über zwei Stunden lange Edgar-Wallace-Special von Pantoffelkino, in dem Oliver Kalkofe mit den Moderatoren über die Original-Reihe spricht. Ebenfalls mit dabei ist mein geschätzter Kollege Christian Jürs, der sich nun damit rühmen kann, im Bonusmaterial einer großen Veröffentlichung aufzutauchen, herzlichen Glückwunsch. Abgerundet wird das Paket von einem 35-seitigen Booklet von Michael Scholten, das viele Anekdoten und Hintergrundinformationen parat hat. Wer bei der großen Box zu langsam war, sollte hier zugreifen!

Fazit:

DER WIXXER (2004) ist bewährte deutsche Comedy, die sich die wohl erfolgreichste und nachhaltigste Filmreihe des deutschen Nachkriegskinos zur Brust nimmt. Dies geschieht allerdings mit viel Liebe zu den Originalen und kann fast schon als humorvolle Hommage, beziehungsweise Liebeserklärung verstanden werden. So funktionieren die Insider-Gags, die Zitate und der wirklich gute Wortwitz immer noch am besten, während der Kalauer-Slapstick allerdings arg flach daherkommt. So ist die Wallace-Parodie sicher kein Meisterstück aber im Rahmen der damaligen Gegebenheiten immer noch unterhaltsam genug, um kurzweiligen Spaß zu bereiten. Für Edgar-Wallace-Fans sicher besser als für unwissende Zuschauer. Zum Glück hat das Konzept bei der Fortsetzung NEUES VOM WIXXER (2007) besser funktioniert, damit beschäftigen wir uns aber an anderer Stelle.

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