Die 1980er Jahre waren das goldene Zeitalter des Actionfilms. Eine Ära, in der der Unterhaltungsfaktor noch daran gemessen wurde, wer für die fettesten Explosionen sorgte oder die größten Maschinengewehre und dicksten Muskeln besaß. Oliver Harpers Dokumentation IN SEARCH OF THE LAST ACTION HEROES (2019) bietet einen interessanten und unterhaltsamen Rückblick auf die Zeiten der filmischen Ein-Mann-Armeen, der großen Blockbuster und der Videotheken-Helden, die die Jugend eines jeden Genrefans versüßten. Studio Hamburg hat das über Crowdfunding finanzierte Projekt nun hierzulande im Heimkino veröffentlicht und ob es einen Pflichtkauf darstellt, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: In Search of the Last Action Heroes

Drehbuch: Oliver Harper, Timon Singh

Regie: Oliver Harper

Interviewgäste: Steven E. de Souza, Mark L. Lester, Mario Kassar, Paul Verhoeven, Sheldon Lettich, Matthias Hues, Cynthia Rothrock, Eric Roberts, Michael Jai White, Scott Adkins, Brian Tyler, Shane Black, Ronny Cox, Sam Firstenberg, Mark Goldbaltt…

Artikel von Christopher Feldmann

Wer in den 1980er Jahren aufgewachsen ist oder zumindest schon ein jugendliches Alter erreicht hatte, kam um den zeitgenössischen Actionfilm kaum herum. Und noch heute ist die Lust am Spektakel auf der Leinwand ungebrochen, auch wenn sich das Genre maßgeblich verändert hat. Schauwerte wie Explosionen, Shootouts, Körperkämpfe und Verfolgungsjagden haben Tradition und begeistern noch heute zahlreiche Kinogänger und Filmfans. Es waren die Zeiten der muskelbepackten Helden, der hohen Body-Counts und der knallharten Zurschaustellung von Gewalt, oft verpackt in großen Bildern, die über die Leinwände oder über den heimischen Bildschirm flimmerten. Action hatte Hochkonjunktur und prägte eine ganze Generation von Filmemachern und Schauspielern, die zu Ikonen ihres eigenen Kosmos wurden. Auch Oliver Harper ist großer Fan der Action-Kultur, weshalb er sich mittels Kickstarter-Kampagne aufmachte, um eine abendfüllende Dokumentation zu produzieren, die nicht nur einen interessanten Streifzug durch das Genre, mitsamt seinen Sub-Kategorien, unternimmt, sondern auch ein Loblied auf das Kino vergangener Tage anstimmt, in der noch handgemachte Effekte und unmöglich erscheinende Stunts für Furore sorgten.

Das Schöne an IN SEARCH OF THE LAST ACTION HEROES (2019) ist, dass man sich nicht nur einen oberflächlichen Abriss der Highlights zu sehen bekommt, sondern sich darum bemüht, allen Facetten des Genres gerecht zu werden, immerhin ist der klassische Actionfilm eine Entwicklung aus bereits etablierten Motiven, die schon in den 1960er und 1970er Jahren zu sehen waren. Seien es die klassischen Western mit John Wayne und Co., die spannende Duelle unter heißer Sonne inszenierten, Cop-Thriller wie BULLITT (1968), DIRTY HARRY (1971) und THE FRENCH CONNECTION (1971), in denen spektakuläre Verfolgungsjagden zu sehen waren oder Martial-Arts-Klassiker wie DER MANN MIT DER TODESKRALLE (1973) aus Fernost, die den späteren Körperkult und die Begeisterung für choreographierte Kämpfe vorbereiteten. Auch die James-Bond-Filme waren bildeten einen großen Einfluss auf spätere Kassenerfolge. All dies kulminierte in den 1980er Jahren und ergab ein klassisches, vornehmlich in den USA produziertes Genre, das jahrelang erfolgreich Kinos wie auch Videotheken bediente.

Oliver Harper legt seine Dokumentation recht chronologisch an und beschäftigt sich mit der Entstehungsgeschichte und den einzelnen Tropen des Genres, bevor peu á peu auf den Werdegang eingegangen wird. Hierfür gibt es Filmausschnitte aus zahlreichen Klassikern zu sehen, wie etwa RAMBO – FIRST BLOOD (1982), MAD MAX 2 (1981) oder JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES (1981), die quasi die Initialzündung bildeten. Was darauf folgt ist ein sehenswerter Reigen aus Anekdoten, Produktionsnotizen, spannenden Insider-Infos, die von Ausschnitten und Behind-the-Scenes-Aufnahmen unterfüttert werden. Für seine Doku hat Harper eine Reihe veritabler Stars vor die Kamera locken können. Zwar müssen Fans auf große Namen wie Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger und Co. verzichten, dafür geben sich eine Reihe bekannter Mimen aus der zweiten Reihe die Ehre, die den klassischen Actionfilm entweder noch aktiv miterlebt haben oder zumindest davon entscheidend geprägt wurden. So kommen Scott Adkins, Michael Jai White, Eric Roberts, Phillip Rhee und Vernon Wells ebenso zu Wort wie Kampfsport-Ikone Cynthia Rothrock, Deutschlands B-Movie-Export Matthias Hues, Bill Duke, Ronny Cox oder Nebendarsteller Al Leong, der in zahlreichen Filmen dieser Zeit zu sehen war.

Die interessantesten Anekdoten kommen allerdings von jenen Menschen, die hinter der Kamera zu finden waren. So gilt es vielen schönen und aufschlussreichen Geschichten, etwa von Carolco-Chef Mario Kassar, den Drehbuchautoren Shane Black, Steven E. de Souza und James Bruner, als auch den Komponisten Brian Tyler und Brad Fiedel oder auch Cutter Mark Goldblatt zu lauschen. Regisseure wie Mark L. Lester, Sam Firstenberg, Sheldon Lettich oder Paul Verhoeven komplettieren die Riege aus Interviewgästen, die im bekannten Talking-Heads-Stil durch die goldenen Jahre führen. Auch der Niedergang der großen Actionhelden Ende der 1980er Jahre wird ebenso thematisiert, wie das Aufblühen des Durchschnittstypen in Filmen wie STIRB LANGSAM (1988) als neue Identifikationsfigur für das Publikum, der Rückkehr des Kampfsports durch Schauspieler und Kampfsportler wie Jean-Claude van Damme, Dolph Lundgren und Cynthia Rothrock, die Beliebtheit des Buddy-Movies alá LETHAL WEAPON (1987), als auch die Welle der Hongkong-Actioner von John Woo.

IN SEARCH OF THE LAST ACTION HEROES schneidet viele Themen an, geht aber selten wirklich in die Tiefe und das trotz stolzer Laufzeit von gut 140 Minuten. Die Dokumentation ist dermaßen vollgepackt mit Material, dass man gar nicht die Zeit hat, gewisse Dinge näher zu beleuchten, etwa das Thema „Frauen als Heldenfigur“ oder auch die Direct-to-Video-Kultur mit ihren Low-Budget-Produktionen. Diese Punkte werden allenfalls kurz gestreift aber eben nie vertieft. Harper springt zwischen Interviews und Ausschnitten zu unterschiedlichen Themen hin und her wie ein Flummi, was zwar den Unterhaltungswert nicht schmälert aber oft auch dafür sorgt, dass Vieles zu oberflächlich abgehandelt wird. Interessant ist zumindest noch die Tatsache, dass man sich auch mit dem Niedergang des klassischen Actionfilms in den 1990er Jahren beschäftigt, in der Spezialeffekte die Stars des Genres immer mehr verdrängten und man sich dazu entschloss, prominente Hollywood-Stars wie Keanu Reeves, Nicolas Cage, John Travolta und viele andere zu besetzen und die fehlenden Voraussetzungen durch digitale Tricks und Stuntmen zu kaschieren. Zwar hastet man dann schnell noch durch die Stationen der letzten 20 Jahre aber am Ende ist das Ganze eher ein nostalgischer Trip für Fans, die gerne in alten Zeiten schwelgen.

Studio Hamburg hat sich der bereits 2019 veröffentlichten Doku angenommen und sie nun als Blu-ray, DVD und Video on Demand veröffentlicht. Extras gibt es selbstredend keine, ist das Ganze doch ein einziges Extra für Filmfans und Sammler.

Fazit:

IN SEARCH OF THE LAST ACTION HEROES (2019) ist ein absoluter Pflichtkauf für Actionfans. Echte Kenner werden vermutlich nicht allzu viel neue Informationen erhalten, als nostalgische Retrospektive taugt die Dokumentation aber allemal, vor allem weil am Ende wirklich Bock hat, einen der ausschnittsweise gezeigten Kracher mal wieder in den Player zu werfen!

Christopher auf Letterboxd – Your Life in Film folgen

Zurück zur Startseite