Endlich wieder Kino! Nach monatelanger Durststrecke öffnen kommenden Monat wieder flächendeckend die deutschen Lichtspielhäuser und es gibt einiges an liegengebliebenen Filmen nachzuholen, zum Beispiel das biografische Drama PERCY (2020), in dem sich Oscar-Preisträger Christopher Walken als alteingesessener Farmer mit einem Saatgut-Konzern anlegt. MFA Film bringt das vielversprechende Werk nun auf die große Leinwand und wir verraten euch, ob sich das Kinoticket auch lohnt.

Originaltitel: Percy vs. Goliath

Drehbuch: Garfield Lindsay Miller, Hilary Pryor

Regie: Clark Johnson

Darsteller: Christopher Walken, Roberta Maxwell, Zach Braff, Christina Ricci, Adam Beach, Luke Kirby…

Artikel von Christopher Feldmann

Es gibt zahlreiche Geschichten, die in Hollywood immer gerne gesehen werden. Besonders das Thema des kleinen Mannes, der sich gegen eine Übermacht behauptet, ist stets eine verlässliche Grundlage für einen packenden Stoff, der die Zuschauer im Idealfall emotional abholt. Die Geschichte des kanadischen Farmers Percy Schmeiser (1931-2020) ist daher prädestiniert für eine Adaption. Schmeiser war ein einfacher Landwirt, dessen Familie bereits seit Generationen in der Provinz Saskatchewan Raps anbaute. 1998 kam es zu einem aufsehenerregenden Rechtsstreit zwischen ihm und dem Saatgut-Konzern Monsanto. Schmeiser, der als sogenannter „Seed Saver“ bekannt war, da er Samen der letzten Ernte isolierte, um sie wieder zu verwenden, wurde vorgeworfen, von Monsanto genetisch veränderte Rapsamen ohne Lizenz gesät zu haben. Es folgte ein jahrelanges Verfahren, welches Landwirte auf der ganzen Welt anspornte, sich gegen die starke Regulierung durch große Konzerne aufzulehnen. Der perfekte Aufhänger für ein packendes Drama, das im Original passenderweise den Titel PERCY VS. GOLIATH trägt, mit einer sehr guten Besetzung. Doch schlussendlich machen gut aufspielende Stars noch lange keinen „guten“ Film aus, denn auch wenn PERCY die Grundanforderungen bedient, so richtig begeistern kann er nicht.

Handlung:

Der Kleinbauer Percy Schmeiser (Christopher Walken) hat ein wirklich großes Problem, denn der riesige Landwirtschafts-Konzern Monsanto verklagt den älteren Herrn auf eine große Schadensersatzsumme, weil dieser angeblich patentiertes genmanipuliertes Saatgut verwendet, für dessen Nutzung er eigentlich eine gehörige Summe auf den Tisch blättern müsste. Doch Percy weigert sich, die geforderte Summe zu zahlen, denn er hat keine Ahnung, wie das Monsanto-Saatgut auf sein Feld gelangt ist und sieht auch nicht ein, warum er es nicht nutzen darf. Obwohl sich der Konzern bemüht, den kleinen Bauern mit Einschüchterungsversuchen zu überzeugen einfach nachzugeben, zieht dieser mit Hilfe des Kleinstadt-Anwalts Jackson Weaver (Zach Braff) vor Gericht. Und immer, wenn es so scheint, als würde Monsanto den Kleinkrieg gewinnen, geht Percy Schmeiser noch einen Schritt weiter, bis die ganze Auseinandersetzung schließlich vor dem Obersten Gerichtshof landet, wo sie weltweit von interessierten Augen verfolgt wird.

PERCY ist der der klassische Stoff, aus dem große Geschichten entstehen. Das „David vs. Goliath„-Prinzip seit jeher Hochkonjunktur in Hollywood. Man denke nur an Michael Manns Thriller THE INSIDER (1999), in dem Russell Crowe und Al Pacino gegen einen Tabakkonzern zu Felde ziehen oder auch an das noch junge Meisterwerk VERGIFTETE WAHRHEIT (2019), in dem Mark Ruffalo einem großen Chemiekonzern den Kampf ansagt, der seinen Giftmüll illegal in ländlichen Gebieten entsorgt. Es sind relativ einfache Strukturen, die in der richtigen Hand funktionieren. Der hier vorliegende Film bedient ebenso diesen Typus, ohne aber so wirklich mitreißen zu können.

Das liegt in erster Linie am recht gemütlichen Tempo und dem, trotz mehrerer Einschüchterungsversuche seitens Monsantos, ausbleibenden Konflikt. Ja, Schmeiser und der Konzern führten einen Rechtsstreit aber die Bedrohung wird nie so richtig spürbar, da der eigentliche Antagonist nie greifbar wirkt. Die Gegenseite tritt den ganzen Film über nur in Form von ein paar schmierigen Anwälten auf, denen keine Persönlichkeit verliehen wird, da sich ihre Screentime auf maximal fünf Minuten beschränkt. Der Film fokussiert sich mehr auf die Hauptfigur, deren ethische Grundsätze und Ängste in Bezug auf den Familienbetrieb. PERCY ist weniger ein wirklicher Gerichtskrimi, sondern mehr ein Charakterdrama, das schlussendlich aber erstaunlich oberflächlich bleibt. Trotz guter Ansätze wird Schmeiser selbst selten wirklich vertieft und vom Drehbuch als ehrlicher Farmer gezeichnet, der sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen will. Seine Beziehung zu seiner Familie und die Frage, warum er genmanipuliertes Saatgut wissentlich wiederverwendete bleiben leider nur wage, was darauf schließen lässt, dass man hier eine klare Gut-gegen-Böse-Thematik anstrebte, anstatt eines tiefgreifenden Portraits eines Mannes, der für die internationale Landwirtschaft zur Symbolfigur avanciert ist.

Im Grunde genommen kann man PERCY auch als Plädoyer für Nachhaltigkeit und „saubere“ Landwirtschaft sehen. Die großen Konzerne mit ihren behandelten Samen und ihrer angestrebten Regulierung des Marktes, ausgelegt auf Profit, ist ein echtes Problem in unserer Welt. Schmeisers Geschichte prangert dies auch immer wieder an und setzt sich für die Rechte unabhängiger Farmer ein. Auf dieser Ebene funktioniert der Film tatsächlich und ich habe mir gewünscht, man hätte dies noch weiter ausgebaut. Die Vorträge der Hauptfigur werden allerdings nur kurz angerissen und sind Hollywood-like aufgehübscht. Vieles wirkt arg heruntergebrochen und zu lange ausgewalzt, was dazu führt, dass sich die knapp zwei Stunden Laufzeit am Ende doch etwas in die Länge ziehen. Auch die Inszenierung von Regisseur Clark Johnson, der Filme wie S.W.A.T. – DIE SPEZIALEINHEIT (2003) inszeniert und auf dem Regiestuhl bei zahlreichen Episoden für TV-Serien gesessen hat, bleibt relativ fad. Die Drohnenflüge sind zwar hübsch anzusehen aber auch nichts besonderes, die Bilder eher kühl, passend zu der fehlenden emotionalen Komponente. Die Beziehung Schmeisers zu seiner Familie, insbesondere zu seinem Sohn und seiner Ehefrau bleibt durchgehend blass. Selbst der plötzliche Treppensturz von Mrs. Schmeiser hat keinen nennenswerten Mehrwert für die Handlung.

Am Ende richten es die gut aufgelegten Stars, die sich in PERCY tummeln. Christopher Walken ist nicht umsonst Oscar-Preisträger, meistert er die Rolle des mürrischen Farmers mit Bravour. Ihm nimmt man den Part vollends ab und auch SCRUBS-Hauptdarsteller Zach Braff macht als Provinzanwalt eine gute Figur. Lediglich Christina Riccis Figur Rebecca Salcau wirkt ab und an etwas unsympathisch in ihrem Drängen, Percy zum Symbolträger der Farmer aufzubauen. Die restliche Besetzung bleibt hingegen unterfordert. Roberta Maxwell hätte man mehr nutzen können und stellt sich als verschenktes Potenzial heraus, Adam Beach und Luke Kirby bekommen kaum etwas zu tun.

Fazit:

PERCY (2020) ist klassisches Hollywood-Kino, das eine wahre Geschichte etwas unzulänglich aufarbeitet. Zwar funktioniert das Drama als wehender Zeigefinger für die, von genmanipulierten Samen gezeichnete, Landwirtschaft, als tiefschürfendes Biopic oder auch spannender Gerichtskrimi lässt Clark Johnsons Film dann doch etwas zu viel Potenzial liegen und scheut die Ecken und Kanten. Letztendlich sorgen die guten Hauptdarsteller, allen voran Christopher Walken, dafür, dass man durchaus einen Blick riskieren kann, wenn auch vielleicht erst im Heimkino.

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