Es ist ja offiziell HURENWEEN, was bedeutet, dass nicht nur vermehrt Horrorfilme in unseren heimischen Playern landen, sondern auch hier diverse Streifen zum Gruselfest besprochen werden. DigiDreams Studios haben im Vertrieb der VZ-Handelsgesellschaft passenderweise die BASKET-CASE-Reihe in der „Classic Cult Collection“ neu aufgelegt, also der perfekte Anlass, um euch alle drei Teile mit dem hungrigen Monstrum aus dem Weidenkorb vorzustellen. Den Anfang macht natürlich BASKET CASE – DER UNHEIMLICHE ZWILLING (1982), der euch das perfekte Grindhouse-Feeling ins heimische Wohnzimmer bringt. Mehr dazu, gibt’s in unserer Kritik.

Originaltitel: Basket Case

Drehbuch & Regie: Frank Henenlotter

Darsteller: Kevin Van Hentenryck, Terri Susan Smith, Beverly Bonner, Robert Vogel, Diana Browne, Lloyd Pace…

Artikel von Christopher Feldmann

New York war in den 1970er und frühen 1980er Jahren das Epizentrum der Grindhouse-Kinos, die überwiegend ein Publikum der Arbeiterklasse ansprachen und sich dadurch auszeichneten, dass sie ihr Augenmerk auf kostengünstig produzierte B- und Exploitationfilme legten, die oft im Double- oder Triple-Feature, manchmal auch als All-Night-long-Vorstellung, gezeigt wurden. Aus dieser Bewegung und dem Verlangen nach einfacher Unterhaltung, entstanden viele Streifen, die meist im Horror-, Action- oder Sexploitation-Genre angesiedelt waren. Die prominenteste Adresse dürfte die 42nd Street sein, in der sich ein Filmtheater an das nächste reihte und am Big Apple berühmtberüchtigt war. Von dem bekannten Großstadtglanz heutiger Tage war in den frühen 1980er Jahren noch nicht viel zu sehen, stattdessen regierte der Schmuddel. Zwischen all den verruchten Kinos, die ein Erwachsenenpublikum bedienten, waren Sexshops, Bordelle, Drogendealer und Prostituierte zu finden. Dieses Bild der dreckigen Großstadt ist noch in einigen Filmen dieser Ära enthalten, am bekanntesten dürften Werke wie MANIAC (1980) oder THE EXTERMINATOR (1980) sein. Aber auch der schmal produzierte Low-Budget-Horrorfilm BASKET CASE – DER UNHEIMLICHE ZWILLING (1982), der nochmal ein letztes Aufbäumen dieser Subkultur darstellte, bevor diese von den Videotheken und Kabelsendern verdrängt wurde, präsentiert in voller Güte ein heruntergekommenes, schmieriges New York, als Dunstkreis einer kleinen, charmanten Horrorgeschichte.

Handlung:

Duane Bradley (Kevin Van Hentenryck) ist ein Junge vom Lande. Er bezieht ein Hotel in New York und hat nur einen alten Weidenkorb und seinen Rucksack dabei. In dem Korb versteckt sich sein grauenhaft von ihm getrennter und deformierter siamesischer Zwilling Belial. Duane ist auf der Suche nach einer Akte, aus der klar werden soll, wer für die Trennung der beiden Brüder zuständig war, um seinem Bruder endlich die Möglichkeit der Rache zu verschaffen. Als sich der unscheinbare Junge in die Arzthelferin Sharon (Terri Susan Smith) verliebt, erwacht in Belial die Eifersucht.

BASKET CASE ist eine Low-Budget-Produktion wie sie im Buche steht. Mit einem Budget von gerade einmal mickrigen 35.000 US-Dollar drehte der Do-It-Yourself-Filmemacher Frank Henenlotter seinen kleinen Horrorstreifen innerhalb eines Jahres über mehrere Wochenenden auf 16mm. Große Teile der Szenen sind improvisiert und Henenlotter arbeitete mit Laiendarstellern. Der Film bekam einen kleinen Kinostart, ging aber baden, weil der Verleih Gewaltszenen kürzte, zumindest laut Aussage des Regisseurs. Als jedoch die unzensierte Fassung später veröffentlicht wurde, entwickelte sich der absurde, unfreiwillig komische Monsterspaß zum Grindhouse-Hit und etablierte sich als beliebtes Midnight Movie, auch auf VHS avancierte der Streifen zum Hit.

Dass BASKET CASE die Mitternachtsvorstellungen in den schummrigen Kinos füllte, lag wohl in erster Linie daran, dass er als Gesamtpaket für das dort verkehrende Publikum wie gemacht erschien. Eine absurde aber interessante Handlung, ein creepy Monster, das in einem Weidenkorb lebt und etwas Gekröse, eingebettet in eine dreckige Atmosphäre und eine ganz eigene Tonalität. Ja, der Film atmet das damalige Exploitationkino durch jede Pore. Ein Kino, dass auch oft im Vorfeld mehr versprochen hat, als es die billigen Filmchen letzten Endes halten konnten. Bei Henenlotters zusammengeschusterten Low-Low-Budget-Kracher sieht die Sache aber anders aus. Im Gegensatz zu dem vielen Schrott, der damals durch die Projektoren der 42nd Street tingelte, liefert die kleine Rache/Familiengeschichte tatsächlich ab. Natürlich ist der Plot abstrus, immerhin handelt er von einem gutgläubigen Jungen, der seinen deformierten siamesischen Zwilling, der aussieht wie die fleischgewordene, hässliche Version von Slimer aus den GHOSTBUSTERS-Filmen, in einem Weidenkorb durch die Gegend trägt, damit dieser sich blutig an den Ärzten rächen kann, die beide damals getrennt und Belial beim Sondermüll abgeladen haben. Das ist doch der Stoff aus dem Grindhouse-Träume gemacht sind, richtig?

Tatsächlich funktioniert der Film weniger durch seine Horrorelemente, sondern mehr durch seine Zwischentöne. Das beginnt schon bei unserem Protagonisten Duane, der wohl die ambivalenteste Figur in einem Horrorfilm darstellt, wie ich sie selten gesehen habe. Auf der einen Seite unterstützt er Belial tatkräftig bei seinen Bluttaten und widmet sich ganz und gar dem Wohl seines klumpigen Anhängsels, auf der anderen ist er aber auch ein durchaus sympathisches Kerlchen, dem man abnimmt, dass er es manchmal einfach nicht besser weiß. Im Verlauf des Films lernt er dazu und muss am Ende ebenso einsehen, dass er falsch gehandelt hat und dass das Leben mehr bietet, als sich nur um seinen Bruder zu kümmern, der wiederum Duane vereinnahmt. Durch dessen aufkeimende Gefühle für die Arzthelferin Sharon, deren Chef von Belial massakriert wird, wird die Beziehung zwischen den Beiden auf eine harte Probe gestellt.

Es ist aber auch die ganze Subkultur, die das Interesse des geneigten Zuschauers weckt. Die meiste Zeit spielt BASKET CASE in einem heruntergekommenen Modell. das ausschließlich von weirden Figuren bewohnt wird, die alle irgendwie Außenseiter sind und ihre ganz eigenen Charakterzüge mitbringen. Duane und Belial passen eigentlich hervorragend in diese Umgebung voller Ausgestoßener, was dem Film eine ganz eigene Note verpasst, vor allem weil die „Schauspieler“ konsequent overacten, was nur noch stärker erkennen lässt, dass hier ausschließlich Laien am Werk waren. Auch das eingefangene New York überzeugt mit seinem Schmutz und den grobkörnigen Bildern von aneinandergereihten Kinos und feixenden Dealern.

Für die Tatsache, dass Henenlotter hier mit Mikro-Budget auskommen musste, kann sich das Ergebnis wirklich sehen lassen. Besonders putzig sind die 4-Frames-pro-Sekunde Stop-Motion-Animationen, mit denen Belial zum Leben erweckt wurde. Auch die Killszenen sind drollig getrickst, überzeugen aber im Schlussbild mit ordentlich Gematsche, wie etwa der in zwei Hälften geteilte Arzt. Das macht durchweg Laune, auch weil der Humor hier nicht zu kurz kommt, vor allem in den Szenen, in denen Duane seinen Bruder füttern muss oder versucht mit Fernsehen zu beschäftigen. Aus heutiger Sicht ist BASKET CASE natürlich nicht unbedingt gruselig aber in seiner charmanten Guerilla-Art verdammt unterhaltsam.

Über VZ Handelsgesellschaft haben DigiDreams Studios nun eine Neuauflage der Blu-ray im Keep-Case veröffentlicht. Es stehen zwei Versionen des Films zur Auswahl, eine 16:9-Fassung, sowie eine 4:3-Variante von einem 4K-Master. Beide Versionen punkten mit guter Bild- und Tonqualität, wobei die Unterschiede relativ marginal erscheinen, weswegen ich zur ersteren tendieren würde. Als Bonus gibt es zwei Audiokommentare und A BASKET CASE STUDY, ein etwa halbstündiges Featurette mit Regisseur Frank Henenlotter, der über den Film und die Entstehungsgeschichte plaudert.

Fazit:

BASKET CASE (1982) ist ein echter Grindhouse-Klassiker. Schmutzig, absurd, unfreiwillig komisch aber im höchsten Maße charmant und unterhaltsam. Wer sich gerne mit günstig produzierten Genrefilmen aus der guten alten Zeit beschäftigt, wird mit diesem Streifen definitiv zufrieden sein.

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