Bevor der in Stuttgart geborene Regisseur Roland Emmerich zum Maestro des effektlastigen Katastrophenfilms avancierte, verdiente er sich seine Sporen mit klassischer Science-Fiction-Kost. Sein wohl nachhaltigstes Frühwerk dürfte dabei wohl STARGATE (1994) sein, auf dem immerhin mehrere Fernsehserien basieren. Koch Films spendierten dem Wurmloch-Abenteuer kürzlich eine prachtvolle Mediabook-Veröffentlichung, die neben der Kinofassung auch den Director’s Cut in frischem HD-Bild präsentiert. Ob der Kampf um einen Wüstenplaneten mit Kurt Russell und James Spader nach über 25 Jahren noch überzeugen kann, verraten wir euch in unserer Kritik.

Originaltitel: Stargate

Drehbuch: Dean Devlin, Roland Emmerich

Regie: Roland Emmerich

Darsteller: Kurt Russell, James Spader, Jaye Davidson, Viveca Lindfors, Alexis Cruz, John Diehl, Djimon Hounsou…

Artikel von Christopher Feldmann

Zugegeben, ich hatte die große Berührungspunkte mit dem STARGATE-Franchise und das, obwohl der Titel in meiner Jugend stets präsent war. Ich wuchs in einer Zeit auf, in der das Fernsehen noch nicht vollständig von Scripted-Reality-Formaten überflutet wurde und somit noch regelmäßig mehr oder weniger gute Serien im Nachmittags- und Abendprogramm geboten wurden. Dabei war STARGATE immer eine Begleiterscheinung, hatte der Privatsender RTL II doch anscheinend sämtliche Lizenzen rund um das Galaxien übergreifende Sternentor für sich beansprucht. So liefen in gefühlter Dauerschleife STARGATE – KOMMANDO SG-1 (1997-2007), STARGATE ATLANTIS (2004-2008) und später auch noch der dritte Ableger STARGATE UNIVERSE (2009-2011), der aber wesentlich kurzlebiger ausfiel als die beiden vorangegangenen Formate. Ich hatte nie großes Interesse an diesen Serien, wenngleich mir die Nummer mit den Portalen natürlich geläufig war. Das dürfte auch erklären, warum ich erst relativ spät realisierte, dass das Ganze auf einem Kinofilm basiert, der bereits ein paar Jahre auf dem Buckel hatte und sogar von unserem Hollywood-Export Roland Emmerich inszeniert wurde, der ja bereits zwei Jahre zuvor mit UNIVERSAL SOLDIER (1992) einen Hit landen konnte, in dem sich die damaligen Action-Heroes Jean-Claude van Damme und Dolph Lundgren gegenseitig auf die Rübe zimmerten. Der Erfolg wird vermutlich auch der Grund gewesen sein, warum Carolco Pictures 55 Millionen US-Dollar locker machte, um einen doch eher sperrigen Science-Fiction-Film wie diesen hier zu finanzieren. Die Rechnung ging mit knapp 200 Millionen US-Dollar Einspiel zwar auf, ein visionäres Meisterwerk verbirgt sich dahinter jedoch nicht.

Handlung:

Bei Ausgrabungsarbeiten in der Nähe der Pyramiden von Gizeh findet 1928 ein Archäologe rätselhafte Steinplatten, die mit fremdartigen Hieroglyphen übersät sind. Unter den Platten kommt etwas Erstaunliches hervor. Ein metallischer Ring mit einem Durchmesser von fast zehn Metern. Bald findet er heraus, dass dieser Ring weder aus der Vergangenheit noch aus Ägypten stammt. 65 Jahre später wird der junge Ägyptologe Daniel Jackson (James Spader), der mit seinen radikalen Thesen über die Ursprünge der ägyptischen Kultur von seinen Kollegen nur Spott und Verachtung erntet, von einem hochrangigen Soldaten aufgesucht. Colonel Jack O’Neill (Kurt Russell) engagiert ihn für ein streng geheimes Projekt der US-Regierung. Daniel soll die Zeichen auf dem mysteriösen Ring entschlüsseln, der seit seiner Entdeckung streng von der Regierung unter Verschluss gehalten wurde. Catherine Langford (Viveca Lindfors), die Tochter des Archäologen, der einst die geheimen Funde entdeckte, ist überzeugt, dass Daniel der einzige ist, der die Geheimnisse der Hieroglyphen entschlüsseln kann. Daniel macht sich an die Arbeit und es gelingt ihm tatsächlich das Rätsel zu lösen. Was er herausfindet ist unglaublich. Es handelt sich um ein Tor, ein funktionstüchtiges Stargate, das die Verbindung zu einem zweiten Stargate in einer anderen, unbekannten Welt herstellt. Gemeinsam mit Colonel O’Neill, der die Mission leitet, und den besten vier Männern aus dessen Spezialeinheit, wagt Daniel den Schritt durch das Stargate. Als sie das andere Ende des Sternentores passieren, finden sie sich in einer zehn Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie wieder, in einer unvorstellbaren, andersartigen Welt.

Es ist schon ungewöhnlich, einen Film von Roland Emmerich zu schauen, in dem weder die Welt untergeht, noch Materialschlachten das Zentrum des Geschehens bilden. Für seine Verhältnisse hat der Schwabe hier einen wirklich ambitionierten Science-Fiction-Film abgeliefert, der mehr Zeit darauf verwendet, sich alten Mythologien und dem Erforschen von fremden Galaxien zu widmen. Man könnte stellenweise behaupten, Emmerich hatte hier sein persönliches DUNE vor Augen, als er gemeinsam mit seinem Spießgesellen Dean Devlin das Drehbuch schrieb. Herausgekommen ist ein zumindest interessanter Versuch, das Tor zu neuen Welten aufzustoßen, was in Kombination mit der ägyptischen Mythologie wahrscheinlich eine frische Idee war. Das „Stargate“, als Portal in andere Galaxien oder auch Universen, bietet eben reichlich kreativen Spielraum, den, zumindest in meiner Wahrnehmung, die nachfolgenden Serien für sich nutzten.

Allerdings ist STARGATE trotz seiner guten Ansätze ein sehr behäbiger Film, der sehr viel Zeit benötigt, um in die Gänge zu kommen. Bis unsere Protagonisten den Wüstenplaneten erreichen und ein wirklich nennenswerter Konflikt entsteht, haben wir mehr als die Hälfte der Laufzeit bereits hinter uns gebracht, die größtenteils daraus besteht, dass James Spaders Figur Hieroglyphen entziffert und seine Theorien irgendwelchen Regierungsfuzzis präsentiert. Für diejenigen, die sich nach Action und großen Schauwerten sehnen, könnte dieses zweistündige Epos zur Zerreisprobe werden, denn selbst auf dem Wüstenplaneten verbringen wir erstmal viel Zeit damit, das Volk, die Umgebung und die Geschichte hinter allem kennenzulernen. Erschwerend dazu kommt die Tatsache, dass die Charaktere sehr oberflächlich gezeichnet sind und kaum emotionale Tiefe zulassen, damit der Zuschauer mit ihnen connecten kann. Während Spader jedes Klischee eines handelsüblichen, zerstreut und unkonventionell wirkenden Forschers erfüllt, gibt Kurt Russell den Millitär-Dude vom Dienst, inklusive tragischer Backstory versteht sich. Die Tatsache, dass er vom Tod seines Sohns traumatisiert ist, weil dieser sich versehentlich mit der Waffe seines Vaters selbst erschoss, bleibt lediglich bloße Behauptung und wird selten wirklich relevant für die Handlung oder die Verhaltensweisen der Figur. Spader bleibt als Jackson komplett eindimensional. Darauf könnte auch zurückzuführen sein, dass der THE-BLACKLIST-Star von dem Projekt so gar nicht angetan war und immer wieder öffentlich verlauten ließ, dass er das Drehbuch für einen großen Haufen Scheiße hielt und die Rolle damals nur wegen des Geldes annahm. Ganz so schlimm empfinde ich STARGATE zwar nicht, im Hinblick auf seinen eher flach geschriebenen Part dürfte Spader vermutlich Recht haben.

Aus genannten Gründen kommt es somit immer wieder zu Längen innerhalb der Geschichte, die erst im letzten Drittel wirklich Fahrt aufnimmt und da hatte ich als Zuschauer leider schon innerlich abgeschaltet, zumal der Antagonist auch wenig zu tun hat und viel zu spät im Film auftritt. Eine andere Gewichtung hätte dem Ganzen deutlich besser zu Gesicht gestanden, vor allem weil die Darsteller durch die Bank eigentlich einen guten Job machen und das Material, das ihnen zur Verfügung stand, deutlich aufwerten. Lediglich Jaye Davidson, der als „Ra“ zu sehen ist, bleibt wirklich über alle Maßen blass und strahlt als großer Bösewicht kaum einen Funken Bedrohlichkeit aus. Dazu gesellt sich noch eine halbgare Lovestory, die am Ende nochmal für einen kleinen Tränendrücker sorgen soll aber schließlich verpufft, weil keiner der Figuren die nötige Tiefe besitzt, um mich emotional mitzunehmen. So gut und spannend die Ansätze auch sein mögen, Emmerich, der ja nie für ausgefeilte Drehbücher bekannt war, hätte sich besser daran getan, diesen Job einem erfahrenen und guten Autoren zu übergeben.

Immerhin überzeugt der Regisseur in seiner Kernkompetenz, nämlich als durchaus versierter Bildgestalter. Musste er beispielsweise für seinen MOON 44 (1990) noch mit wenig Budget zurechtkommen, standen ihm bei STARGATE üppigere Mittel zur Verfügung. Rein optisch weiß Emmerich zu überzeugen und beweist ein sicheres Händchen für gute Bilder, wie etwa die Panoramaaufnahmen auf dem Wüstenplaneten und erhabenen Shots im Ras Palast. Die CGI-Effekte haben zwar erwartungsgemäß etwas Staub angesetzt, können sich für einen Film von 1994 allerdings noch sehen lassen. Auch begrüßenswert ist der Ansatz, in der Gestaltung des Planeten nicht völlig über die Strenge zu schlagen, sondern fremdartige Details subtil einfließen zu lassen, was einen durchaus homogenen Mix ergibt. Ein durchaus rundes, stimmiges Gesamtbild, dass einen besseren narrativen Unterbau verdient gehabt hätte.

Für eine Neuveröffentlichung ließen sich Koch Films nicht lumpen und spendierten STARGATE gleich vier verschiedene Cover-Varianten. Während Cover A und B jeweils exklusiv über Amazon und Müller vertrieben werden und Cover C für den Gesamtmarkt bestimmt ist, ist die vierte Variante (D) nur über den hauseigenen Shop von Koch zu beziehen. Inhaltlich hingegen sind die Editionen identisch und präsentieren den Film in glasklarem HD. Die Bildqualität ist sehr gut, der DTS-HD-5.1-Ton ebenso. Neben der Kinofassung ist der rund acht Minuten längere Director’s Cut auf der zweiten Blu-ray enthalten. Die Extras beinhalten einen Audiokommentar von Roland Emmerich und Dean Devlin, Interviews, zwei ausführliche Making-Ofs und mehrere Featurettes. Eine Bildergalerie und der Trailer runden das gelungene Paket ab.

Fazit:

Roland Emmerich kann nicht nur Naturkatastrophen und Weltuntergänge inszenieren, sondern hat such ein Händchen für durchaus stimmungsvolle Bilder, die dazu einladen in fremde Welten vorzustoßen. STARGATE (1994) bietet so manche optische Schmankerl, eine recht ordentliche Besetzung und viele interessante Ideen und Ansätze, versumpft aber im Durchschnitt, was an dem eindimensionalen Drehbuch und der schleppend erzählten Geschichte liegt. Hätte man hier besser gearbeitet, in dem man die Figuren besser gezeichnet und generell mehr Tiefgang zugelassen hätte, wäre der Film heute vielleicht Emmerichs DUNE.

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