Dank HANSESOUND MUSIK & FILM GMBH wurde es mal wieder Zeit für eine Reise zurück in meine Jugend. Damals strahlten die Augen des noch nicht ganz volljährigen Christian, als er in der heimischen Videothek das Cover des Erotikhorrorfilms Night Angel – Die Hure des Satans in Händen hielt. Frei ab 18 und dann auch noch als „ungekürzte Fassung“ von UFA Film angekündigt, landete der Film umgehend im Recorder. Ich erinnere noch, dass ich ihn ganz unterhaltsam empfand, der „unzensiert“-Hinweis sich jedoch als Beschiss herausstellte, was offenkundige Bild- und Tonsprünge offenbarten. Nun gibt es den Film erstmals wirklich, wirklich, wirklich ungekürzt und neu abgetastet im Handel. Also erneut ab in den Player damit. Und siehe da, schon bei der Besetzung erlebte ich eine riesige Überraschung, denn bei der titelgebenden Hure Satans handelt es sich um…. (Auflösung im Artikel).

Originaltitel: Night Angel

Regie: Dominique Othenin-Girard

Darsteller: Isa Andersen, Linden Ashby, Debra Feuer, Karen Black, Doug Jones, Helen Martin

Artikel von Christian Jürs

Seit Menschegedenken hat sie das Böse gebracht. Mütter haben um ihre Babies geweint, die sie tot in der Wiege fanden. Männer verrieten ihre wahre Liebe, um sich für ewig in ihre Hand zu geben…“ – bereits im Vorspann erklärt uns eine geheimnisvolle Stimme aus dem Off, dass mit Lilith, die angeblich einst Adams erste Frau war, nicht gut Kirschen essen ist. Ihr Plan: Die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ihre Waffe: Ein Foto von sich auf dem Cover eines bekannten Modemagazins mit dem passenden Namen „Siren„. Über dieses Bild möchte sie mit ihrem betörend-bösen Blick die weltweite Leserschaft unterjochen und so Sex, Gewalt und schlechte Laune allüberall verbreiten.

Zunächst werden wir Zeuge der Wiedergeburt des weiblichen Dämons in irgendeinem Tümpel. Und da staunte ich nicht schlecht, denn irgendwie kam mir die betörende Dame bekannt vor. Bei dem Namen Isa Andersen, mit dem sie im Vorspann angekündigt wurde, machte es allerdings noch nicht „klick“ in meinem Kopf. Ein Blick in die IMDb brachte dann jedoch Klarheit. Bei besagter Isa Andersen handelt es sich um den Künstlernamen, mit dem das damalige, deutsche Model Isolde Jank international Karriere machen wollte. Doch außer ein paar kleinen Rollen in Serien wie Cheers oder Airwolf und einer Nebenrolle in der recht erfolglosen James Belushi Actionkomödie Wahre Männer, wollte es nicht so richtig klappen mit der US-Schauspielkarriere. Dann jedoch bekam sie unter Regisseur Dominique Othenin-Girard, der kurz darauf Halloween V – Die Rache des Michael Myers drehen sollte, den Zuschlag für die Titelrolle in Night Angel – Die Hure Satans. Doch auch wenn sie in dieser Rolle vollends überzeugt, die Produktionsfirma des Films ging Pleite und so dauerte es zwei Jahre, ehe der Film im Großteil der Welt immerhin auf Video ausgewertet werden konnte. Ihr fragt Euch nun, warum ich um diese Dame so ein Gewese mache? Nun, weil ein Großteil von Euch wochentags um 18 Uhr ihr umtriebiges Treiben verfolgte. Sie war quasi die deutsche Joan Collins, sie war über Jahre hinweg das Biest Clarissa von Anstetten in der Daily Soap Verbotene Liebe. Im Grunde die gleiche Rolle, nur mit weniger Sex und Gewalt. Apropos Sex, auch wenn Lilith hier und da ihren Körper nackt präsentiert, so sehen wir hier leider nichts schlüpfriges von Frau Isa Jank, da sie auf ein Bodydouble zurückgriff, was man an einer Stelle deutlich erkennt. Schade eigentlich, denn die Rolle der verführerischen Dämonin steht ihr bestens.

Als erstes krallt sie sich den Herausgeber des Magazins, Mr. Joseph Crenshaw (Sam Hennings), den sie vor den Augen seiner Frau (Tedra Gabriel) verführt, ehe sie die gesamte Familie, inklusive des kleinen Sohnes (Ben Ryan Ganger) abschlachtet. Letzter stirbt zwar im Off, die Szene hat es aber trotzdem in sich. Seine Schwester und Chefredakteurin Rita (Karen Black) trauert zwar vor versammelter Mannschaft etwa fünf Minuten, geht dann aber wieder zur Tagesordnung über und plant eine große Party, auf der Lilith auftaucht und den Kollegen und Kolleginnen den Kopf verdreht. Ihr nächstes Opfer heißt Rod (Gary Hudson), den sie in seinem Eigenheim richtet. Sein nerdiger Kollege Ken (Doug Jones), der ebenfalls ihren Reizen erliegt, folgt den beiden und überlebt sein Handeln schwerverletzt. Im Anschluss verführt die Hure Satans Rita, die ihr hörig einen Platz auf der Titelseite garantiert. Nach und nach verfallen alle im Redaktionshaus der Dämonin und beginnen, sich seltsam bis teuflisch zu verhalten. Lediglich Craig (Linden Ashby) kann der Femme Fatale widerstehen. Der hat sich nämlich gerade in die Schmuckdesignerin Kristy (Debra Feuer) verliebt. Doch Lilith lässt nicht locker und verfolgt den Moderedakteur hinein in seine schlimmsten Albträume…

Der als Deliver us from Evil während der Produktionszeit betitelte Okkult-Erotik-Horror wirkt nach heutiger Sehgewohnheit reichlich trashig, aber im positiven Sinne, da er außerdem reichlich Spaß bereitet. Zum Produktionszeitpunkt anno 1988 war der Film seiner Zeit noch deutlich voraus, da der erotisch angehauchte Dämonenfilm optisch durchaus bizarre Momente zu bieten hat, die damals nicht zum Standard gehörten. Insbesondere im letzten Drittel, wenn der Film sich von seiner Geschichte lösen kann und albtraumhafte Orgien zu bieten hat, in denen unter anderem auch Riesenbrüste mit Gesichtern auftauchen (siehe Abbildung unten) und Lilith das ein- oder andere Herz opertiv mit ihren bloßen Händen entfernt, dann ist man als Genrefan ganz bei der Sache. Isa Jank gibt eine überzeugende Männer- und Frauenmörderin, während Debra Feuer als Gegenstück gar engelsgleich inszeniert wurde. Dazu gehört natürlich, dass sie, nach vollzogener, leidenschaftlicher Sexszene (in ihrem Fall ohne Bodydouble – dafür mit Schmacht-Herzschmerz-Rocksong im Hintergrund), Craig sofort ihre Liebe gesteht. Einfach nur Sex im Zeitalter von AIDS geht ja gar nicht. Erfreulich auch das Wiedersehen mit Genreveteranin Karen Black (Landhaus der toten Seelen) und dem später unter Guillermo del Toro öfters im Monsterkostüm agierenden Doug Jones.

Bild- (1,85:1 / 1080p) und Tonqualität (Deutsch und Englisch in DTS-HD Audio Master 2.0 Stereo) der mir vorliegenden Blu-ray sind ausgezeichnet. Deutsche Untertitel sind vorhanden und der Film liegt nun wirklich, wie oben erwähnt, uncut vor. Als Bonus gibt es eine Slideshow und diverse Trailer, sowie, zumindest in der Einzeldiscversion, ein Wendecover ohne FSK-Flatschen, dafür aber mit einem alternativen, wesentlich hübscheren Coverbild. Bei der Mediabookversion hat man die Qual der Coverwahl, bekommt aber zusätzlich noch ein Booklet obendrauf. Die Synchronfassung ist übrigens gelungen und wartet mit Sprechern wie Ekkehardt Belle, Oliver Stritzel und Christian Tramitz auf. Isa Jank spricht sich leider nicht selbst, ist aber im englischen Original natürlich mit ihrer gewohnten Stimme zu hören.

Mir hat die Zeitreise mit der dämonischen Clarissa von Anstetten sehr viel Spaß gemacht. Ein trashiges Vergnügen mit tollen, handgemachten Effekten in einer mehr als ordentlichen Veröffentlichung.

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