Um die Karriere von Regisseur John Carpenter war es in den 1990er Jahren nicht allzu gut bestellt. Nach zwei Flops entschied wagte sich die Horror-Legende an ein Remake des Science-Fiction-Horrorfilms VILLAGE OF THE DAMNED (1960), der über die Jahre zum Klassiker avancierte. Allerdings geriet Carpenters Neuinterpretation zum Flop und wurde vom Publikum wie auch von den Kritikern verschmäht, so sehr, dass sie selbst hierzulande nicht mal in den Kinos gezeigt wurde, sondern direkt in die Videotheken wanderte. Ob DAS DORF DER VERDAMMTEN (1995) wirklich seinem unrühmlichen Ruf gerecht wird, erfahrt ihr in unserer Kritik, denn Koch Films hat den Gruselstreifen kürzlich im schicken Steelbook veröffentlicht.

Originaltitel: Village of the Damned

Drehbuch: David Himmelstein; basierend auf dem Roman „The Midwich Cuckoos“ von John Wyndham

Regie: John Carpenter

Darsteller: Christopher Reeve, Kirstie Alley, Linda Kozlowski, Michael Paré, Meredith Salenger, Mark Hamill…

Artikel von Christopher Feldmann

Regisseur, Autor, Produzent und Komponist John Carpenter gehört zu den ganz Großen des modernen Horrorkinos und nicht selten kehren Genre-Fans zu den Filmen des Meisters zurück, von denen nicht wenige große Fußspuren hinterlassen haben. Mit HALLOWEEN (1978) schuf der Visionär die Blaupause für den Slasherfilm, mit Werken wie THE FOG – NEBEL DES GRAUENS (1980), DIE KLAPPERSCHLANGE (1981) und BIG TROUBLE IN LITTLE CHINE (1986) legte er mittlerweile anerkannte Klassiker vor, die auch heute noch von Fans kultisch verehrt werden. Aber auch ein großer Künstler wie Carpenter greift einmal daneben. Das prominenteste Beispiel dürfte wohl der Horrorfilm DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT (1982) darstellen, der seiner Zeit von Kritikern und Kinozuschauern abgewatscht wurde, die schenkten ihre Zuneigung nämlich lieber Steven Spielbergs E.T. – DER AUßERIRDISCHE (1982), der wesentlich verträglicher ausfiel, als Carpenters klaustrophobischer, verstörender Schocker mit derben Spezialeffekten. Heute gilt der Film allerdings als Klassiker und wird nicht selten zu den besten Horrorfilmen aller Zeiten gezählt. Eine Tatsache, die DAS DORF DER VERDAMMTEN (1995) nicht von sich behaupten kann, auch wenn es sich bei diesem Film, wie auch schon bei THE THING, ebenfalls um ein Remake handelt, mit dem Carpenter einem einflussreichen Genrefilm eine Frischzellenkur verpassen wollte. Dieses Vorhaben ging aber gewaltig in die Hose, versagte das prominent besetzte Werk doch auf allen Ebenen und zählt auch heute noch zu den schlechtesten Arbeiten des Filmemachers.

Handlung:

Die Bewohner der Kleinstadt Midwich freuen sich eigentlich auf ein Fest, doch eine mysteriöse Macht fällt über sie herein und versetzt sämtliche Menschen und Tiere innerhalb der Stadtgrenze in einen sechsstündigen Schlaf. Der Arzt Dr. Alan Chaffee (Christopher Reeve) stellt anschließend fest, dass ungewöhnlich viele Frauen genau an dem Tag des geheimnisvollen Schlummerns geschwängert wurden. Auch seine eigene Ehefrau ist davon betroffen. Alle schwangeren Frauen gebären schließlich am selben Tag und die Kinder weisen alle eine unheimliche Ähnlichkeit auf. Doch damit nicht genug: Die seltsamen Sprösslinge wachsen unglaublich schnell und verfügen über unmenschliche Kräfte, mit denen sie die Erwachsenen gefügig machen und deren Gedanken lesen. Als die Kinder auch nicht mehr vor Mord zurückschrecken, entschließen sich die Bewohner von Midwich dazu, gegen die Brut vorzugehen, doch die bösen Kuckuckskinder lassen sich das natürlich nicht so einfach gefallen.

DAS DORF DER VERDAMMTEN basiert, wie natürlich auch schon die Erstverfilmung aus dem Jahr 1960, auf dem Roman THE MIDWICH CUCKOOS (1957) von John Wyndham, dessen Grundidee die Bedrohung durch die „eigenen“ Kinder darstellte, was zum Erscheinungszeitpunkt noch ziemlich neu und frisch war. Drei Jahre später wurde die Geschichte dann vom deutschen Regisseur Wolf Rilla, Sohn des Schauspielers Walter Rilla, unter britischen Produzenten verfilmt. Rilla verzichtete bewusst auf Effekthascherei und legte den Fokus auf eine bedrohliche, unheilvolle Atmosphäre und inszenierte das Grauen „auf leisen Sohlen“, was gerade neuere Kritiken betonen.

Denkt man mal kurz darüber nach, würde man zu dem Schluss kommen, dass es sich hier eigentlich um eine Steilvorlage für John Carpenter handeln müsste, denn wenn jemand brillant darin ist, eine gruselige Atmosphäre zu erzeugen, dann ja wohl der Horror-Papst der 1980er Jahre. Interesse an einer Neuauflage gab es, laut Carpenter, seit dem Kinoerfolg von INVASION OF THE BODY SNATCHERS (1978), der ebenfalls ein Remake darstellte. Da zum Beginn der 1960er Jahre die Zensur sehr viel strenger ausfiel, mussten die Macher ihrer Zeit erhebliche Abstriche bei der Darstellung von Schwangerschaft oder Geburt machen. Carpenter, der ein großer Fan des Films ist, sah großes Potenzial, da man anno 1995 wesentlich mehr zeigen konnte. Allerdings muss der Regisseur seinen löblichen Ansatz während der Dreharbeiten vergessen haben, denn von den großen Tönen ist wahrlich wenig übrig geblieben. Der Film hält sich im Wesentlichen an die filmische Vorlage, natürlich mit einigen notwendigen Modernisierungen, die das Ganze plausibel in die 1990er Jahre transportiert. Und trotzdem ist es Carpenter gelungen, einen Film zu inszenieren, der relativ altbacken und träge daherkommt. Bedenkt man die Tatsache, dass DAS DORF DER VERDAMMTEN der direkte Nachfolger zum, von H.P. Lovecraft inspirierten Horrorfilm DIE MÄCHTE DES WAHNSINNS (1994) war, kommt man als Zuschauer schon ins Grübeln, ob der gute John sein Gespür fürs Filmemachen beim Zigaretten kaufen verloren hat. Wesentlicher Grund dieses Misserfolgs dürfte vermutlich sein, dass hier kaum Grusel, geschweige denn echter Horror, aufkommt. Böse Kinder mit mentalen Fähigkeiten, die Menschen skrupellos in den Selbstmord treiben sind auf den ersten Blick gar nicht so schlecht, allerdings wirken diese hier unfreiwillig komisch, wahrscheinlich weil man nicht die besten Kinderdarsteller zur Verfügung hatte. Die laufen mit stoischem Gesicht durch die Szenerie und bemühen sich darum, möglichst finster in die Kamera zu gucken.

Natürlich sind die emotionslosen Bälger Teil des Konzepts, allerdings bleibt die restliche Besetzung ebenso farblos. Gelang es Carpenter noch in THE FOG ein funktionierendes Ensemble zu führen, wirken die Beteiligten in DAS DORF DER VERDAMMTEN regelrecht verloren. Entweder bekommen sie einfach zu wenig Raum, um Interesse bei Zuschauer hervorzurufen, was besonders für Kirstie Alley und Mark Hamill gilt, oder sind einfach so blass geschrieben wie die Figur von Ex-Superman Christopher Reeve, der zudem auch noch relativ schwach aufspielt, als habe man ihm keine deutlichen Regieanweisungen gegeben. Es war Reeves letzter Film vor seinem Reitunfall, der dafür sorgte, dass der Schauspieler querschnittsgelähmt im Rollstuhl landete. Immerhin kann man sich damit trösten, dass er hier nicht der einzige schwache Darsteller gewesen ist, schaffen es auch Linda Kozlowski und Michael Paré nicht, irgendwelche Akzente zu setzten, zumal letzterer bereits nach wenigen Minuten das Zeitliche segnet.

Die mäßigen Darstellungen und der fehlende Grusel führen dazu, dass DAS DORF DER VERDAMMTEN insgesamt recht schnell langweilig wird, passiert doch relativ wenig. Hin und wieder gibt es einen Todesfall zu beklagen, allerdings fällt dies wenig spektakulär. Wenn beispielsweise eine Futter mental dazu gebracht wird, ihren Arm in kochend heißes Wasser zu tauchen, wirkt dies nichts schockierend, sondern im Idealfall unfreiwillig komisch. Nicht einmal die bedrohliche Atmosphäre, die Carpenter eigentlich immer mit Leichtigkeit erzeugen konnte, bleibt auf der Strecke. Das liegt zum einen daran, dass viele Szenen bei Tag spielen, was oftmals schädlich für das Feeling ist. Zum anderen berührt aber auch nichts im Film den Zuschauer, sind die Figuren doch allesamt austauschbar und auch keine Chemie mit den Kinderdarstellern. Man kauft hier niemandem ab, dass er auch nur einen Funken Zuneigung für die Kuckuckskinder empfindet. Hätte man dieses Element besser ausgespielt, hätte es im Zusammenspiel mit der Bösartigkeit der Blagen einer funktionierenden Dynamik gedient, die dafür gesorgt hätte, dass eine gewisse Spannung entsteht, wenn sich Eltern auf einmal gegen ihre Kinder stellen müssen. Leider wird dieses Potenzial liegen gelassen.

Hin und wieder, in einzelnen, kleinen Momenten blitzt dann aber doch das Können des Regisseurs auf. Stimmungsvolle Landschaftsaufnahmen und allein das Setting Midwich weiß der Filmemacher hübsch in Szene zu setzen. Wenn zu Beginn der große Blackout einsetzt und die Kamera die einzelnen Bilder ohnmächtiger Menschen zeigt, was von wabernden Bässen auf der Tonspur begleitet wird, erinnert man sich direkt an die guten Zeiten, in denen Carpenter einen Knaller nach dem anderen drehte. Diese waren anno 1995 allerdings vorbei, denn auch der Score, den er zusammen mit Daniel Davies komponierte, besitzt zwar die typischen Trademarks, bleibt allerdings nie in Erinnerung und wirkt einfach nur beliebig. Generell hat man das Gefühl, dass es sich hier um eine reine Auftragsarbeit handelt, die Carpenter auf einer Arschbacke abgesessen hat und wohl mehr Zeit damit verbracht hat, in der Ecke zu sitzen und Zigaretten zu qualmen, als einen guten Film zu inszenieren. Dieser Meinung war damals anscheinend so ziemlich jeder, floppte der Streifen, indem er bei 22 Millionen US-Dollar Produktionskosten nicht einmal zehn Millionen einspielen konnte. Für Carpenter war es der Anfang vom Ende. Mit FLUCHT AUS L.A. (1996) versuchter er noch einmal einen großen Wurf, scheiterte aber ebenso, sein Mojo fand er nie wieder.

DAS DORF DER VERDAMMTEN erschien bereits vor Jahren als Blu-ray, ist aber mittlerweile vergriffen, weshalb Koch Films nun für eine schicke Neuauflage im Steelbook sorgte. Neben dem Bläuling ist auch die DVD-Version vorhanden. Die Bildqualität ist wirklich gut, die Farben sind kräftig, die Details sind scharf und der Ton glasklar, auch wenn der Film an sich nicht gut gealtert ist. Ein wenig verwundert bin ich doch in Bezug auf die Extras, die werden mit einem Making-Of, Featurettes, Bildergalerie und Trailer angegeben. Auf der Blu-ray, die uns dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wurde, sind jedoch nur der englischsprachige Trailer und die Galerie zu finden. Mysteriös und auch etwas enttäuschend.

Fazit:

DAS DORF DER VERDAMMTEN (1995) ist nicht John Carpenters schlechtester Film, allerdings aber auch eine herbe Enttäuschung, bei der sich viel Langeweile breit macht. Wirklich schade, dass der Regisseur hier an Atmosphäre und Bedrohlichkeit gescheitert ist, etwas, dass eigentlich immer zu seinen Kernkompetenzen gehörte. Für Carpenter-Fans sicher ein Pflichtkauf, wenn auch nur der Vollständigkeit halber.

Christophers Filmtagebuch bei Letterboxd – Your Life in Film

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