Der einfache Streifenpolizist scheint in Korea ein sehr freundlicher und naiver Berufsstand zu sein. Da hat man als Serienmörder, ebenfalls freundlich, natürlich leichtes Spiel mit zwei gehörlosen Frauen, die in das Mordszenario des Killers geraten. Die Polizei ist nämlich keine Hilfe und schon beginnt die Jagd auf die beiden Frauen, die auf sich allein gestellt sind. Ein Symbol für die Ausgrenzung beeinträchtigter Menschen? Vielleicht. In jedem Falle ist Midnight ein konsequent durchkonstruierter Thriller, der sein Augenmerk auf die Spannung, als auf gesellschaftliche Missstände legt. Besonders logisch ist das alles nicht, wohl aber gut gespielt und in der Zuspitzung hoch getaktet. Doch ist der Film auch spannend? BUSCH MEDIA GROUP hat sich dem koreanischen Thriller nun angenommen.

Regie: Kwon Oh-Seung

Darsteller: Jin Ki-Joo, Wi Ha-Jun, Park Hoon, Gil Hae-Yeon, Kim Hye-Yoon, Na Eun-Saem

Artikel von Kai Kinnert

Der gewissenlose Serienmörder Do-Sik macht mit seinem schwarzen Van die Nächte in Seoul unsicher. Die Leichen seiner Opfer landen in dunklen Gassen, während er durch seine verschlagene Art stets dem Zugriff der Polizei entkommt. Eines Abends stolpert die gehörlose Call-Center-Angestellte Kyung-Mi auf dem Heimweg zufällig über Do-Siks letztes, noch lebendes Opfer. Zur falschen Zeit am falschen Ort, gerät die unfreiwillige Augenzeugin nun mitsamt ihrer ebenfalls hörgeschädigten Mutter ins Visier des Killers. In einem perfiden Katz-und-Maus-Spiel müssen sich Mutter und Tochter gegen den unberechenbaren Psychopathen mit allen Mitteln zur Wehr setzen.

Der Film steigt gleich voll ein. Der Killer lauert schon in seinem Van in einer Seitenstraße auf vorbeigehende Frauen und wird alsbald fündig. Die Angestellte einer Firma verpasst nach nächtlichem Dienstschluss das letzte Taxi und wird von unserem Killer aufgegriffen. Die Szenerie erinnert an Ted Bundy und in den ersten 30 Minuten des Films etabliert Regisseur Kwon Oh-Seung den Killer bei seiner mörderischen Arbeit und die gehörlose Welt seiner Protagonistin und ihrer Mutter. Und dies ist eine der Stärken von Midnight.

Die Gehörlosigkeit Kyung-Mis wurde geschickt inszeniert. Die Schauspieler sind der Gebärdensprache mächtig und sobald der Film in die Wahrnehmung Kyung-Mis wechselt, schaltet der Ton auf Stille um. Das ist spannend und gut gemacht, man bekommt ein Gefühl für Kyung-Mi, die in ihrer Stille letztendlich auch noch ausgeschlossen vom Rest der Gesellschaft lebt. Sie hat nur ihre Mutter, ebenfalls gehörlos, als Freundin und Beziehungspunkt. Kyung-Mi ist umgeben von Arroganz, Verachtung und Ignoranz, was gerade die wenigen Szenen aus Kyung-Mis Berufsleben zeigen. Niemand nimmt sie ernst. Ki-Joo Jin spielt die gehörlose Kyung-Mi lebendig und zerbrechlich zart, so sehr, dass man ihr einen aufrechten Job und einen liebenden Freund wünscht. Thriller hin oder her – die Protagonistin hätte ein gesellschaftliches Happy End verdient.

Der Antagonist Do-Sik (Wi Ha-Joon, Squid Game) ist ein nervenaufreibender Killer, der als Psychopath stets davonkommt (Stichwort Streifenpolizisten). Er ist ein geschickter Manipulator und kann auch plötzlich in Autos oder Wohnungen erscheinen. Ab Minute 30 klemmt sich der Killer an Kyung-Mi und der Film verbringt den Rest seiner Laufzeit mit dem Überlebenskampf der Frauen. Sie werden den Kerl nicht mehr los, es kommt zu Verfolgungen, Kampf und Flucht, Midnight vergisst die Action nicht. Auch wenn die Figur des Killers nur Selbstzweck ob der Spannung ist – die Nummer ist von Wi Ha-Joon gut gespielt worden. Man wünscht dem Arschloch einen perfiden Tod, doch so leicht lässt sich Do-Sik nicht an der Nase herumführen. Dafür bekommt er aber von dem Bruder eines Opfers ordentlich auf die Mütze und man klatscht Beifall. Auf das koreanische Kino ist eben Verlass, hier findet man immer eine Lücke für ein paar gelungene Martial Arts Momente.

Visuell hat Midnight ein paar spannende Einfälle. Insgesamt ist der Streifen gut gefilmt worden. Gerade die Verfolgungsjagden zu Fuß haben durch den Einsatz einer schwebender Spezialkamera einen frischen Look bekommen. Im vollen Lauf schwenkt die Kamera zusätzlich näher heran oder sie verändert die Tiefenschärfe im Vertigo-Style: dabei fährt die Kamera zurück und das Bild wird zeitgleich herangezogen. Das erzeugt einen speziell dramatischen Kameramoment, von dem Midnight so einige in seiner Action einsetzt. Das hat einen guten Look und selbst eine Axt kommt filmisch gut zum Einsatz. Dazu passt die stimmungsvoll-dramatische Filmmusik.

Midnight ist solides Spannungskino aus Korea, nicht besonders logisch, aber dennoch straff inszeniert und mit einer guter Besetzung versehen. Der Aspekt der Gehörlosigkeit wurde gut in den Film eingebaut und sorgt so für ausreichend originelle Einfälle im Spannungsbogen. Wer sich am koreanischen Spannungskino erfreuen kann, bekommt hier rundes Mainstream-Kino serviert.

Das Bild von Blu-ray und DVD ist gut, sauber und satt, der Ton ist ebenfalls gut. Als Extras gibt es ein Interview mit dem Regisseur und Trailer. Im Mediabook befindet sich außerdem ein 16 seitiges Booklet. Das FSK-Logo befindet sich nicht auf der Hülle. Bei den Einzelveröffentlichungen gibt es jeweils ein Wendecover ohne Flatschen.

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