Vier Jahre bevor Ben Kingsley in Schindlers Liste eine große Nebenrolle spielte, war er schon als Hauptdarsteller bei einem ähnlichem Projekt dabei, einer HBO-Produktion über das Leben Simon Wiesenthals, einem Rechercheur, der nach den Mördern des Naziregimes suchte. Bekannt wurde Wiesenthal durch das Aufspüren von Adolf Eichmann in Argentinien, was kurz darauf den israelischen Geheimdienst auf den Plan rief und so Geschichte schrieb. Steven Spielberg wird diesen Film mit Sicherheit gekannt haben, als er Ben Kingsley für seinen Film über Oskar Schindler besetzte, denn Kingsley zeigt schon hier schauspielerisches Großformat im Genre. Recht, nicht Rache! greift episodisch Stationen aus dem Leben Simon Wiesenthals auf, und wählt dabei streckenweise das Melodram als Stilmittel. Doch es gibt erhebliche Faktoren, die den zweiteiligen Streifen auch heute noch sehenswert machen. MR. BANKER FILMS / CARGO RECORDS brachten den preisgekrönten Film auf DVD heraus.

Originaltitel: Murderers Among Us: The Simon Wiesenthal Story

Regie: Brian Gibson

Darsteller: Ben Kingsley, Renée Soutendijk, Craig T. Nelson, Anton Lesser, Jack Shepherd, Paul Freeman

Artikel von Kai Kinnert

Die US-Armee erreicht am 5. Mai 1945 das KZ Mauthausen. Inmitten all des Grauens und der halb toten Häftlinge, die die GIs empfangen, befindet sich Simon Wiesenthal. Bereits wenige Tage nach seiner Befreiung kann er in der nahe gelegenen Stadt Mauthausen einen führenden SS-Obersturmführer aus dem KZ identifizieren und ihn den Behörden ausliefern. Damit beginnt seine beispiellose Karriere als „Nazijäger“. Gleichzeitig kann er mit seiner Frau Cyla Wiesenthal in Österreich eine neue Existenz gründen. Wie durch ein Wunder hat auch sie den Horror überlebt. Beide bekommen bald darauf eine Tochter – Paulina – die oft nicht begreifen kann, warum ihr Vater Menschen wie Adolf Eichmann mit Besessenheit verfolgt. Ihm geht es darum, Recht zu fordern, und nicht Rache zu üben.

Recht, nicht Rache! war 1989 für 3 Emmys nominiert und gewann mit seinem Drehbuch eine Auszeichnung. „Bester Hauptdarsteller“ und „Bester TV-Film“ waren die beiden anderen Nominierungen. Man hätte auch hier bedenkenlos einen Emmy verleihen können, soviel steht fest. Obwohl, gerade im 1. Teil, ein bisschen das TV-Melodram mitschwingt und die Inszenierung dadurch eine höhere Kompatibilität zum Massenpublikum sucht, gelingt Regisseur Brian Gibson (Poltergeist 2, Still Crazy) die Kurve zum kleinen-großen Kinofilm, der hier immer wieder in starken Szenen durchblitzt. Der Zweiteiler hat seine Momente, berührende Momente, die Dank der Inszenierung und des Drehbuchs angenehm frei von Sensationen sind. Es gibt keine Effekte, die Sache spricht für sich. Es sind die Dialoge, das Sprechen und Agieren der Figuren, die diesen Film so stark machen. Der Film erzählt von Menschen, gerade von Simon Wiesenthal, und behandelt alle Figuren frei von Anschuldigungen oder Verherrlichungen. Die Sache spricht eben für sich.

Ben Kingsley ist groß in der Rolle Simon Wiesenthals und macht nachvollziehbar, dass es ihm nie um Rache ging, sondern nur um Recht. So rekonstruiert der 2. Teil des Films dann auch das Aufspüren von Adolf Eichmann in Argentinien und schildert zeitgleich den Druck des Vergessen-Wollens auf Wiesenthal. Außerdem gibt es da noch diese starke Szene mit Paulina, der Tochter Wiesenthals, die in der Schule das Tagebuch der Anne Frank zum Thema hat und miterleben muss, wie Lügen die Wahrheit verdrehen wollen, verdrehen können. Das ist fast schon ein Gänsehaut-Moment, denn die Mechanismen der Lüge sind zeitlos und damit aktuell. Recht, nicht Rache! ist in diesen Tagen ein sehr aktueller Film, bedrückend, trotz aller Reduzierungen im Formalen und der zeitgeistigen Sehgewohnheiten. Bedrückend deshalb, weil der Film klar macht, dass es auch heute noch so ist. History is repeating.

Schauspieler Ben Kingsley und der echte Simon Wiesenthal

Der Film ist eher literarisch als dokumentarisch und hat starke Dialoge die auch heute noch sitzen. Ben Kingsley sticht hier groß hervor und trägt feinfühlig den ganzen Film. Brian Gibson inszenierte überraschend gut, machte das Beste aus den kleinen Filmsets und findet dabei dichte Momente. Recht, nicht Rache! ist technisch ganz im Stile der besseren TV-Filme damaliger Tage, solide und mit filmisch starken Akzenten inszeniert, dazu eine Filmmusik von Bill Conti. Sehenswert.

Das Bild der DVD ist ok und sauber, der Ton ebenso.

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