Habt ihr schon mal einen Film aus Kasachstan gesehen? Nein? Gut, ich nämlich auch nicht! Da passt es doch perfekt, dass vor wenigen Tagen die Blu-ray einer kasachstanischen Splatter-Comedy ins Haus flatterte, die derben Humor und noch derbere Gore-Effekte verspricht. SWEETIE, YOU WON’T BELIEVE IT (2020) zeigt, was passieren kann, wenn ein eigentlich harmloser Angelausflug mal so richtig eskaliert und verdient sich damit das Prädikat „besonders spaßig“ redlich. Nameless Media veröffentlichten den Streifen in drei Mediabook-Varianten (einmal davon Müller-exklusiv), während Lighthouse Home Entertainment die Keep-Case-Version vertreibt. Warum sich der Film durchaus lohnt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Zhanym ty ne poverish

Drehbuch: Zhandos Aibassov, Yernar Nurgaliyev, Daniyar Soltanbayev, Il’yas Toleu, Anuar Turizhigitov, Alisher Utev

Regie: Yernar Nurgaliyev

Darsteller: Daniyar Alshinov, Asel Kaliyeva, Azamat Marklenov, Yerlan Primbetov, Dulyga Akmolda…

Artikel von Christopher Feldmann

Handlung:

Genervt von seiner keifenden Ehefrau, flüchtet Dastan (Daniyar Alshinov) mit zwei befreundeten Losern und einer Ladung Gummipuppen zweiter Wahl und begibt sich auf einen turbulenten Angeltrip. Die Gruppe trifft dabei nicht nur auf völlig degenerierte Hinterwäldler, sondern stört auch eine Bande von Kleinganoven bei der Entsorgung einer Geisel. Als sich auch noch ein einäugiger Serienkiller ins Geschehen mischt, ist das Chaos perfekt!

Kasachstan ist nicht unbedingt für große Filmkunst bekannt. Nicht, weil es diese nicht gibt, sondern weil einfach viel zu wenig davon in unseren Breitengraden zu finden ist. Dass das asiatische Land durchaus etwas zu bieten hat, beweist SWEETIE, YOU WON’T BELIEVE IT mit Bravour und sorgt für rund 85 Minuten knackige Unterhaltung, die es in dieser aufs wesentliche komprimierter Form viel zu selten gibt.

Am besten lässt sich die irre Komödie als eine rustikale und brutale HANGOVER-Variation beschreiben, in der es nicht um extravagante und möglichst abgedrehte Suff-Geschichten geht, sondern um einen lockeren Männerausflug, der im Hinterland Kasachstan zum blutigen Fiasko wird. Schon der Beginn des Films, in dem sich Protagonist Dastan mit den Launen seiner schwangeren und unfassbar nervigen Verlobten herumschlagen muss, lädt zum dicken schmunzeln ein und weiß mit der ein oder anderen Pointe zu überzeugen. Spätestens wenn er mit seinen zwei eher unterbelichteten Kumpels und einer Wagenladung Sexpuppen zu einem Ausflug ausbricht, um für ein Wochenende der heimischen Tortur, in der es überwiegend darum geht, den passenden Kindsnamen auszuwählen, zu entfliehen und sich dabei die Wege mit einer nicht minder bescheuerten Redneck-Familie kreuzen, geht der Film in die Vollen. Es folgt ein Zwischenfall auf den nächsten, es gibt Verwechslungen, einen einäugigen, fast schon übermenschlich starken und schnellen Serienkiller, ein ziemlich bizarres Vater-Tochter-Gespann und ordentlich Blutzoll. Wer an dieser Stelle keinen Drang verspürt, die schwarzhumorige, in diversen Szenen fast schon slapstickartige Revue nachzuholen, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Ganze fünf Drehbuchautoren haben hier ihre Ideen zu Papier gebracht und das merkt man SWEETIE, YOU WON’T BELIEVE IT zu keiner Sekunde an. Die Geschichte hat Tempo, ein gutes Gespür für Timing und selbst in den absurdesten Szenen einen erfrischend frechen Witz. Die Comedy-Elemente sind natürlich nicht geistreich, sondern eher mit der groben Kelle geschöpft, dennoch gibt es immer wieder Momente, in denen man denkt: „Coole Idee“. Da ist der Running-Gag mit dem korpulenten Rednecks, der regelmäßig in Ohnmacht fällt noch der flachste Witz, doch auch dieser funktioniert wirklich gut, vor allem weil jene Figur noch mit einem witzigen Tanzauftritt eingeführt wird.

Inszenatorisch mutet SWEETIE, YOU WON’T BELIEVE IT wie eine parodistische Interpretation solcher Backwood-Slasher wie WRONG TURN (2003) oder WOLF CREEK (2005) an und mich persönlich würde es nicht wundern, wenn die Macher zudem den ebenfalls schwer unterhaltsamen TUCKER AND DALE VS. EVIL (2010) gesehen hätten, lässt sich die Atmosphäre dieser temporeichen Achterbahnfahrt doch zumindest als ähnlich beschreiben. Die Kamera ist immer in Bewegung und erlaubt sich auch einige nette Spielereien, die dem Ganzen den nötigen Drive verleihen. Wie bereits erwähnt, verfällt SWEETIE nie in Stillstand und gönnt dem Zuschauer somit keine Pause, was wunderbar mit dem völlig überdrehten Humor und den deftigen Gore-Einlagen im Einklang ist. Allerdings sollte man hier keine wahnwitzige Splatter-Orgie erwarten, denn obwohl das 18er-Logo auf der Hülle prangt handelt es sich hier nicht um ein grenzenloses Blutfest. Von herausgerissenen Kiefern über abgetrennte oder weggefetzte Köpfe bis hinzu blutigen Einschüssen gibt es hier gute und zudem handgemachte Effektarbeit, die aber nur punktuell eingesetzt wird und nicht die Geschichte bestimmt, steht doch eindeutig der Humor im Vordergrund. Das Finale gibt sich darüber hinaus wunderbar actionreich und punktet mit guten Choreographien. Manche könnten sich vielleicht an dem omnipräsenten gelbstichigen Farbfilter stören, dieser passt aber irgendwie wunderbar zu dem rustikalen Charme. Die engagierten Darsteller, die hier wirklich viel Spaß gehabt zu haben scheinen, runden das Ganze entsprechend ab.

Nameless Media veröffentliche den Film jüngst in zwei exklusiven Mediabook-Editionen, über Lighthouse Home Entertainment erschien zudem eine Keep-Case-Auflage, die uns als Pressemuster zur Verfügung gestellt wurde. Bild- und Tonqualität der Blu-ray sind sehr gut.

Fazit:

SWEETIE, YOU WON’T BELIEVE IT (2020) ist gelingt nicht der neue Donnerhall im Genrekino, ist aber ein verdammt unterhaltsamer Backwood-Slasher-Comedy-Trip aus Kasachstan, der kurzweilig daherkommt und mit dem ein oder anderen Bierchen gut funktioniert. Für den nächsten Filmabend mit den Kumpels ist der Streifen definitiv vorgemerkt.

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