Einer von Bruce Willis‚ letzten Kinoauftritten erfolgte in dem Rache-Actionthriller DEATH WISH (2018), einem Remake des gleichnamigen Genreklassikers mit Charles Bronson aus dem Jahre 1974. Vier Jahre und unzählige Low-Budget-Grabbeltischgurken später, agiert die glatzköpfige und seit März diesen Jahres den Ruhestand genießende Actionlegende erneut in einem Streifen ähnlichen Kalibers, nur eben mit sichtbar geringerem Production-Value für den Heimkinomarkt produziert. VENDETTA – TAG DER ABRECHNUNG (2022) ist einer von ca. drölfzig C-Filmen, die Willis noch kurz vor seinem Rückzug aus dem Filmgeschäft abdrehen konnte oder auch musste. Ob dieses Werk, welches kürzlich von Dolphin Medien über Plaion Pictures im Heimkino veröffentlicht wurde, für kurzweilige Unterhaltung sorgt oder einfach nur die öde Penny-Markt-Version des Bronson-Kultfilms darstellt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Vendetta

Drehbuch & Regie: Jared Cohn

Darsteller: Clive Standen, Theo Rossi, Bruce Willis, Thomas Jane, Lauren Buglioli, Mike Tyson…

Artikel von Christopher Feldmann

Nur weil sich Bruce Willis krankheitsbedingt von der Bühne verabschiedet hat, heißt das noch lange nicht, dass Fans der glatzköpfigen Hollywood-Ikone nun gänzlich auf ihren Star verzichten müssen. Willis war nämlich trotz seiner Aphasie-Erkrankung ein fleißiges Bienchen und drehte bis zuletzt wie am Fließband Filme, wenn auch im DTV-Bereich, in dem es sich Produzenten durchaus etwas kosten lassen, einen namenhaften Star für eine Drehtag einzukaufen, um ihn prominent auf dem Cover platzieren zu können. Eine Win-Win-Situation, die Willis über die Jahre vermutlich viel Geld verdienen ließ und den Filmen durch sein Mitwirken eine weltweite Veröffentlichung ermöglichte. Und auch wenn Willis selbst nun den Ruhestand genießt, erwarten uns hierzulande noch einige Streifen mit einem Gastspiel des Altstars. Dass es sich bei AMERICAN SIEGE (2021), CORRECTIVE MEASURES (2022), WRONG PLACE (2022), WIRE ROOM (2022), PARADISE CITY (2022) oder der DETECTIVE-KNIGHT-Trilogie (!) um keine gehobene Filmkunst handeln wird, dürfte jedem bewusst sein, der Willis‘ Weg in den letzten Jahren nur halbwegs verfolgte. Nun ist auch der Rache-Actionthriller VENDETTA – TAG DER ABRECHNUNG (2022) aus der VOD-Hölle emporgestiegen und stellt einen Genrevertreter nach Maß dar, der so ziemlich jedes Klischee bedient.

Handlung:

In einem Ort in Georgia ist der Familienvater und Ex-Marine William Duncan (Clive Standen) unterwegs, um mit seiner Tochter Kat (Maddie Nichols) Tacos zu holen. Während William im Restaurant darauf wartet, wird Kat vor der Tür von den Brüdern Rory (Theo Rossi) und Danny Fetter (Cabot Basden) im Auftrag ihres Vaters Donnie (Bruce Willis) erschossen. William erwischt Danny noch, aber der wird mangels Beweisen freigesprochen. Daraufhin greift der Vater zur Selbstjustiz und entfacht einen bitteren Kampf auf den Straßen.

Wer die grobe Inhaltsangabe liest, wird sich darüber im Klaren sein, dass es sich bei VENDETTA – TAG DER ABRECHNUNG nicht gerade um ein differenziertes Rachedrama handelt, sondern um einen stumpfen C-Film, der in allen Belangen plump zusammengeschustert wurde. Anscheinend findet Regisseur und Drehbuchautor Jared Cohn Gefallen daran, sein Aushängeschild Bruce Willis als Antagonist in Filmen zu besetzen, die sich relativ offensichtlich bei dessen bekannten Werken bedienen. Schon ihre letzte Zusammenarbeit, der Actionthriller DEADLOCK (2021), war ein reinrassiges STIRB-LANGSAM-Rip-Off, in dem Willis dieses Mal den Bösewicht mimen durfte. In dem hier vorliegenden Film, der eindeutig an DEATH WISH (2018) angelehnt scheint, darf die berühmte Glatze nun abermals den skrupellosen Gangster verkörpern.

Viel mehr als diese Personalie hat VENDETTA aber darüber hinaus nicht zu bieten. Das Skript ist nämlich unfassbar generisch und klaubt so ziemlich alles zusammen, was man von einem Rachefilm der Marke Dutzendware erwartet. Ein Vater verliert sein Kind, nachdem es über den Haufen geballert wurde und frönt der Selbstjustiz. Das ist auf den ersten Blick kein Ausschlusskriterium aber derart unbeholfen konstruiert, dass man der Streifen selbst in seiner stumpfen Welt nicht funktioniert. Warum die Gangster ausgerechnet Williams Tochter am helllichten Tag erschießen, scheint ebenso unbegründet zu sein wie das gesamte Verhalten der einzelnen Figuren. Warum Gesetzeshüter die Gang von Gangsterboss Donnie im Alltag gewähren lassen, obwohl sie nur aus ein paar schmierigen Strolchen besteht, die mit Prostitution ihr Geld zu verdienen scheint, erschließt sich ebenso wenig wie die Struktur des gesamten Plots, der den Rachefeldzug Williams in der Mitte einfach nochmal von neu beginnen lässt. Überraschungen gibt es keine und auch auf Spannung sollte der geneigte Zuschauer nicht hoffen. Wenn Donnies Gang im schummrig beleuchteten Stripclub, der sichtbar eine Lagerhalle ist, in der man lediglich ein paar Stangen und LED-Leuchten installiert hat, darüber grübeln, wer denn den zweiten Fetter-Sprössling totgeprügelt haben könnte, dann fasst man sich schon instinktiv an den Kopf.

Das größte Ärgernis ist aber dennoch die amateurhafte Inszenierung, denn der größte Teil des Budgets scheint nämlich in die Darsteller geflossen zu sein. So wirkt die ganze Kleinstadt wie leergefegt, Schusswechsel auf der offenen Straße scheinen niemanden in Aufregung zu versetzen und die wenigen Kulissen sehen offensichtlich nach billigem Interieur aus. Dazu gesellen sich wackelige Actionszenen, die zum einen keinen Druck haben und zum anderen so unübersichtlich gefilmt und schlecht montiert sind, dass man regelmäßig jegliche Orientierung verliert. Auch Filmfehler, wie die Tatsache, dass es nach dem Shootout vor dem Motel am helllichten Tag plötzlich stockdunkel ist, obwohl nur wenige Minuten vergangen sind, finden natürlich ihren Platz. Wer einen amtlichen Rachefilm sehen möchte, sollte lieber zu einem anderen der tausendfach existenten Vertreter greifen, denn VENDETTA ist Ramsch auf allen Ebenen.

Dazu passt es auch, dass Hauptdarsteller Clive Standen, den man hauptsächlich aus der Serie VIKINGS (2013-2020) kennen dürfte, das Charisma einer Badezimmerfuge hat und der Figur des gebrochenen, nach Vergeltung lechzenden Ex-Marines nichts hinzuzufügen hat. Auch der aus SONS OF ANARCHY (2008-2014) bekannte Theo Rossi spielt sich als drogensüchtiger wie schießwütiger Straßengangster einen Wolf und overacted in jeder Szene, was die Nerven des Zuschauers dramatisch strapaziert. Lediglich Thomas Jane bringt etwas Unterhaltungswert in den Film, denn als überdrehter Waffenhändler darf er dem Affen richtig Zucker geben, wobei es schade ist, dass er nur wenig Screentime hat und seine Figur eigentlich vollkommen überflüssig ist. Es wirkt fast so, als hätte man sie nachträglich in das Drehbuch geschrieben, weil Jane gerade Zeit und nichts besseres zu tun hat. Bei der Art der Dialoge würde es mich auch nicht wundern, wenn man ihn einfach improvisieren hat lassen. Das Gleiche gilt für Ex-Boxchampion Mike Tyson, der trotz Cover-Platzierungen lediglich in zwei Szenen auftaucht und ebenso wenig zur Handlung beizutragen hat. Bruce Willis hingegen scheint einen guten Tag gehabt zu haben und weiß als knurriger Gangsterboss zu gefallen, wirkt er weit weniger abwesend als in vorherigen Produktionen. Tatsächlich muss man den Machern auch zugestehen, dass seine Szenen gut über den Film verteilt wurden, so dass sich seine Performance nicht unbedingt wie ein One-Day-Job anfühlt.

Die Blu-ray, die uns zur Sichtung vorlag, besticht durch eine gute Bild- und Tonqualität. Als Extras gibt es ein Wendecover ohne FSK-Flatschen, eine Bildergalerie und den Trailer.

Fazit:

VENDETTA – TAG DER ABRECHNUNG (2022) ist am Ende des Tages wieder nur einer von vielen Low-Budget-Vehikeln, mit denen sich Bruce Willis die Rente zusammengeräubert hat. Ein formelhafter, generischer und handwerklich mieser Rachestreifen, dessen geringes Budget man zu jeder Zeit spürt. Lediglich Willis hatte einen guten Tag und Thomas Jane macht mit seiner Überdrehtheit etwas her, am Ende ist das aber zu wenig, um diese Gurke wirklich genießen zu können.

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