Mit der gesellschaftskritischen Kammerspiel-Komödie DER VORNAME (2018) gelang Regisseur Sönke Wortmann ein veritabler Kinoerfolg, der vor allem von seinen spaßigen Dialogen und den gut aufgelegten Darstellern getragen wurde. Getreu dem Motto „was einmal funktioniert, funktioniert in der Regel auch ein zweites Mal“ erschien im vergangenen Jahre die Fortsetzung, die folgerichtig auf den Titel DER NACHNAME (2022) hört und das bereits erprobte Ensemble wieder aufeinanderprallen lässt, dieses Mal sogar vor der sonnigen Kulisse Lanzarotes. Ob die Komödie das Niveau des Vorgängers halten kann oder ob es sich hierbei nur um einen faden Nachklapp handelt, verraten wir euch in unserer Kritik, denn seit letzter Woche ist die Produktion der Constantin Film im Heimkino erhältlich.

Originaltitel: Der Nachname

Drehbuch: Claudius Pläging

Regie: Sönke Wortmann

Darsteller: Iris Berben, Florian David Fitz, Christoph Maria Herbst, Janina Uhse, Caroline Peters, Justus von Dohnányi…

Artikel von Christopher Feldmann

Nicht nur Hollywood stürzt sich regelmäßig auf europäische Kinohits, um diese für ein amerikanisches Publikum neu aufzulegen, auch Deutschland schielt regelmäßig ins Ausland, um neues Material für die Komödienfront abzustauben. Ja, die Deutschen mögen am liebsten leichte Kost, die nicht zu sehr anstrengt und bei der es den ein oder anderen Lacher hervorruft. Die perfekte, seichte Unterhaltung, damit auch Mutti und Vati einmal im Jahr ein Kinoticket kaufen, auch wenn es sich dabei immer um dieselbe Sauce handelt. Um die perfekte Mischung aus Schenkelklopfer-Humor und etwas gesellschaftlichem Drama zu treffen, greifen deutsche Filmemacher nur zu gerne auf Ausgangsmaterial aus anderen Ländern zurück wie etwa das tragikomische Kammerspiel DAS PERFEKTE GEHEIMNIS (2019), das auf einem italienischen Film basiert und von Regisseur Bora Dagtekin zur sexistischen und menschenfeindlichen Katastrophe verwurstet wurde, mit über fünf Millionen Besuchern aber zum Hit wurde. Auch französische Produktionen müssen immer wieder für hiesige Neuverfilmungen herhalten. Aus dem sehr sehenswerten DIE BRILLIANTE MADEMOISELLE NEILA (2017) wurde die handzahme aber dennoch erfolgreiche Klischee-Nummer CONTRA (2020), inszeniert von Sönke Wortmann, der zwei Jahre zuvor schon einen französischen Hit zur deutschen Erfolgskomödie gemacht hatte. Allerdings war DER VORNAME (2018), basierend auf dem Film LE PRÉNOM (2012), im Vergleich zu den genannten Titeln wirklich gut und entpuppte sich als bissige, unterhaltsam gespielte Komödie, die gesellschaftlich durchaus relevante Themen diskutierte. Ein Kernelement, das in der Fortsetzung DER NACHNAME (2022) leider vollkommen abhanden gekommen ist, denn der Film fühlt sich seine gesamten 90 Minuten über wie ideenloser Nachklapp an, der sich von einer konstruierten Situation zur nächsten hangelt, um seine Laufzeit zu füllen.

Handlung:

Es hätte ein harmonisches Familientreffen werden sollen. Doch kaum sind das Ehepaar Stephan (Christoph Maria Herbst) und Elisabeth (Caroline Peters) mit den frisch gebackenen Eltern Thomas (Florian David Fitz) und Anna (Janina Uhse) auf Lanzarote eingetroffen, brechen in der Familie Böttcher neue Konflikte auf. Nicht nur erkennen Thomas und Elisabeth ihr geliebtes Familiendomizil kaum wieder, viel schlimmer noch: Ihre Mutter Dorothea (Iris Berben) und Adoptivsohn René (Justus von Dohnányi) haben ihre Beziehung auf der kanarischen Insel in jeder Hinsicht vertieft und verkünden ihren Kinderwunsch! In diversen Allianzen wird heftig über komplizierte Erbfolgen, unmögliche Schwangerschaften und das moderne Verständnis von Familie gestritten – wobei die Sonne Lanzarotes, die Reize einer jungen Gärtnerin und die Wirkung von Haschkeksen die Situation immer weiter eskalieren lassen.

Ich bin ja wirklich selten dem deutschen Betulichkeitskino zugeneigt, doch DER VORNAME konnte mich wirklich gut unterhalten, da der Film seine französische Vorlage relativ gut adaptieren konnte und der Mix aus bissigen und witzigen Streitgesprächen und dem ein oder anderen emotionalen Moment wirklich funktionierte. DER NACHNAME hingegen hatte schon vorab das Geschmäckle, lediglich aus finanziellen Interessen produziert worden zu sein. Aus inhaltlicher Sicht schien eine Fortsetzung überhaupt nicht gerechtfertigt, denn was soll diese denn erzählen? Diese Frage stellte sich vermutlich auch Drehbuchautor Claudius Pläging, der sichtlich Mühe und Not hatte, ein spielfilmtaugliches Skript zu schreiben. Im Grunde bedient sich der Film demselben Set-Up, die Familie kommt abermals zusammen, dieses Mal nicht in einer deutschen Wohnung, sondern im mediterranen Feriendomizil auf Lanzarote, um dem Zuschauer zumindest eine andere Kulisse zu bieten. Der Katalysator der ganzen Chose ist die Tatsache, dass Mutter „Dorothea“ ihren Adoptivsohn „René“ geehelicht hat und nun dessen Nachnamen trägt. Bot im Vorgänger der mögliche Kindsname „Adolf“ noch einigermaßen Zündstoff, erscheint die Ausgangssituation in DER NACHNAME maximal banal. Ein Umstand, der sich auch durch die folgenden 87 Minuten Spielzeit zieht.

Die zu Tage tretenden Konflikte wirken allesamt ziemlich konstruiert. Es geht um mögliche Affären, Stress mit dem eigenen Kind und den Kinderwunsch des ungleichen Paares „René“ und „Dorothea“. Diese Themen ergeben sich nicht aus der Handlung heraus, sondern wirken wahllos eingestreut, was dem Abarbeiten einer Checkliste gleicht. Gleichzeitig sind auch die Probleme der Figuren erschreckend oberflächlich und wenig tiefgreifend. „Thomas“ hat Probleme mit seiner Männlichkeit, gibt überwiegend sexistische Kommentare ab, während seine Partnerin „Anna“ gestresst vom eigenen Kind ist und sich davor scheut, ihrem Liebsten zu gestehen, dass sie eigentlich kein weiteres mehr möchte. „Elisabeth“ gaukelt ihrem spießigen Mann eine Affäre vor, um von ihm mehr Beachtung zu bekommen. All das wird sehr seicht in wenig spritzigen Dialogen behandelt und in Gänze im sonnigen Feriendomizil behandelt, denn auch DER NACHNAME ist als Kammerspiel angelegt, was aber weitaus weniger effektiv genutzt wird als noch im ersten Film.

Das größte Problem ist, dass DER NACHNAME zahlreiche, im Grunde sehr ausgedacht wirkende Geheimnisse auf den Tisch bringt, diese aber nie befriedigend auflöst. Fast schon im Minutentakt kommt das Drehbuch mit dem nächsten um die Ecke, ohne irgendeine Pointe zu finden oder die Figuren weiterzuentwickeln. Am Ende ist dann auch einfach Schluss, ohne das der Zuschauer einen echten Pay-Off serviert bekommt. Das ist über weite Strecken uninteressant und ermüdend, ich selbst bin während der Sichtung zweimal eingeschlafen. Und selbst wenn man keine Lust hat nochmal zurück zu spulen, bekommt man kurz vor Abspann nochmal eine Zusammenfassung von Iris Berben präsentiert, die eigentlich den ganzen Film obsolet macht.

Dass DER NACHNAME nicht völlig in der Belanglosigkeit verendet, ist zumindest den Schauspielern zu verdanken. Alle sind wieder einmal gut aufgelegt, allen voran natürlich Allzweckwaffe Christoph Maria Herbst, der mit seinen spitzen Bildungsbürgerkommentaren für die meisten Schmunzler sorgt. Herbst als Ekel vom Dienst ist zwar nicht wirklich neu aber immer wieder eine Bank, der seine Co-Stars nicht allzu viel entgegenzusetzen haben. Dennoch geben Florian David Fitz, Janina Uhse und Caroline Peters ihr Bestes und behaupten sich auf solide Art und Weise. Lediglich Justus von Dohnányi bleibt dieses Mal etwas blass und hat wenig Material, das ihn glänzen lässt. Als Entschädigung darf hier Iris Berben groß aufspielen und bildet in den ganzen ausufernden Diskussionen einen von Haschkeksen geförderten Ruhepol. Trotzdem weiß das Skript auch mit ihr nicht allzu viel anzufangen, was aber von Berbens Präsenz gut aufgefangen wird. Auch inszenatorisch hat Sönke Wortmann hier wenig zu bieten, die sonnige Kulisse ist zwar gefällig, die Wohnung des Vorgängers bot allerdings eine wesentlich dichtere Atmosphäre. Das weitläufige Grundstück wirkt da fast schon etwas unvorteilhaft, da sich die Figuren somit regelmäßig aus dem Weg gehen können. Auch sonst passiert optisch wenig, beschränkt sich die Kamera doch lediglich darauf, möglichst inspirationslos die einzelnen Charaktere abzufilmen.

Die optische Qualität der Blu-ray aus dem Hause Constantin Film kann allerdings punkten, ist das Bild doch scharf und detailreich. Der Ton ist auch gut, jedoch gibt es hier kaum Momente, in denen er wirklich glänzen kann. Im Bonusmaterial finden sich Trailer und Interviews.

Fazit:

DER NACHNAME (2022) ist genau Das, was ich im Vorfeld erwartet hatte. Eine vor sich hin plätschernde Komödie ohne neue Ideen oder gar einen roten Faden. Regisseur Sönke Wortmann lässt seine zugegeben gut aufgelegten Darsteller banale Alltagsproblemchen in sommerlichem Ambiente diskutieren, ohne wirkliche Pointen zu finden. Am Ende ist der Film eine unnötige Fortsetzung, der es vor allem an Ideen und einem roten Faden mangelt. Zumindest kann man sich damit trösten, dass die Beteiligten mit Sicherheit eine gute Zeit beim Dreh hatten. Mutti und Vati, die sich nach seichter Kost sehnen, werden vermutlich auf ihre Kosten kommen und sich wahrscheinlich auch einen dritten Teil ansehen, in dem dann weitere Belanglosigkeiten ausgetauscht werden. Filmgucker, die ein bisschen mehr zur Unterhaltung benötigen, werden hier sicher nicht glücklich.

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