Es ist offiziell, ich habe einen Hang zu schlechter Ordnung. Als ich gestern meinen Rezensionsstapel durchwühlte, welchen Film ich wohl als nächstes sichten müsste / könnte oder wollte, fiel mir eine Papierhülle auf, die unter die Couch gerutscht ist. In ihr, die Sichtungsdisc von ´Abyzou – Keine Seele ist sicher´, den EUROVIDEO bereits im März im Heimkino veröffentlicht hat. Damit ist die Wahl dann leichtgefallen, welchen Mitternachtssnack ich in meinen Player werfen sollte. Vorhang auf für meine verspätete Rezension.

Originaltitel: The Offering

Regie: Oliver Park

Darsteller: Nick Blood, Emily Wiseman, Paul Kaye, Allan Corduner

Artikel von Christian Jürs

Deutschland und seine Titelschmiede. Scheinbar erschien dem Verleih der relativ nichtssagende Originaltitel ´The Offering´ zu beliebig, weswegen man sich für den Namen des Filmdämons entschied. ´Abyzou´ darf somit ein Stückweit als Spoiler gewertet werden. Der obligatorische Untertitel ´Keine Seele ist sicher´ ist nicht nur reißerisch, er ersetzt quasi auch die komplette Inhaltsangabe. Doch wir wollen uns den Spaß dadurch nicht verderben lassen. Also, auf geht´s.

Saul (Allan Corduner) leitet ein jüdisch-orthodoxisches Bestattungsinstitut in seinen eigenen vier Wänden. Doch heute ist kein Tag wie jeder andere. Zum einen liegt auf seinem Tisch der Leichnam des frisch verstorbenen Yosille (Anton Trendafilov), der, wie wir aus der Anfangssequenz erfahren haben, zum Zeitpunkt seines Todes Begegnung mit einer dämonischen Präsenz hatte (in Form von schwarzem CGI-Nebel, der in seinen Körper eindrang), zum anderen ist ausgerechnet heute sein Sohn Arthur (Nick Blood) ins Elternhaus zurückgekehrt. Das Vater-Sohn-Verhältnis ist nicht das Beste, seit der Sprössling die Nicht-Jüdin Claire (Emily Wiseman) ehelichte. Die begleitet ihren Gatten und ist zudem hochschwanger, weswegen es an der Zeit ist, die Differenzen beizulegen und einander zu nähern. Dies gelingt zunächst auch recht gut, doch Arthur hat noch ein weiteres Anliegen, welches ihm auf der Seele liegt. All dies wird dann aber überschattet von einem Missgeschick Arthurs, der aus Versehen das Amulett, welches der tote Yosille um den Hals trug, beschädigt. Fortan haben die dämonischen Kräfte freie Bahn und das Bestattungsunternehmen wird zur Todesfalle für alle Anwesenden.

Wenn Horrorfilme neue Wege beschreiten, anstatt alte, ausgetrampelte Pfade zu betreten, finde ich das löblich. Ein Horrorfilm im jüdischen Umfeld ist schonmal der Schritt in die richtige Richtung. Hinzu kommt, dass Abyzou – Keine Seele ist sicher mit gut geschriebenen Charakteren punkten kann und außerdem mit 93 Minuten Laufzeit recht flott erzählt ist. Dass sich der Film eingangs Zeit nimmt, seine Figuren vorzustellen, ist da kein Beinbruch, sondern ebenfalls positiv zu bewerten, denn so fiebert man mit den Protagonisten, besonders mit der hochschwangeren Claire, ordentlich mit. Aber auch die Spannungen zwischen Arthur und den übrigen Familienangehörigen werden uns glaubhaft verkauft und das Setting des familiären Bestattungsunternehmens ist auch eine Bank.

Trotz all´ dieser hervorragenden Voraussetzungen schafft es das Langfilmdebüt von Regisseur Oliver Park dann aber doch nur zum gehobenen Mittelmaß. Oftmals verlässt man sich auf einfache Jumpscares und mittelprächtigen CGI-Budenzauber. Ist der Dämon erstmal von der Leine, suhlt sich Abyzou – Keine Seele ist sicher leider in Standardsituationen, die den geneigten Horrorfan kaum noch beeindrucken können. Als Snack für zwischendurch aber durchaus geeignet. Schade, da wäre mehr drin gewesen.

Bild-, Tonqualität und Synchronisation sind top. Im Bonusbereich gibt es bei den physischen Veröffentlichungen lediglich Trailer und ein Wendecover ohne FSK-Logo.

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