Call me Eeeviiil! – Halloween, Valentinstag oder Heiligabend – sie alle haben ihre persönlichen Horrorfilme erhalten. Die legendäre Cannon Group wollte in der frühen Phase ihres Schaffens auch ein Stück vom Slasherkuchen abhaben und ließ ihren Maniac zum Jahreswechsel in einer Rocknacht des Grauens durchdrehen. WICKED VISION DISTRIBUTION GMBH wollte nicht bis Silvester warten und hat den weitestgehend in Vergessenheit geratenen Horrorfilm aus der New Wave Ära in drei Covervarianten veröffentlicht.

Alter deutscher Titel: Rocknacht des Grauens

Regie: Emmett Alston

Darsteller: Roz Kelly, Kip Niven, Chris Wallace, Grant Cramer, Teri Copley, Jed Mills

Artikel von Christian Jürs

Die Rumpelbude Cannon Group der israelischen Cousins Menahem Golan und Yoram Globus prägte meine Jugend einschlägig. Kein Wunder, produzierten sie doch zwischen 1979 und 1989 satte 125 Filme. Dabei wilderten sie in allerlei Genres, populär wurden sie aber vor allem für ihre Actionkracher mit Van Damme, Norris, Bronson und Co. Ans Horrorgenre wagte man sich nur äußerst selten und wenn, dann meist in Kombination mit Handfeuerwaffen und Karateschlägen, wie etwa im Chuck Norris Reißer Hero (and the Terror) oder in Charles Bronsons Slasher-Actionhybrid Ein Mann wie Dynamit. Insofern erhält New Year´s Evil schonmal einen Sonderstatus als reiner Horrorthriller ohne Schnörkel aus dem Hause Cannon.

Hollywood in der Silvesternacht. Die erfolgreiche TV-Moderatorin Diane ´Blaize´ Sullivan (Roz Kelly) steht kurz vor ihrem großen Auftritt ihrer Musik-Silvestersendung, in der nicht nur die höchst mittelprächtige New Wave-Band ´Rock Band Shadow´ ihre Gassenhauer zum Besten gibt, sondern auch per Zuschauertelefon nach dem Rocksong des Jahres gesucht wird. Doch bis es so weit ist, lernen wir Diane erstmal als egoistische, karrieregeile Schnepfe kennen, die ihrem Sohn Derek (Grant Cramer), der ihr die frohe Botschaft überbringen möchte, dass er es im Alleingang geschafft hat, die Hauptrolle in einer TV-Serie zu ergattern, keinerlei Aufmerksamkeit schenkt. Auch wenn der Sohn so sympathisch ist, dass man ihn nachträglich abtreiben möchte, dank dieser miesen Nummer gebührt Diane schonmal der Preis als Rabenmutter des Jahres – nicht die besten Voraussetzungen, um mit der pink geschminkten Bitch im Überlebenskampf eines Horrorfilms mitzufiebern.

Auf der Bühne dann ist Mami aber in ihrem Element und quatscht, wenn nicht gerade die Rock Band Shadow wieder einen ihrer schnarchigen Gassenhauer präsentiert (an einer Stelle des Films dreht das punkerlesene Publikum allen Ernstes zu einer schwülstigen Bluesnummer auf der Tanzfläche durch), mit den Anrufern über fiktive Rocksongs (oder kennt jemand das Lied ´We don´t need no education´?). Dann aber folgt das Telefonat, auf das wir Horrorfans sehnlichst gewartet haben. Ein Psychopath (Kip Niven) mit verstellter Stimme, die an den zwei Jahre später entstandenen New York Ripper erinnert, droht, zu jeder vollen Stunde der verschiedenen, amerikanischen Zeitzonen, immer pünktlich zum jeweiligen Jahreswechsel, eine Frau (die er gaaaaaanz dolle hasst) umzubringen. Zunächst glauben die Leute noch an einen Scherz, doch tatsächlich schlachtet der recht charmant auftretende Killer eine Krankenschwester (Taaffe O ´Connell), die sich ihm gerade zum Spontanbeischlaf angeboten hat, auf brutale Art und Weise ab. Zum Beweis seiner Tat nimmt er den Mord auf Audiokassette auf, um diese bei seinem nächsten Anruf vorzuspielen.

Die eingeschaltete Polizei sieht die Sache dann aber eher entspannt. Allen Ernstes wirft der ermittelnde Lt. Clayton (Chris Wallace) der verängstigten Moderatorin sogar vor, dass ´so Leute wie sie´ verantwortlich wären für solch´ mordende Psychopathen. Ja, ja, die böse, böse Rockmusik nun wieder. Das ist alles Dramaturgie vom Reißbrett und wäre extrem belanglos, wenn der Film nicht seinen Fokus von der unsympathischen TV-Moderatorin hin zu Kip Niven, dem Psychokiller auf der Jagd, wechseln würde. Der war schon ziemlich gut als mörderischer Bulle im zweiten Dirty Harry-Streifen Calahan (der, mit der falschen, deutschen Schreibweise) und darf hier so richtig freidrehen. Dem damaligen Jungregisseur Emmett Alston gelang mit der Verlagerung des Fokus auf den Killer beim Ausüben seiner Pflicht ein atmosphärischer Coup, dem ich gerne beiwohnte. Zwar bekommen die Damen, die in sein Visier geraten, nur wenige Minuten Screentime ehe es ernst wird, trotzdem fiebern wir mit, ob es der ein- oder anderen eventuell gelingen würde, dem Schlitzer zu entgehen. Erfreulich, dass Niven hier zwar die ein- oder andere Maskerade benutzt (wie z.B. einen aufgeklebten Schnauzer), er aber, abgesehen vom Finale im TV-Studio (wo sonst?) auf eine gesichtsbedeckende Maske verzichtet.

Auch wenn´s nicht allzu blutig vonstattengeht (der Film hat mittlerweile sein FSK 16-Siegel), findet der eilig in nur zwei Wochen heruntergekurbelte Slasher dank seines charismatischen Psychos in die Spur und weiß zu unterhalten. Ein Kill hier, eine nackte Brust da – Gründe genug, ein Auge zuzudrücken, dass der Produktion scheinbar keine Feuerwerkskörper zur Verfügung standen und niemand in den Straßen auch nur einen Böller wirft.

Bild- und Tonqualität dieser Veröffentlichung sind super. Als Bonus gibt es einen Audiokommentar, ein Making-of, Trailer, das Press-Kit, eine Bildergalerie und ein 24-seitiges Booklet von Christoph N. Kellerbach.

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