Bereits mit seinem zweiten Spielfilm schuf der französische Filmemacher Alexandre Aja ein Brett von einem Horrorthriller, wodurch Hollywood umgehend seine Fühler ausstreckte und den Regisseur über den großen Teich holte. Dort entwickelte sich Aja vor allem als zuverlässiges Qualitätssiegel für gelungene Horrorremakes (The Hills have Eyes / Mirrors). Hierzulande musste seine Eintrittskarte für die Traumfabrik kräftig gegen die Mühlen der Zensur ankämpfen. High Tension wurde seitens der FSK damals die Freigabe verweigert, wodurch eine Kinoauswertung ausblieb. Der Gang zur weniger strengen Juristenkommission verlief ebenfalls unbefriedigend und führte lediglich zu einer etwas weniger geschnittenen Fassung bei Höchstfreigabe (strafrechtlich unbedenklich). Die Indizierung ließ dann nicht lange auf sich warten. Jetzt hat PLAION PICTURES den Film rehabilitiert und ist mit dem Klassiker nochmals bei der Freiwilligen Selbstkontrolle angetreten. Das Ergebnis fiel dann zeitgemäß aus: FSK ab 18 Jahren freigegeben – selbstredend unzensiert. Ob er auch heute noch schockt?

Originaltitel: Haute tension

Regie: Alexandre Aja

Darsteller: Cécile de France, Maïwenn, Philippe Nahon, Franck Khalfoun, Oana Pellea

Artikel von Christian Jürs

High Tension beginnt eigentlich ganz harmonisch – zumindest dann, wenn man die ersten Sekunden, die uns einen Blick in einen späten Handlungszeitpunkt gewähren, außer Acht lässt. Doch auch wenn zunächst Friede, Freude und Eierkuchen herrscht, trügt der Schein – und zwar gewaltig.

Alex (Maïwenn) und Marie (Cécile de France) machen sich auf den Weg in ein relaxtes Wochenende im Landhaus von Alex´ Eltern. Dort wollen sie, neben Ausspannen, sich in aller Ruhe auf ihre Examensarbeit vorbereiten. Doch als sie spätabends dort ankommen, werden sie aus der Ferne bereits von einem Fremden (Philippe Nahon) aus seinem alten Citroën Transporter heraus beobachtet. Die lauernde Gefahr bestätigt sich, als der Unbekannte einen abgetrennten Frauenkopf aus dem Fenster wirft, den er zuvor oral missbrauchte.

Da die jungen Frauen erst spät bei Alex´ Familie eintreffen und von der langen Fahrt müde sind, gehen sie früh zu Bett. Doch ihre Nachtruhe wird gestört, als der unheimliche Fremde ins Haus eindringt und Vater (Andrei Finti), Mutter (Oana Pellea) und auch den kleinen Bruder (Marco Claudiu Pascu) von Alex brutal abschlachtet. Das Mädchen selbst schleppt er in seinen Lieferwagen und entführt sie. Marie kann sich derweil geschockt versteckt halten. Doch dann fasst sie allen Mut zusammen und macht sich schließlich auf, ihre Freundin aus den Fängen der Bestie zu befreien…

High Tension ist knüppelhart. Allerdings wirkt der Film nicht mehr ganz so krass wie damals, als man noch zur unzensierten Österreichveröffentlichung greifen musste, um das volle Ausmaß der filmischen Gewalt zu Gesicht zu bekommen. Zu dieser Zeit waren wir Horrorfans uns einig: „Der schafft es niemals ungekürzt nach Deutschland und wird mit Sicherheit verboten!„. Wir lagen falsch!

Zwar wurde der Film seitens der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (damals noch Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien genannt) auf Liste B indiziert, was eine Einreichung zur bundesweiten Beschlagnahmung möglich gemacht hätte, doch dazu kam es nie. Im März dieses Jahres wurde dann die vorzeitige Listenstreichung bekanntgegeben und bereits einen Monat später erteilte auch die FSK ihren heiligen Segen, der es nun möglich macht, High Tension auch im hiesigen Supermarkt genauso ungeschnitten wie das Sauerteigbrot im Backregal, anzubieten.

Eine Entscheidung, die absolut gerechtfertigt ist, denn auch wenn High Tension die ein oder andere Härte im Gepäck hat, so stehen die Gräueltaten doch nicht im Vordergrund, sondern die geschickt verknüpfte Handlung, die den Zuschauer bei Erstsichtung auf einen gewaltigen Holzweg führt. Umso mehr wirkt der Faustschlag ins Gesicht den Unbefangene verpasst bekommen und der geradezu aufruft, den Schocker mehrmals zu sichten, da die – durchaus überraschende – Auflösung in fein säuberlich versteckten und verstreuten Hinweisen bereits früh angedeutet wird (erste Hinweise gibt es schon in den ersten Minuten).

Alexandre Aja startete hiernach vollkommen zurecht durch und kredenzte uns großartige Remakes, allen voran der geniale The Hills have Eyes aus dem Jahr 2006, der Wes Cravens Original wie einen behäbigen Kinderfilm wirken lässt. Doch bereits hier bewies er sein Können, unterstützt von zwei tollen Hauptdarstellerinnen, die vollends überzeugen.

Mir lag zur Rezension lediglich der 4K UHD-Rohling vor. Dieser besticht durch eine glasklare Bildqualität (2,35:1 / HDR10 + Dolby Vision / 2160p) und ebensolchen Ton (Deutsch und Englisch in DTS-HD Master Audio 5.1 / Französisch in DTS-HD Master Audio 7.1). Außerdem befinden sich zwei Audiokommentare auf der Scheibe (Alexandre Aja & Grégory Levasseur / Kai Naumann & Laurent Ohmansien), sowie der Trailer. Die Blu-ray-Version verfügt über identisches Bonusmaterial. Allerdings soll dem Mediabook noch eine weitere Blu-ray, vollgestopft mit Extras (u.a. eine etwa 90-minütige Dokumentation) und ein 28-seitiges Booklet von Christoph N. Kellerbach, beiliegen. Danke an Plaion Pictures für soviel Fanservice.

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