Für das Euro-Western-Genre ist dieser Streifen eine kleine Besonderheit. Nicht nur, dass Tomas Milian nach einer Reihe intellektueller Filme hier seine erste Hauptrolle in einem Western bestritt, sondern es ist auch noch ein Western, der einen Roman als Drehbuchvorlage hatte, vom spanischen Ministerium für Kultur Fördermittel zugesprochen bekam und bei der Verleihung des spanischen Filmpreises als Bester Film des Jahres ausgezeichnet wurde. Eine lobende Erwähnung für die künstlerische Umsetzung gab es außerdem. Und als wäre das nicht genug, wird im Film auch noch geweint. Es fließen echte Tränen. Was ist da nur los? EXPLOSIVE MEDIA / PLAION PICTURES brachten den Italo-Western erstmals offiziell als Blu-Ray von einer neuen 4K Master Abtastung in einem Digipak heraus, DVD inklusive, die es auch einzeln zu erwerben gibt.

Originaltitel: El precio de un hombre / The Bounty Killer

Regie: Eugenio Martin

Darsteller: Tomas Milian, Richard Wyler, Hugo Blanco, Mario Brega, Enzo Fiermonte, Tito Garcia, Ella Karin, Glenn Foster

Artikel von Kai Kinnert

Der Kopfgeldjäger Luke Chilson (Richard Wyler) verfolgt den verurteilten Banditen Jose Gomez (Tomas Milian), der bei seiner Flucht von einer Jugendfreundin (Ella Karin) aus seinem Dorf unterstützt wurde. Chilsons Versuch, Gomez wieder in Gewahrsam zu nehmen, wird durch die Loyalität der Einheimischen vereitelt, die sich alle liebevoll an Gomez erinnern und glauben, dass er durch Ungerechtigkeit und Verfolgung zum Banditentum getrieben wurde. Als jedoch Gomez‘ Freunde in die Siedlung eindringen, werden alte Freundschaften auf die Probe gestellt und Loyalitäten beginnen sich aufzulösen. Ist Gomez der Mann, für den sie ihn halten?

Der Film hatte mich überrascht. Nach seiner ersten Sichtung fand ich ihn irgendwie behäbig und zu routiniert, um über den Abspann hinaus in Erinnerung bleiben zu können. Es gab wenige Settings, eher dezente Action und keine schrägen Kameraeinstellungen. Optisch scheint sich der Film unaufwendig zu geben. Sicher, Tomas Milian spielt mit – und er macht seine Sache gut. Doch zu ihm komme ich gleich noch. Also sah ich mir den Film noch einmal an, und daraufhin nochmals, nur um ganz sicher zu gehen: Nein, so schlecht ist der Film gar nicht, es stört nur Richard Wyler etwas. Sogar Eutenio Martin war mit Wyler nicht zufrieden, musste ihn jedoch besetzen, da der Mann bei der Produktionsfirma unter Vertrag stand. Wenn man Wyler also außer Acht lässt, konnte man tiefergehende Qualität entdecken, die anfangs gar nicht so auffiel. Ohne Dollar keinen Sarg ist zwar ein unaufgeregt inszenierter Film ohne Sperenzien und mit übersichtlicher Action, wurde dafür jedoch mit großer Sorgfalt umgesetzt. Die Kamera von Enzo Barboni (Django) ist ökonomisch durchdacht und setzt die Drehorte gut in Szene. Die atemberaubend-zerklüftete Schlucht ist dramatisch in die Handlung mit eingebunden worden, dazu dezent-wuchtige Gebirgszüge im Hintergrund – die Außenaufnahmen sind stimmig und die Landschaften passen sich wunderbar ins Geschehen ein. Aber auch in den Innenaufnahmen kann Barboni glänzen. Ausgestattet in gedeckten Farben und einem gut abgestimmten Licht, geraten die Studioszenen zu einem künstlerisch durchdachten Konzept. Hier wurde nicht bunt zusammengewürfelt, wie es sonst oft bei günstigeren Produktionen der Fall ist. Mal gibt es Low Key Aufnahmen, mal kleine Farbakzente, oft sogar dezente Kamerafahrten und ein wohl temperiertes Spiel mit Vorder- und Hintergründen. Die schönste Kamerafahrt gelingt Barboni so bei Minute 16 herum, als eine Wache das Haus verlässt und durch das Set mit Pferden und Kutsche geht. Die fast 40sekündige Plansequenz ist eine einzige Fahrt im Verbund mit Kranschwenks und wurde elegant umgesetzt. Ein kleines Detail nur, aber ein schönes.

Mag der Film auch „einfach“ sein, es wurde hier nicht schlunzig heruntergekurbelt. Optisch liefert uns Barboni ein unaufdringliches, aber schön gesetztes Bild mit einer durchdachten Farbgebung. Dazu passt die Musik von Stelvio Cipriani (Großangriff der Zombies). Eine weitere Stärke des Films ist die gute Besetzung sämtlicher Nebenrollen. Die Bande von Tomas Milian ist mit famosen Gesichtern des Genres besetzt worden und alle können schauspielern. Keiner legt hier einen Knallchargen-Auftritt hin und selbst die Ganoven spielen selbstreflektiert und mit kleinen Gesten. Allen voran natürlich Tomas Milian. Sich treu bleibend, ließ er sich das Drehbuch von Martin schicken und überarbeitete gleich seine gesamte Rolle. In späteren Filmen kippte diese Art der Kontrolle über seine Rollen in eine Art Kajal-Zappel-Augenroll-Theater, hier jedoch blieb Tomas Milian sehr bodenständig und zeigt seine seriöse Schauspielausbildung. Er füllt die Western-Leinwand mit einer frischen Fiebrigkeit und Leidenschaft, seine Gesten sind durchdacht, präsent und dennoch nicht drüber. Er ist der zentrale Punkt, der den Film zusammenhält. 

Ohne Dollar keinen Sarg ist ein kleiner, aber feiner Film. Mag es hier vielleicht auch weniger Action und mehr Dialoge als sonst geben – dieser schnörkellose Film wurde unaufdringlich, ernsthaft und durchdacht inszeniert. Die gute Kameraführung ist dezent, die Besetzung ansehnlich, die Ausstattung wohl temperiert und ohne farbliche Überfrachtungen versehen. Ein Film, der auch im zweiten und dritten Durchlauf kleinere Details in der Inszenierung offenbart. Überraschend. Das Bild der Blu-ray ist sauber, satt und gut, der Ton ebenso. Als Extras gibt es Interviews mit Tomas Milian und Eugenio Martin, ein Alternatives Ende aus der italienischen Fassung, Trailer, eine Bildergalerie mit seltenem Werbematerial und im Falle des Digipaks ein zusätzliches Booklet.

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