Fleeeesh…aah-aaah – Savior of the univ… HALT! STOP! Hier stimmt doch etwas nicht! Der Film, den TURBINE MEDIEN uns hier präsentiert, ist ja gar nicht der kickelbunte Superhelden-Murks mit Max von Sydow und der rattigen Ornella Muti. Nein, hier sind gleich alle Darsteller dauerrattig, denn bei Flesh Gordon mit „e“ handelt es sich um die bereits sechs Jahre vorher entstandene Sexklamotte, die sich an der Serie aus den Dreißigern orientierte. Wie vom Verleiher gewohnt, spendierte man der liebevoll gestalteten Farce, ohne die Star Wars eventuell nie das Licht der Kinoleinwand erblickt hätte (kein Witz!), wie gewohnt eine Premiumedition.

Regie: Michael Benveniste & Howard Ziehm

Darsteller: Jason Williams, Suzanne Fields, Joseph Hudgins, William Dennis Hunt, Candy Samples

Artikel von Christian Jürs

Da werden Jugenderinnerungen bei mir erweckt. Nein, im Kino konnte ich Flesh Gordon nicht sichten, denn als der Film am 23. März 1975 startete, war ich gerade einmal einen und einen halben Monat alt und damit knapp an der Zielgruppe vorbeigeschrammt. Es muss irgendwann so um 1989 / 1990 gewesen sein, als ich, viel zu jung, den Clubausweis meiner Eltern zur zwanzig Minuten Fußmarsch entfernten Videothek Videobox überreicht bekam. Dies geschah dank einer Absprache meiner Mutter (die es leid war, ständig für mich dorthin zu laufen und meine Wunschliste abzuarbeiten) mit der Videothekarin – beiden war Jugendschutz augenscheinlich nicht ganz so wichtig.

Der Videothekarin mit der extralangen Dauerwelle und den Sommersprossen, schien es schnuppe zu sein, wer das Geld ins Haus brachte – kein Wunder, lief der Laden, den sie gemeinsam mit ihrem Schnauzbarttragenden Vokuhila-Freund (was fand sie eigentlich an dem?) betrieb, doch nicht sonderlich gut. Ihm war meine Anwesenheit zwar ein Dorn im Auge (verständlich irgendwie), bei ihr hatte ich aber einen Freifahrtschein und durfte in allen Ecken des Ladens herumstöbern. Gut, in die Pornoecke traute ich mich natürlich nicht. Das wäre meiner Mutter mit Sicherheit auch ganz und gar nicht recht gewesen – Sex war tabu, Horror und Gewalt hingegen gingen in Ordnung – sie hätte eine vorbildliche Texanerin abgegeben.

Flesh Gordon stand aber natürlich nicht in der berüchtigten Schmuddelecke, sondern bei den Komödien, obwohl der Film ursprünglich tatsächlich als Pornoparodie gedacht war und entsprechende Szenen auch gedreht wurden. Nachdem es aber Ärger gab, da eine der Darstellerinnen sich als minderjährig entpuppte und die ganze Sache auch vor Gericht ging, änderte man das Konzept und schmiedete daraus eine schräge Softsex-Komödie mit liebevoll gestalteten Effekten (aber dazu später mehr). Kommen wir erstmal zur Handlung.

Der erfolgreiche Eishockey-Spieler Flesh Gordon (Jason Williams) befindet sich nach einem Auslandsspiel gerade auf dem Heimflug in die USA. Mit ihm an Bord sitzt Passagierin Dale Ardor (Suzanne Fields), die plötzlich, wie alle anderen an Bord, eine extreme, sexuelle Erregung erlebt. Schuld daran tragen merkwürdige orange-rote Strahlen, denen das Flugzeug ausgesetzt wird und die zu einer hemmungslosen Orgie an Bord führen. Einzig Flesh behält die Fassung und verlässt, gemeinsam mit der äußerst aufdringlichen Dale („Benutz mich!“) im Schlepptau, den Flieger per Fallschirm, ehe die Maschine, aufgrund der nun herumvögelnden Piloten, irgendwo am Boden zerschellt. So wurde aus einer Massenorgie ein unfreiwilliger Quickie – blöd.

Am Boden treffen sie auf den etwas durchgeknallten Wissenschaftler Dr. Flexi Jukoff (Joseph Hudgins), der im Original übrigens „Jerkoff“ heißt (ha ha ha – lol). Der ist nicht nur ein Freund von Fleshs Vater, er hat auch den Plan gefasst, ins All zu fliegen, um den Ursprung der scheinbar außerirdischen Sexstrahlen zu ergründen. Da er ganz allein einer ständigen Bestrahlung ausgesetzt ist, trägt er seinem Namen nicht nur vollkommen zurecht, das Raumschiff hat auch eine entsprechende Phallus-Form verpasst bekommen.

Gemeinsam machen sich die Drei auf den Weg in unendliche Weiten und geraten dabei schnell in den Einfluss der Sexstrahlen, wodurch sie auf dem Planeten Porno (!!!) notlanden müssen. Hier treffen sie nicht nur auf penisförmige Riesenwürmer, sondern auch auf die Soldaten des dortigen Herrschers König Hodis (William Dennis Hunt), der im Original „Wang the Perverted“ heißt und ausschaut, als haben Max von Sydows Imperator Ming und Captain Spalding ein Kind gezeugt.

Während Jukoff gezwungen wird, als Wissenschaftler für den Diktator zu arbeiten, soll Dale Hodis ehelichen, während Flesh als Lustsklave der Königin Clitoria (Nora Wieternik) dienen soll (die übrigens im Original den Namen Amora trägt). Es ist also alles im Eimer auf Planet Porno, doch Flesh und seine Freunde geben sich noch lange nicht geschlagen und müssen sich mit verschiedenen Feinden herumärgern. Egal ob lesbische Amazonen, Sexroboter mit Stahlbohrerpenis, ein riesiges Monster, welches im Original übrigens die Stimme von Craig T. Nelson aus Poltergeist besitzt, oder oder oder – die Zahl der Feinde ist vielfältig, wobei Effekte und Kostüme wahnsinnig originell und liebevoll gestaltet wurden.

Es ist schon erstaunlich, dass dieser, als Pornoparodie gedachter, Ulk es geschafft hat, sowohl an der Kinokasse zu überzeugen und zum Kult zu mutieren, als auch dem Fantasy- / Science Fiction-Genre wieder neue Impulse zu verpassen, weswegen man später dem Krieg der Sterne und ähnlich gelagerten Filmen überhaupt erst grünes Licht für die Produktion gab. Dass die Sets und Effekte (die teilweise an Ray Harryhausens Sindbad-Filme erinnern) so gekonnt gestaltet ausschauen, liegt an den Leuten, die sich hierfür verantwortlich zeigten und die später allesamt eine beachtliche Karriere hinlegten. So arbeiteten u.a. Rick Baker (American Werewolf), Michael Minor (Star Trek: Der Film) und Doug Beswick (Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung) an Flesh Gordon mit.

Wie chaotische die gesamte Produktion geriet und welche Steine ihr in den Weg gelegt wurden, davon könnt Ihr Euch beim Audiokommentar von Regisseur Howard Ziehm erzählen lassen. Wem das an Informationen noch nicht ausreicht, der bekommt ein 134 minütiges Special mit Filmwissenschaftler Dr. Rolf Giesen und Filmjournalist Christian Genzel obendrauf. Wie üblich, sprudelt es hier aus Herrn Giesen nur so heraus, was an seinem fundamentalen Wissen liegt. Kollege Christian Genzel, der damals mein Vorgänger beim Online-Fanzine Evil Ed war (jeder hat so seine Leichen im Keller), kommt weit weniger zu Wort. Macht aber nix, denn dafür steuerte er das 64-seitige Booklet „Die Reise nach Porno“ bei, wo er sich ebenfalls ausgiebig äußern durfte. Außerdem gibt es bei Einlage der Hauptdisc ein kurzes Grußwort von Hauptdarsteller Jason Williams, diverse Trailervarianten, einen Vergleich zwischen der Deutschen- und der US-Fassung und gleich drei Filmvarianten obendrauf.

So kann man den Film in seiner Uncut-Fassung genießen (wobei kurze Sequenzen nachsynchronisiert werden mussten), in der Super-8-Version und der vervollständigten, deutschen Fassung. Letztere unterscheidet sich teils deutlich vom Original. So wurden einige deutsche Texteinblendungen vorgenommen, eine Intermission, die ironisch mit den Unterbrechungen der frühen Kinojahre umgeht, wurde verändert und so weiter und so fort. Qualitativ ist der Film ordentlich remastert worden, nur sollte man bei einem so alten Low Budget-Streifen keine Wunder erwarten. Die Tonspuren klingen super und es lohnt sich der Vergleich zwischen dem Original und der Synchronfassung, die schön schnodderig daherkommt und sich allerlei Freiheiten nimmt. Hier wurde Flesh vom leider vor Kurzem verstorbenen Elmar Wepper eingesprochen.

Wer also Lust bekommen hat auf diese schräge Zeitreise, die ein Abgesang auf die auslaufende Flower Power mit freier Liebe war (eigentlich ist Flesh ja der Bösewicht in meinen Augen, will er doch die amerikanischen Werte wieder hochhalten – ich bin hingegen Team Sexstrahlen), der sollte schnell zuschlagen, denn die ersten Covervarianten sind bereits ausverkauft oder sehr rar. – Fleeesh, ahhh ahhh...

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