Während meiner Grundschulzeit war montags der Spielplatz immer schon ein paar Minuten früher leergefegt als sonst, denn um 17:50 Uhr musste das ZDF eingeschaltet werden. Dort lief, wenn nicht gerade eine neue Staffel der biederen Krimiserie SOKO 5113 versendet wurde, die US-Vorabendserie Ein Colt für alle Fälle. Eine Action-/Comedy-Serie, die von einem Stuntman und Kopfgeldjäger handelt, verkörpert von Lee Majors. Am nächsten Morgen war die Serienfolge stets Schulhofgesprächsstoff, vor allem bei den Jungs. Nun folgte das Kinofilm-Remake mit Ryan Gosling in der Titelrolle und Emily Blunt an seiner Seite. Die Regie übernahm David Leitch (Bullet Train / Atomic Blonde), der als gelernter Stuntman die besten Voraussetzungen für den Posten mitbrachte. Doch der erhoffte Box-Office-Erfolg sollte sich nicht einstellen. UNIVERSAL PICTURES HOME ENTERTAINMENT spendiert dem Film nun trotzdem im Heimkino mehrere Editionen, darunter auch einen zwanzig Minuten längeren Extended Cut. Leichte Filmkost für den Sommer.

Regie: David Leitch

Darsteller. Ryan Gosling, Emily Blunt, Aaron Taylor-Johnson, Teresa Palmer, Hannah Waddingham

Artikel von Christian Jürs

„Dies ist die Geschichte von einem der sympathischsten Draufgänger Amerikas. Jeder hat ihn schon mal in irgendeinem Film gesehen, aber niemand kennt sein Gesicht. Er wird bejubelt, das Publikum weint um ihn und einmal wollten sogar zwei Frauen für ihn ins Wasser gehen. Aber hat er Ruhm, Geld und Mädchen wie ein großer Star? Nein! Er ist ja auch nur der Stuntman.“

Colt Seavers, 1981

Stuntman Colt Seavers (Ryan Gosling) ist zur Stelle, wenn es für Actionstar Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson) zu gefährlich wird. Ein Fulltime-Job, denn Ryder ist ein arrogantes Weichei, der sich, auch bei Kleinigkeiten, stets doubeln lässt. Colt liebt seine Arbeit, zumal er dort in der Nähe seiner Lieblingskamerafrau Jody Moreno (Emily Blunt) sein kann, mit der er einst ein kleines Liebes-Techtelmechtel hatte und dabei sein Herz an sie verloren hat. Doch eines Tages geht der Dreh einer Actionszene grauenvoll schief und Colt bricht sich den Rücken.

Danach ist für Colt nichts mehr, wie es einmal war. Er wirft seinen Job hin, verkriecht sich und arbeitet fortan als Fahrzeug-Einparker eines mexikanischen Restaurants. Dann aber ruft ihn die Produzentin Gail Meyer (Hannah Waddingham), die ein wenig ausschaut wie Martina Hill in der Rolle der Mandy Hausten, an und unterbreitet ihm ein Angebot. Er solle wieder in seinen alten Job zurückkehren, nach Australien ans Set des Science-Fiction-Krachers Metalstorm, in dem Tom Ryder die Hauptrolle spielt. Zunächst lehnt Colt ab, als er aber erfährt, dass es sich dabei um das Regiedebut seiner Herzensdame Jody handelt, packt Colt seine Koffer und reist nach Down Under.

Als Jody ihn am Set entdeckt, ist sie wenig erbaut, da Colt sich seit seinem Unfall verkrochen hat und sich nicht mehr bei ihr meldete. Da der Film aber Vorrang hat und ihre einzige Chance auf berufliche Anerkennung darstellt, gibt Jody schließlich klein bei. Doch damit sind die Probleme nicht aus der Welt, denn Tom Ryder ist plötzlich spurlos verschwunden und die Dreharbeiten stehen auf der Kippe. Die Einzige am Set, die Wind von der Sache bekommen hat ist Gail, die Colt darum bittet, den verschollenen Hollywoodstar wiederzufinden, ehe die Produktionsfirma Wind von der Sache bekommt. Um Jody zu unterstützen, begibt sich Colt heimlich, mit Hilfe des Stunt-Koordinators Dan Tucker (Winston Duke) und Toms Assistentin Alma Milan (Stephanie Hsu), auf die Suche nach dem verschollenen Superstar. Das Unterfangen gestaltet sich allerdings gefährlicher als gedacht und plötzlich steht der Stuntman vor einer eisgekühlten Leiche und hat eine Horde Killer am Hals.

Wer bei The Fall Guy eine modernisierte 1:1-Kopie der Kultserie erwartet, dürfte enttäuscht werden. Ryan Gosslings Colt Seavers kommt deutlich comichafter daher als Lee Majors damals. Auch Jody, einst verkörpert von Heather Thomas, ist kein einfacher Bildverschönerer und steht auch nicht im Bikini in der Schwingtür (schade!). Hinzu kommt, dass von Howie, dem Neffen Colts, weit und breit nichts zu sehen ist. Den Charakter, den einst Douglas Barr verkörperte, holt der aktuelle Film nicht zurück.

Das ist aber gar nicht so schlimm, denn David Leitch kocht sein eigenes Süppchen und geht trotzdem respektvoll mit dem Original um. Mit viel Witz und haufenweise jugendfreier Action (ganz wie die Originalserie) hetzt er Ryan Gosling von einer brenzligen Situation in die Nächste, wodurch eine unterhaltsame und sehenswerte Stuntshow entbrennt. Zwar braucht The Fall Guy ein wenig zu lange, um in die Gänge zu kommen, dann aber kracht es gewaltig und es ist schön, einmal wieder echte Stunts bestaunen zu dürfen, wie etwa den 8,5-fachen Überschlag eines Autos, der es ins Guinness Buch der Weltrekorde geschafft hat. Im Abspann bekommt man dann, neben einer weiteren Filmszene, das Making-Of der Stunts zu Gesicht. Schon krass, was da geleistet wurde.

Auch wenn ich Bullet Train und Atomic Blonde von David Leitch deutlich stärker fand, The Fall Guy ist ordentliches Popcorn-Futter mit sensationellen Stunts und vielen guten Gags. Lediglich bei der Chemie des eigentlich gut aufgelegten Hauptdarsteller-Duos hapert es ein wenig. Dafür sorgen die vielen Anspielungen auf die Achtziger für zusätzlichen Spaß. So kommen u.a. Miami Vice-Fans auf ihre Kosten. Auch der Soundtrack zelebriert das poppige Jahrzehnt, auch wenn I Was Made For Lovin´ You von KISS bereits 1979 erschienen ist. Meine Familie und ich hatten jedenfalls Spaß bei der Pressevorführung vor einigen Wochen, zu der ich freundlicherweise Frau und Kinder mitnehmen durfte.

War man bei der Kinoauswertung der Presse gegenüber noch spendabel, so wurde für den Heimkinorelease, nachdem The Fall Guy beim Publikum auf Desinteresse stieß, der Sparfuchs angesetzt. Pressemuster wurden lediglich an die großen, reichweitestarken Kritik-Anstalten versandt, weswegen wir von den Medienhuren leider leer ausgingen. Aus diesem Grund kann ich zum vorhandenen Bonusmaterial leider keine Auskunft geben. Da ich Euch aber wenigstens einen frischen, neuen Blick auf den Film geben wollte, habe ich die digitale Version erstanden und muss gestehen, dass die Begeisterung bei alleiniger Sichtung auf der heimischen Couch weit weniger unterhaltsam geriet als noch im Kino. The Fall Guy ist ein Film, der also am besten in geselliger Runde funktioniert, ähnlich wie einst der Baywatch-Film mit Dwayne Johnson und Zac Efron. Auf Blu-ray und 4K UHD wird noch ein Extended Cut erscheinen, der satte zwanzig Minuten länger läuft. Dieser scheint den Film aber nicht unbedingt aufzuwerten, sondern lediglich noch etwas zäher erscheinen lassen, wie Ihr bei Schnittberichte.com nachlesen könnt.

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