Eine Bestie schleicht durch Tarker Mills. Auch unseren Autor Christian verfolgt der „Werwolf von Tarker Mills“ nun schon seit seiner Kindheit. Hier könnt ihr nun seine persönliche Liebeserklärung an einen Film lesen, der ihn durch seine Jugend – und bis Heute – begleitet hat, und in Kürze von Koch Media in die Verkaufsregale gebracht wird.

Regie: Daniel Attias

Drehbuch: Stephen King (basierend auf dem Roman „Das Jahr des Werwolfs“)

Darsteller: Corey Haim, Gary Busey, Everett McGill, Megan Follows

Artikel von Christian Jürs

„Der letzte Vollmond in diesem Frühling war etwa einen Monat bevor die großen Schulferien begannen. Und in dieser Nacht begann ein grauenvoller Albtraum für unsere Stadt…“

Der Film, dessen einleitende Worte mir immer wieder einen wohligen Schauer über den Rücken jagen, beginnt in eben jener Frühlingsnacht im kleinen Örtchen Tarker Mills im Jahre 1976. Der stadtbekannte Säufer Arnie Westrum (Jack „Die Indianer von Cleveland“ Gammon) wird beim säubern der Bahnschienen vom (deutschen Titel gebenden) Wolfsmenschen sprichwörtlich einen Kopf kürzer gemacht. Hätte er mal nicht so laut von seinem Lieblingsbier (Rheingold) geschwärmt. Da die örtliche Polizei unter der Leitung Sheriff Hallers (Terry „Locke“ O´Quinn – der herzigste Stiefvater der Welt) von einem Unfall ausgeht, steht dem fröhlichen Frühlingsfest (glücklicherweise ohne Volksmusik) nichts im Wege. Hier lernen wir dann auch den Großteil unserer Haupt- und Nebenfiguren kennen. Da wäre zum Einen der bereits erwähnte Sheriff Joe Haller. Dieser eröffnet zusammen mit Reverend Lowe (Everett „The People Under The Stairs“ McGill) die Feierlichkeiten, denen auch die Coslaw Geschwister beiwohnen. Diese bestehen aus der Teenagerin Jane (Megan Follows), die wir als erwachsene Frau die Geschichte aus dem Off erzählen hören, sowie dem im Rollstuhl sitzenden  Marty (Corey Haim). Selbstverständlich lernen wir noch die Eltern der beiden kennen, wobei der Vater Bob (Leon Russom) im weiteren Verlauf der Handlung eher profillos und unbedeutend bleibt. Nan (Robin Groves), die Mutter der beiden, lernen wir als überforderte, auf den kranken Sohn fixierte Frau kennen, während Paps ihre Entscheidungen in Erziehungsfragen einfach nur abnickt und die vernachlässigte Tochter mit beruhigenden Worten beschwichtigt. Ebenfalls beim Frühlingsfest anwesend ist Brady (Joe Wright), der beste Freund von Marty, der Jane einen üblen Streich mit einer Schlange spielt, woraufhin diese in eine Pfütze fällt und sich die Klamotten einsaut. Ein Goldschatz, der Junge. Ja, Tarker Mills ist ein kleiner, ruhiger Ort irgendwo in North Carolina, die eigentlich, schaut man genau auf das Ortsschild, „Tarker´s Mills“ heißt. Klang aber doof für uns Deutsche, daher die Namensänderung.

Bereits in der Folgenacht darf das Monster wieder zuschlagen, denn im Gegensatz zur Vorlage „Circle of the Werwewolf / „Das Jahr des Werwolfs“ rennt Meister Petz hier auch in Nicht-Vollmondnächten herum. Eine weise Entscheidung, wäre die Geschichte über ein Jahr gestreckt doch weit weniger spannend und kompakt. Diesmal zerfetzt das Monster buchstäblich eine suizidgefährdete Schwangere, die von ihrem Freund verlassen wurde. Sowas nennt man Entscheidung abnehmen. Am Folgeabend lernen wir den coolsten Charakter des Streifens kennen – Auftritt von Onkel Red, dem sympathischen Haudegen, der für Marty und Jane irgendwo zwischen Vaterfigur und Kumpel angelegt wurde – ein echt cooler Onkel halt. Diesen spielt Gary Busey („Lethal Weapon“, „Point Break“, „Predator 2“,…) bravourös und nimmt die Leinwand mit jedem Auftritt voll ein. Denn Onkel Red ist eine Figur mit Ecken und Kanten. Ein saufender Frauenheld, der sich trotz aller Charakterschwächen rührend um seinen Neffen kümmert und dabei die Herzen der Zuschauer erobert.  Anfangs noch saufend mit Marty beim Poker spielend in Szene gesetzt (sehr zum Leidwesen von Martys spießiger Mutter, die ihr krankes Kind in Watte taucht), bekommt Red mit jedem Auftritt mehr und mehr Sympathiepunkte. Doch auch der Werwolf bleibt weiterhin nicht untätig und so wird der schmierige Vater von Martys Klassenkameradin kurzerhand in seinem Gewächshaus zum Fleischspieß verarbeitet (ich bekomme Appetit auf Döner). Einer der größten Gänsehaut-Kills findet jedoch Offscreen statt. So sehen wir zunächst die Kleinstadt-Alkoholiker in der Kneipe von Lawrence Tierney, der diesmal nicht von Männern in schwarzen Anzügen umgeben ist, deren Namen aus Farbtönen bestehen. Just als sich der Hilfssheriff mit dem Großmaul der Bar anlegt, kommt Bradys besorgter Vater herein und fragt ob jemand seinen Sohn gesehen hat. Schnitt auf Sheriff Haller mit blutverschmiertem Drachen in der Hand. Eben jenem Drachen, mit dem Brady zuletzt spielend zu sehen war. Die am Abend darauf losziehende Bürgerwehr wird höchst atmosphärisch in den nebligen Sümpfen zu Frikassee verarbeitet.

Die darauf folgende Beerdigungsszene entpuppt sich als äußerst bizarr. Diese macht zwar im Nachhinein Sinn und ist sowohl von den Masken, als auch von der Atmosphäre her ausgezeichnet inszeniert, wirft aber auch Fragen auf, die ungefähr 20 Filmminuten später aufgelöst werden. Ich werde hier aus spoilertechnischen Gründen nicht näher drauf eingehen. Bis es soweit ist, baut Onkel Red einen Motorradrollstuhl für Marty, mit dem sich der 11 jährige in der Realität mit Sicherheit um einen Baum gewickelt hätte. Der heiße Ofen trägt die Aufschrift „Silver Bullet“ und würde Vin Diesel Staub schlucken lassen. Trotz aller Gefahren dient der Feuerstuhl jedoch zur Rettung in letzter Sekunde. Denn Marty, der von seinem Onkel eine Tüte voller Feuerwerkskörper geschenkt bekommt, fährt nachts allein an eine Brücke, wo er ungestört seine Raketen starten kann. Eine grandiose Idee, wo doch gerade ein Psychomörder nachts umher geht. Und tatsächlich treffen Marty und der Werwolf hier erstmals aufeinander. Marty entpuppt sich jedoch als kreativ und funktioniert eine der Raketen zur Schusswaffe um mit der er das linke Auge des Wolfsmenschen trifft. Am nächsten Tag weiht er seine Schwester in das Geheimnis ein. Jane macht sich auf, um beim Pfandflaschen für die Kirchengemeinde einen Bewohner mit Verletzung am Auge zu finden….

„Silver Bullet“ ist eine zu Unrecht vergessene Perle der King-Verfilmungen, bei der der Meister selbst das Drehbuch verfassen durfte. Klar, an „Carrie“, „Shining“, „Die Verurteilten“ und vor allem „Stand by me“ ragt der Film nicht heran, kann aber die Kleinstadtatmosphäre von Letzterem wunderbar einfangen. Regisseur Daniel Attias, der derzeit an der neuen Stephen King Serie „Castle Rock“ arbeitet, gelang ein Gruselfilm für Jung und Alt. Die jüngeren Zuschauer orientieren sich an Marty, dem Außenseiter im Rollstuhl, als Identifikationsfigur. Dieser wird von Corey Haim, einem der wohl tragischsten Teeniestars der 80er, der seine größten Erfolge zusammen mit dem anderen Corey namens Feldman in Filmen wie „The lost Boys“ oder „Daddy´s Caddilac“ feierte, überzeugend dargestellt. Der andere Corey spielte zeitnah übrigens eine der Hauptrollen im genialen „Stand By Me“. Haim (und auch Feldman) hatte schon früh Probleme mit Drogen. So soll er in jungen Jahren auch Opfer von Kindesmissbrauch gewesen sein. Schaut man seine späten Werke, so erschrickt man über die bleiche Gestalt. 2010 verstarb er, als er angeblich sein Leben wieder im Griff hatte. Der eigentliche Star des Films heißt allerdings Gary Busey. Der Mann, der 1988 beinahe bei einem Motorradunfall verunglückte, spielt den Onkel Red nicht einfach, er nimmt die Leinwand mit jedem Auftritt voll in seinen Besitz. Denn seine Figur hat Ecken und Kanten. Ein saufender Frauenheld, der sich trotz aller Charakterschwächen rührend um seinen Neffen kümmert und dabei die Herzen der Zuschauer erobert. Diesem Onkel schauen wir gerne zu, bis hin zum spannenden, ja, wirklich gruseligen Finale.

War der Film seinerzeit auf VHS noch mit einer FSK 16-Freigabe nur gekürzt erhältlich (zur Kinofassung kann ich nichts sagen, da ich 1985 erst zehn Jahre alt war), so veröffentlichte Kinowelt den Film vor einigen Jahren mit FSK 18-Freigabe ungekürzt (zur gleichen Zeit lief der Film auf VOX bereits unzensiert mit 16er Warnung!). Die DVD von Kinowelt ist jedoch nicht zu empfehlen, besitzt sie doch einen Tonfehler in Minute 77. Das wäre nicht weiter schlimm, jedoch ist der Streifen von da an leicht asynchron (man beachte den Hammer in der Szene, in der die silberne Kugel hergestellt wird). Doch Koch Media ist gekommen, dieses Manko zu beseitigen. Komplett ohne diesen Fehler kann man den Film jetzt auf DVD oder, erstmals WELTWEIT in HD auf BluRay erstehen. Auch ein schickes Mediabook gibt es zu erwerben. Ab jetzt natürlich ungekürzt mit FSK 16-Freigabe. Zeiten ändern sich halt.

Leider gibt es im Bonusmaterialbereich keine Weltwunder zu erleben. Lediglich der bereits von der Kinowelt bekannte (aber informative) Audiokommentar von Regisseur Daniel Attias, eine Bildergalerie, sowie der Kinotrailer in englischer- und auch deutscher Version sind enthalten.

Fazit:

Einer der schönsten Werwolffilme meiner Kindheit erblickt endlich das Licht der Welt in einer gelungenen Edition. Das Cover der DVD und BluRay zeigt das alte Heynebuchcover, was sicherlich Geschmackssache ist. Ich rate zum Kauf des schöneren Mediabooks. Meine Bestellung ist bereits raus.

US-Kinotrailer:

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