Action Opa Liam Neeson ist zurück. Zum vierten Mal spielt der Charaktermime unter der Regie des Spaniers Jaume Collet-Serra („The Shallows“) den Helden. Diesmal muss er eine unbekannte Person in einem Pendlerzug ausmachen. Ihm bleibt nur eine Stunde Zeit…

Regie: Jaume Collet-Serra

Darsteller: Liam Neeson, Vera Farmiga, Patrick Wilson, Sam Neill, Jonathan Banks

Artikel von Christian Jürs

Seit Liam Neeson vor zehn Jahren erstmals als Bryan Mills im Film „96 Hours“ auftrat, ist der Mann aus dem amerikanischen Actionfilm nicht mehr wegzudenken. Der Spätzünder war zu diesem Zeitpunkt bereits 56 Jahre alt, macht aber, dass muss man neidlos zugeben, immer noch eine extrem gute Figur im handfesten Männerkino.

Doch bevor es diesmal ordentlich zur Sache geht, bedient sich der Film zunächst ruhiger Töne. Wir sehen den ehemaligen Polizisten Michael MacCauley (Liam Neeson), der aus Liebe zu seiner Familie den Dienst quittiert hat und nun einem ruhigen Job in einer Versicherung nachgeht. In einer beeindruckend inszenierten Montage begleiten wir ihn über Monate durch die immer gleichen Tagesrhythmen, angefangen beim täglichen Sechs-Uhr-Wecktermin durch den immer gleichen Radiosender, bis hin zum Betreten des Bahnhofs, wo er in seinen täglichen Pendlerzug einsteigt. Doch eines Tages ändert sich sein Leben schlagartig. Von seinem weit jüngeren Boss ins Büro gerufen, ahnt man als Zuschauer schon, was passieren wird. Und tatsächlich, wenige Filmsekunden später sitzt der Familienvater ohne finanzielle Rücklagen auf der Straße. Doch das Schicksal scheint es gut mit ihm zu meinen, denn auf der Heimfahrt setzt sich eine unbekannte Schönheit namens Joanna (Vera Farmiga) zu ihm in den Zug und macht ihm ein Angebot, welches er nicht ablehnen kann.

So bietet sie ihm 25000 Dollar, sollte er, der seit zehn Jahren tagein-, tagaus den gleichen Pendlerzug bereist, eine Person ausfindig machen, die nicht in diesen Zug gehört. Einziger Anhaltspunkt: Die betreffende Person trägt eine Tasche bei sich. Sollte ihm diese scheinbar unlösbare Aufgabe innerhalb der nächsten Stunde gelingen, so winken weitere 75000 Dollar, die die finanziellen Probleme MacCauleys verpuffen lassen würden. Doch was so schön klang, hat natürlich einen Haken. Schnell findet unser Held heraus, dass die Zielperson nach seiner Entdeckung eliminiert werden soll und – was für ihn noch schwerer wiegt – sollte er versagen, müssen seine Frau und sein Sohn das Zeitliche segnen. Ein schier aussichtsloser Wettlauf beginnt…

Kennt man einen, kennt man alle Liam Neeson-Krawallfilme. So entpuppt sich „The Commuter“ als quasi Remake von „Non Stop“, nur eben nicht im Flugzeug, sondern im Zug und ohne Julianne Moore an seiner Seite. Doch das sollte niemanden vom Kinobesuch des Filmes abhalten, ist er doch, obwohl nur eine Variation des Vorgängers, handwerklich beeindruckend und temporeich inszeniert. Ja, er ist sogar besser als sein Vorbild, der damals an einer recht hanebüchenen Auflösung litt. Dieses Manko hat „The Commuter“ nämlich nicht. Seine Figuren handeln genrebedingt glaubwürdig und man beginnt schnell mit zu rätseln, wer von den Verdächtigen denn nun die gesuchte Zielperson ist. Noch spannender wird es natürlich, wenn diese identifiziert ist, denn natürlich kann unser Held die Person nicht einfach sterben lassen…

Regisseur Collet-Serra erweist sich auch hier wieder als bildgewaltiger Virtuose. Seine Kamera fliegt quasi schwere- und grenzenlos durch die Zugabteile. Im letzten Drittel, wenn er dann die Actionbombe platzen lässt, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Neben einer ausgezeichnet getricksten Waggonentgleisung ist es ein längerer „One Shot“-Zweikampf zwischen Neeson und einer hier nicht gespoilerten Person, dessen Choreographie wirklich beeindruckt. Für FSK 12 geht’s ordentlich zur Sache.

Auch die Darstellerliste kann sich sehen lassen. Vera Farmiga mag ich seit den Conjuring-Filmen eh. Das sich aber auch Sam Neill die Ehre gibt, freut mich besonders. Ebenso Patrick Wilson und Jonathan Banks, der schon in Oldschool-Actionfilmen wie „Nur 48 Stunden“ oder „Beverly Hills Cop“ (mit Mayonnaise in der Fresse) an Bord war, ist immer wieder gerne gesehen.

Studiocanal spendiert der Heimkinoveröffentlichung im Bonusbereich ein dreiminütiges Werbe-Making Of, den Trailer zu diesem und einigen anderen Filmen und ein vierminütiges Interview mit einem bärtigen Liam Neeson, der von der Arbeit mit Vera Farmiga und Jaume Collet-Serra schwärmt.

Actionfans können sich freuen. Der Erwerb der Scheibe des „Pendlers“ lohnt. Langweilig wird der Film nie. Und wer weiß, wenn Neeson seine Drohung wahr macht, ist bald Feierabend mit Action. Das wäre zwar schade, aber verdient hat er sich den Ruhestand allemal. „Commuter“ ist jedenfalls ein gelungener Thriller, der einen Blick wert ist.

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