Eigentlich sollten wir jetzt alle an Halloween in den Kinos sitzen um HALLOWEEN KILLS, den neuesten Eintrag des Franchise rund um Michael Myers zu sichten. Doch fucking Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir müssen noch ein ganzes Jahr warten, bis Laurie wieder gegen Michael antreten darf. Wir trösten Euch mit der Kritik zum Vorgängerfilm aus dem Jahr 2018, die unser Autor Christopher Feldmann damals verfasst hat. Erstaunlich, wie frisch eine Filmreihe auch nach vierzig Jahren noch wirken kann…

Originaltitel: Halloween

Drehbuch: Danny McBride, Jeff Fradley, David Gordon Green
Regie: David Gordon Green

Darsteller: Jamie Lee Curtis, Judy Greer, Andi Matichak, Will Patton, Virginia Gardner, Toby Huss, Haluk Bilginer, James Jude Courtney, Nick Castle…

Artikel von Christopher Feldmann

Im Jahr 1978 schuf John Carpenter mit Halloween – Die Nacht des Grauens einen Film, der heute zurecht, als einer der unangefochtenen Genre-Klassiker gilt. Dabei begründete der Film nicht nur die Karriere von Hollywood-Star Jamie Lee Curtis, sondern manifestierte auch die bekannte Form des Slasher-Films und ebnete den Weg für Filme wie Freitag der 13. (1980). Es folgten Fortsetzungen und Reboots, von denen keiner an die Klasse des Originals herankam. Mit Halloween (2018) spendiert Blumhouse Productions dem ikonischen Mörder Michael Myers nun abermals ein Comeback, welches 40 Jahre nach den Ereignissen des Carpenter-Werks einsetzt. Dabei bedienen sich die Drehbuchautoren einem beliebten Kniff und ignorieren alle Halloween-Filme, die nach dem Original entstanden sind. Jamie Lloyd und der ganze Thorn-Mumpitz haben nie existiert, das kurze, wenn auch sehr unterhaltsame Jubiläums-Stelldichein Halloween: H20 (1998) wird ebenso ausradiert wie auch der unsäglich misslungene Nachfolger Halloween: Resurrection (2002) und die beiden Reboot-Versuche von Schock-Rocker Rob Zombie. Auch der durchaus geschätzte Halloween 2 – Das Grauen kehrt zurück (1981) wird, entgegen der Erwartungen, bewusst verdrängt, weshalb Michael Myers auch nicht mehr länger der Bruder von Laurie Strode ist. Der mittlerweile elfte Film der Reihe, versteht sich als direkte Fortsetzung des Originals und bringt so Jamie Lee Curtis in ihrer berühmtesten Rolle wieder zurück in das Franchise. Ein logischer Schritt, bei dem man kann mit Recht behaupten kann, dass die Macher hier (fast) Alles richtig gemacht haben. Halloween ist nicht nur eine liebevolle Hommage, sondern fühlt sich auch angenehm frisch an.

Handlung:
Nach den grausamen Ereignissen in der Halloween-Nacht 1978, konnte Michael Myers (James Jude Courtney/Nick Castle) gefasst, und im Smith’s Grove Sanatorium weggesperrt, werden. 40 Jahre sind seitdem vergangen, in denen Myers weder gesprochen, noch irgendeine Reaktion gezeigt hat. Laurie Strode (Jamie Lee Curtis), die einzige Überlebende der blutigen Nacht, konnte die Erlebnisse nie verarbeiten und lebt isoliert, von einer Post-traumatischen Belastung Störung geplagt, in ständiger Vorbereitung auf eine Rückkehr des „schwarzen Mannes“. Dieser wurde zum Fixpunkt und auch Obsession in ihrem Leben, weshalb die Beziehung zu ihrer Tochter Karen (Judy Greer) und ihrer Enkelin Allyson (Andi Matichak) sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde. Doch Lauries Befürchtungen sollen sich bewahrheiten, denn als ein Gefangenentransport verunglückt, gelingt dem Mörder die Flucht in Richtung Haddonfield und der Stadt steht abermals eine Nacht des Grauens bevor. Doch dieses Mal hat Laurie nicht vor sich zu verstecken!

Als bekennender Fan der Horror-Reihe war Halloween natürlich einer der Filme dieses Jahr, den ich mit großer Spannung erwartet habe. Ich liebe Carpenters Original und habe auch einen Soft-Spot für ein paar der Fortsetzungen, während ich gewisse Filme auch ziemlich scheiße finde. Als bekannt wurde, dass Blumhouse Productions einen neuen Halloween-Film produziert, bei dem sogar Ur-Vater John Carpenter beteiligt ist und Jamie Lee Curtis wieder in ihre kultige Rolle schlüpfen wird, war ich schon ziemlich heiß, wenn auch etwas skeptisch, ob das anno 2018 auch funktionieren kann. Als bestätigt wurde, dass David Gordon Green, Danny McBride und Jeff Fradley das Drehbuch schreiben werden, mit Green als Regisseur, war ich noch skeptischer, denn die drei Herren sind eher für Komödien wie Ananas-Express (2008) bekannt, als für traditionelle Horror-Kost. Durch die guten Trailer und die begeisterten Reaktionen bei der Premiere auf dem TIFF, sowie die Lobeshymnen von Curtis als auch von Carpenter selbst, der ja bekanntlich nie mit den ganzen Sequels zufrieden war, stellte sich bei mir ein überschwänglicher Hype ein. Nun saß ich im prall gefüllten, von guter Stimmung durchfluteten, Kinosaal der Preview und kann sagen, dass Halloween ein ziemlich guter Film geworden ist.

Das liegt zum einen an dem starken Drehbuch. Green, McBride und Fradley haben hier mit viel Liebe zu Detail und zum Mythos des Originals gearbeitet und entwickelten eine gut durchdachte Story. Der Einstieg mit den zwei Podcast-Journalisten, sowie der Ausbruch Myers‘, mögen vielleicht etwas konstruiert wirken, jedoch erzielen diese Elemente die gewollte Wirkung und ebnen den Weg für einen wirklich spannenden Ablauf. Der Film nimmt sich Zeit, ganz im Geiste des ruhig erzählten Erstlings, und etabliert mit Sorgfalt seine Charaktere. Die Teenager-Figuren, die öfters mit den bekannten Genre-Klischees kokettieren und auch gerne humorvoll variieren, funktionieren hier erstaunlich gut, auch wenn sie letztendlich als Kanonenfutter für Michael Myers herhalten müssen. Allerdings dienen diese Momente dem guten Spannungsaufbau, denn der berühmte Antagonist agiert hier wieder als der sagenumwobene „The Shape“ und sorgt für einige Gänsehautmomente, in denen er immer wieder im Hintergrund auftaucht und seine Opfer atmosphärisch zur Strecke bringt. Wenn der Film in Haddonfield ankommt, erweist sich die Handlung als erstaunlich homogen und nachvollziehbar und spart sich an den Haaren herbeigezogene Twists und Turns. Lediglich eine überraschende Wendung könnte man als diskussionswürdig bezeichnen, welche ich an dieser Stelle natürlich nicht spoilern möchte. Den Autoren muss man zu Gute halten, dass sie Michael Myers hier wieder als mysteriösen, emotionslosen Mörder stilisieren und ohne erkennbares Motiv auf die Kleinstadt loslassen. Das Drehbuch macht ihn wieder zum „Boogeyman“, eine Metapher auf das Böse, was sichtlich gut tut. Aber auch abseits des Killers gewinnen die Charaktere, im Gegensatz zu den Vorgängern, erstaunlich an Profil. Jamie Lee Curtis ist großartig als, von schweren Traumata gezeichnete, Laurie, die nach 40 Jahren nicht mehr das schreiende Opfer darstellt, sondern eine psychisch schwer in Mitleidenschaft gezogene Frau, die sich für die Konfrontation mit ihrem persönlichen Dämon bereithält. Curtis spielt alle Facetten aus und sorgt für große Momente vor der Kamera, wobei man ihr wohl die beste Performance ihrer Karriere attestieren kann. Auch, die von mir geschätzte, Judy Greer macht einen tadellosen Job als entfremdete Tochter. Andi Matichak liefert ebenfalls eine gute Darstellung ab, auch wenn man das Gefühl nicht loswird, dass man aus ihrer Figur noch mehr hätte machen können. Auch Will Patton kann Akzente setzen und hat als bärbeißiger Sheriff einige gute Szenen. Lediglich Haluk Bilginer will sich nicht so recht in das Geschehen einfügen. Sein Dr. Sartain (der Nachfolger von Dr. Loomis) wirkt unangenehm überzeichnet und erweist sich fast schon als Fremdkörper mit Anleihen eines Comic-Reliefs.

Das bringt uns direkt zum Humor in Halloween. Keine Sorge, der neue Film ist mitnichten eine Komödie, hat aber hier und da einige nette Scharmützel zu bieten, die mindestens für einen Schmunzler sorgen. So darf Curtis ein paar nette One-Liner zum Besten geben und eine klassische Babysitter-Szene, sowie ein Vater-Sohn Dialog im Auto, sorgen für wirklich witzige Momente. Im Gegensatz dazu ist eine Szene mit zwei „lustigen“ Polizisten eher ein Fehlgriff, denn diese wirkt einfach nicht passend. Wahrscheinlich sollte das eine Referenz an Halloween 5 – Die Rache des Michael Myers (1989) sein, der schon damals mit zwei Polizisten-Karikaturen zum Fremdschämen einlud. Dieser, wenn auch ungeliebte, Teil der Reihe ist nicht der einzige Film, der als Anspielung im neuen Film versteckt ist. Zwar ignoriert er die besagten Franchise-Einträge, erweist ihnen aber angenehm eine Hommage. So finden kundige Zuschauer Zitate aus „Halloween 2“, „Halloween: H20“ und sogar, mit etwas Interpretation, eine Referenz an Halloween 6 – Der Fluch des Michael Myers (1995). Für ein breites Grinsen bei den Fans, sorgen auch ein paar Kinder auf der Straße, die mit den berüchtigten Masken aus Halloween 3: Season of the Witch (1982)“ zu sehen sind.

Ein Faktor, der den neuen Film zum legitimen Nachfolger von Carpenters Original werden lässt, ist sicher die famose Inszenierung. David Gordon Green pulverisiert alle Vorurteile und sorgt für eine spannende Atmosphäre, die zwar angenehm Old-School ist aber auch in die moderne Zeit passt. Schon der Vorspann, in dem ein verschrumpelter Kürbis zu alter Form zurück morpht, während das klassische Halloween-Theme zu hören ist, sorgt für wohltuende Gänsehaut. Green weiß ganz genau, welche Knöpfe er drücken muss, denn er spart sich die üblichen Jump-Scares und fokussiert sich auf einen langsamen Spannungsaufbau, der von Schnitt, Kamera, Beleuchtung und Musik lebt, ohne müde Buh-Effekte. Es gibt einige wunderbare Einstellungen zu bewundern, während eine großartige Plansequenz für Furore sorgt. Green spielt mit Licht und Schatten, lässt Myers auftauchen und in der Dunkelheit verschwinden und zieht die Spannungsschraube konsequent an, um die aufgestaute Energie in einem großartige Finale zu entladen, in dem es zum elektrisierenden Showdown zwischen Michael und Laurie kommt. Dabei erlaubt sich der Film auch eine schöne Variation einer Szene aus dem Original, die von tosendem Applaus goutiert wurde. Und als Curtis dann noch „Happy Halloween, Michael!“ zum Besten gab, dominierte der Jubel fast schon die Tonspur. Auch um blutige Tatsachen müssen sich Fans der jüngeren Zielgruppe keine Gedanken machen. Zwar verzichtet Green, zu Gunsten des Suspense, auf ausgewalzte Morde vor der Kamera, jedoch gibt es einige graphische Endresultate zu bewundern, die den Grusel-Faktor noch weiter antreiben. Ich bin ehrlich, Halloween hat einige kreativ derbe Bilder zu bieten, ohne sich im sprichwörtlichen Blutbad zu suhlen.

Die Kirche auf dem Kürbis-Eisbecher, stellt zweifelsohne der geniale Soundtrack dar. Für diesen gelang den Machern ein wahres Kunststück, denn niemand geringeres als Maestro John Carpenter übernahm die Komposition der Filmmusik, zusammen mit seinem Sohn Cody Carpenter und seinem Neffen Daniel Davies. Das Team greift die Motive des alten Soundtracks, der ebenfalls von Carpenter komponiert und eingespielt wurde, auf und reichert sie mit neuen Sounds und Variationen an. Daraus resultieren atmosphärische Stücke, mit harten Synthesizern und Gitarren, sowie nervenaufreibenden Hi-Hats und pumpenden Base Drums. Auch neue Stücke halten ihren Einzug in den Score, die nicht weniger gut sind. Hier glänzt der Genius Carpenters, der mit seinen „Lost Themes“-Alben bereits bewiesen hat, dass er musikalisch immer noch eine Bank ist.

Natürlich liegt ein Vergleich mit dem einstigen Jubiläums-Comeback Halloween: H20 (1998) auf der Hand und man kann diese Filme gut gegenüberstellen, denn von der Grundstory sind beide Filme gar nicht mal so weit von einander weg. Auch wenn ich Curtis‘ erste Rückkehr zur Reihe immer noch wahnsinnig gerne mag und unterhaltsam finde, sowie auch für konsequenter in seinem Ende halte, muss ich Greens Halloween-Film dann doch etwas den Vorzug geben, da er abseits der Parameter des Genres und der Reihe an sich der bessere Film ist.

Fazit:
Mit Halloween (2018) serviert uns David Gordon Green ein mehr als gelungenes Comeback der Horror-Ikone Michael Myers. Ein, bis auf ein paar einzelne Faktoren, gut geschriebenes Drehbuch und eine großartig atmosphärische Inszenierung, die in Verbindung mit dem meisterlichen Soundtrack zwar Old-School wirkt, jedoch gemessen an heutigen Standards auch wieder angenehm frisch daher kommt. Dazu liefert Jamie Lee Curtis hier ordentlich ab und brilliert als dramatische Figur. Definitiv der beste Film nach dem Original und ein wohltuender Neustart für den Halloween-Mythos, der zwei Fortsetzungen mit den Titeln Halloween Kills und Halloween Ends nach sich ziehen wird.

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