Im Jahr 2013 endete mit BREAKING BAD eine der erfolgreichsten und beliebtesten Serien überhaupt. Obwohl das Schicksal der Hauptfigur Walter White besiegelt war, blieb eine Frage immer unbeantwortet. Was wurde aus seinem Kumpanen Jesse Pinkman? Dieser Frage geht Schöpfer Vince Gilligan in seinem als Epilog angelegten Sequel-Film EL CAMINO (2019) nach und liefert entsprechende Antworten. Ob der NETFLIX-Film an die großartige Mutter-Serie anknüpfen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: El Camino: A Breaking Bad Movie

Drehbuch & Regie: Vince Gilligan

Darsteller: Aaron Paul, Jesse Plemons, Robert Forster, Charles Baker, Matt Jones, Todd Terry…

Artikel von Christopher Feldmann

Als im Jahr 2008 die Serie BREAKING BAD beim Sender AMC ihre Premiere feierte, rechnete wohl niemand mit einem derart bombastischen Erfolg. Mit zahlreichen Preisen überhäuft und mit hohen Einschaltquoten gesegnet, avancierte die Geschichte über einen krebskranken Chemie-Lehrer, der zum international gesuchten Meth-Koch und Drogenkönig wird, zum unangefochtenen Publikumsrenner, der auch heute noch kultisch verehrt wird. Nach 62 Episoden war die Story zu Ende und Produzent, Autor und Regisseur Vince Gilligan kann sich damit Rühmen, neben GAME OF THRONES, die populärste Serie des 21. Jahrhunderts kreiert zu haben, welche besonders im Internet zum Phänomen wurde. Mit der Prequel-Serie BETTER CALL SAUL (seit 2015) lieferte er Nachschub und konzentriert sich dabei auf die beliebte Figur des windigen Gangster-Anwalts Saul Goodman. Auch wenn Fans hiermit neues Futter bekamen, fragten sich doch die meisten Zuschauer, was wohl aus Jesse Pinkman geworden ist, der am Ende der Mutter-Serie die Flucht ergreift und dessen Schicksal offen gelassen wurde. Seit Freitag steht EL CAMINO: A BREAKING BAD MOVIE (2019) auf der Streaming-Plattform NETFLIX bereit und schildert in Spielfilmlänge, wie Jesse ein neues Leben beginnt. Regisseur Vince Gilligan gelingt hiermit ein zufriedenstellender Abschluss seiner Figur, auch wenn der Film Spannung vermissen lässt.

Handlung:
Nach dem, von Walter White (Bryan Cranston) initiierten, Massaker an der Arian Brotherhood und dessen Tod, flüchtet Jesse Pinkman (Aaron Paul) mit dem titelgebenden El Camino von Todd Alquist (Jesse Plemons) ins Ungewisse. Während die Polizei fieberhaft nach Jesse fahndet, da er der einzige Überlebende des Massakers und auch der einzige Zeuge mit direkter Verbindung zu White ist, taucht er kurzzeitig bei seinen Kumpels Skinny Pete (Charles Baker) und Badger (Matt Jones) unter. In mehreren Flashbacks erhält der Zuschauer Einblicke in Jesses Martyrium als Gefangener. Diese Erinnerungen führen ihn auf die Spur eines Geldverstecks, mit dessem Inhalt er ein neues Leben beginnen will.

Als Vince Gilligan einen Film ankündigte, der an das Ende von BREAKING BAD anknüpfen solle, waren verfielen Fans auf der ganzen Welt in Extase. Anscheinend wollten die meisten Anhänger der Serie wirklich erfahren, was aus Jesse Pinkman wurde. Ob der Film, der sich allerdings wie eine Episode in Überlänge anfühlt, wirklich notwendig war, muss jeder für sich selbst entscheiden.

EL CAMINO knüpft nahtlos an die Geschehnisse der Serie an und wir sehen einen gequälten, verängstigten und geschundenen Jesse Pinkman, der verzweifelt Unterschlupf vor der Polizei sucht. Der Film klappert mehrere Stationen ab, über die unser Protagonist endlich den Weg in die Freiheit finden will, nach Alaska, was ihm von Mike Ehrmantraut, welcher in einem kurzen Cameo wieder von Jonathan Banks verkörpert wird, empfohlen wird. Dabei konzentriert sich das Drehbuch vollständig auf Jesse und lässt keine Nebenschauplätze zu, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten. Das tut dem, als „Epilog“ bezeichneten, zwei Stündigen Werk allerdings weniger gut als gedacht. EL CAMINO ist ziemlich langatmig und erzählt diverse vergangene Momente, die der Zuschauer eigentlich gar nicht zwingend gebraucht hätte. Um die überschaubare Handlung zu strecken, sehen wir immer wieder Rückblenden, die die Zeit in Gefangenschaft näher beleuchten, die oftmals wie Deleted Scenes aus der letzten BREAKING BAD-Staffel wirken. Ausgiebige Dialoge sind spärlich, stattdessen konzentriert man sich auf Momente und Stimmungen. Durch die Flashbacks bekommt Jesses angeknackste Persönlichkeit einen gewissen emotionalen Unterbau, was zumindest den Zuschauer bei der Stange hält.

Viel mehr gibt es eigentlich nicht zu erzählen, beschäftigt sich der Film doch zumeist mit Vergangenem. Somit ist Spannung eher Fehlanzeige, auch wenn die Passage mit Jesses Suche nach Todds Vermögen den ein oder anderen guten Moment hat. EL CAMINO erzählt nicht wirklich etwas Neues oder Nötiges, sondern ist reiner Fan-Service. Ich selbst bin ebenfalls ein Fan, weshalb ich mich auf den Film gefreut habe und durchaus anständig unterhalten wurde. Viele ruhige Momente lassen den Zuschauer noch einmal in Erinnerungen schwelgen, auf bekannte Figuren treffen und zum Schluss eine berührende Szene erleben, die für jeden Liebhaber der Serie einen schönen, angemessenen Abschluss darstellt.

Auf dieser Ebene funktioniert EL CAMINO deshalb so gut, da Vince Gilligan hier ebenfalls für Drehbuch und Regie verantwortlich war und genau wusste, wie er dieses Projekt zu inszenieren hat. Der Film hat den klassischen BREAKING BAD-Vibe und fungiert als klassisches Farewell für fünf Jahre hochwertige Fernseh-Unterhaltung. Aaron Paul spielt seine Rolle, als wären keine sechs Jahre vergangen und trägt die Handlung allein mit seiner Ausstrahlung. Desweiteren gibt es ein Wiedersehen mit Bösewicht Todd Alquist, Skinny Pete, Badger und Mike Ehrmantraut. Den wohl schillerndsten Auftritt legt wohl Robert Forster hin. In seiner Rolle als dubioser Staubsaugerverkäufer darf er die wohl beste Szene für sich beanspruchen, bevor die Handlung in einem Western-Duell mündet. Schließlich sorgt er dafür, dass Jesse endlich seinen Frieden finden kann. Besonders traurig ist dabei, dass Forster am Tag der Premiere gestorben ist, an den Folgen eines Hirntumors. Man kann sich zumindest damit trösten, dass seine letzte Rolle eine seiner ikonischsten ist.

Und bevor jemand fragt: Ja, Fans bekommen auch ein kurzes Wiedersehen mit Walter White!

Fazit:
Mit EL CAMINO: A BREAKING BAD MOVIE (2019) beschenkt Vince Gilligan die Fans mit einem zweistündigen Epilog zu seiner Erfolgs-Serie. Für genau die, ist der Film natürlich absolute Pflicht, immerhin schafft es der Regisseur nicht nur, Jesse Pinkman einen würdigen Abschluss zu spendieren, sondern auch noch einmal bekannte Figuren auftreten zu lassen, die das Drama zu einer gut inszenierten, stimmungsvollen Ergänzung werden lassen. Zuschauer, die die Serie nicht gesehen haben, werden damit vermutlich wenig anfangen können, zumal Spannung nicht wirklich vorhanden ist und die Laufzeit etwas arg aufgeblasen wirkt.

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