Ich gestehe es. Obwohl ich als Videothekenkind der 80er und 90er die örtlichen Tapedealer leer geguckt habe und auch mehrfach an STRASSEN IN FLAMMEN vorbeiging, wanderte das Kärtchen nie in meine Hände und der Film somit niemals in meinem Player. Im Nachhinein eigentlich unlogisch, denn Regisseur Walter Hill habe ich damals sehr geschätzt. Doch dieses Defizit konnte ich nun ausradieren, dank des neuen Mediabooks aus dem Hause KOCH FILMS, welches mit einem brandneuen HD-Master und tonnenweise Bonusmaterial, sowie dem genialen Soundtrack aufwartet. Hier mein Reisebericht zurück in die Achtziger.
Originaltitel: Streets of Fire
Regie: Walter Hill
Darsteller: Michael Paré, Diane Lane, Rick Moranis, Willem Dafoe, Amy Madigan, Bill Paxton
Artikel von Christian Jürs
Licht aus, Spot an! Bühne frei für Ellen Aim (Diane Lane), die in bester Mittachtziger-Neonlichtoptik ihren Smashhit Nowhere Fast zum Besten geben darf…in voller Länge. Die Fans im neblig, dunkeln Schuppen des schmierigen Musikproduzenten Billy Fish (Rick Moranis) sind derart aus dem Häuschen, dass sie das Eintreffen der brutalen Bikergang Bomber erst gar nicht mitbekommen. Diese sorgen rasch für Panik und Tumult im Publikum. Ihr Anführer Raven Shaddock (Willem Dafoe) entführt zudem die beliebte Sängerin, was für großen Unmut bei den Fans und, aus finanzieller Sicht, natürlich auch bei Billy Fish sorgt.
Das Motiv für die Entführung ist ein denkbar simples: Shaddock ist rollig und möchte eine kurze Liaison mit der schönen Sängerin eingehen, was dieser jedoch so gar nicht passt. Warum er sich nicht eine andere, heiße und willige Schnalle geangelt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Glück im Unglück für Ellen ist, dass ihre einstige Liebe Tom Cody (Michael Paré) zufällig wieder in die Stadt kommt und umgehend von Billy Fish engagiert wird, um seinen Star aus den Fängen der Bösen zu befreien. Gemeinsam mit der toughen, ehemaligen Armeefahrerin McCoy (Amy Madigan) machen sich die beiden Herren auf, um Ellen Aim aus den Fängen der Rocker zu befreien, damit sie auch morgen wieder kraftvoll losträllern kann…
Strassen in Flammen in Worte zu fassen, ist schwierig. Ursprünglich als Trilogie um Hauptcharakter Tom Cody geplant, blieb es beim einmaligen Einsatz des smarten Helden, da der Film sang- und klanglos an der Box-Office baden ging. Die Gründe hierfür dürften vielfältig sein. So war die Starpower von Hauptdarsteller Michael Paré durchaus begrenzt, wie auch sein Schauspiel. Seine bedeutensten Rollen hatte er in den Folgejahren neben diesem Film wohl in Das Philadelphia Experiment und Roland Emmerichs Moon 44, zwei Filme, deren Erfolg auch als eher mäßig einzustufen ist. Auch Rick Moranis blieb hinter seinen Möglichkeiten, konnte er als schmieriger Musikproduzent sein komödiantisches Talent doch nicht ausspielen und gibt lediglich den schleimigen Trottel. Amy Madigan hingegen bereitet als tougher, mit diversen One-Linern ausgestatteter Sidekick viel Freude. Doch wer hat ihr die Struwelpeterfrisur verpasst?
Die damals gerade volljährige Diane Lane passt wie die Faust aufs Auge als Sandra Cretu-Verschnitt und darf recht schmissige Songs zum Besten geben. Willem Dafoe schafft es allerdings, die gesamte Belegschaft mit seiner durchgeknallten Interpretation eines Gangleaders an die Wand zu spielen. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein, wie er zuletzt auch in Van Gogh eindrucksvoll bewies.
Es wird wohl auch ein wenig die Erwartungshaltung, die man an einen Walter Hill Film hegt, mit dem Absaufen an der Kinokasse zu tun gehabt haben. Anstelle von großen Wummen, die noch größere Löcher fabrizieren, wie zuvor in Nur 48 Stunden, gibt es hier nur harmlose Kneipenschlägereien. Tatsächlich war der Film auf ein R-Rating ausgelegt wurde jedoch vorsorglich in Richtung PG verniedlicht. Die damalige FSK 18 Freigabe ist ein schlechter Witz, der nun korrigiert wurde.
Heute hat der Film deutlich mehr an Reizen zu bieten, denn die 80er sind wieder hip und mehr Retro als hier geht eigentlich nicht. Dabei spielt der Film gar nicht zu dieser Zeit, sondern einer fiktiven Realität, in der die Rocker ausschauen, als kämen sie aus den frühen 50er Jahren. Auch ihre Rock´n Roll Musik ist dieser Dekade geschuldet.
Der Film wurde komplett in aufwendiger Studiokulisse produziert, die an das frühe Chicago erinnert, was ziemlich cool ist. Leider merkt man zu jeder Sekunde, dass es sich hier um Studioaufnahmen handelt. Besonders, wenn unsere Helden durch die Straßen fahren, verändert sich die Umgebung niemals.
Die Neuveröffentlichung von Koch Films erstrahlt, dank neuem HD-Master in neuem Glanz. Bild- und Tonqualität sind ausgezeichnet und Fans von Bonusmaterial kommen voll auf ihre Kosten. So gibt es den deutschen und amerikanischen Kinotrailer, die Dokumentationen „Rumble on the Lot“ (ca. 82 Min.) und „Shotguns and Six Strings“ (ca. 112 Min.), weitere Featurettes (ca. 11 Min.), Musikvideos (ca. 16 Min.), eine Bildergalerie mit seltenem Werbematerial und Fotos vom Set sowie ein 28-seitiges Booklet. Soundtrackfans freuen sich über den Soundtrack (Ry Cooder) in CD-Form.
Mit Sicherheit ist dies nicht der beste Walter Hill Film, dafür aber ein gelungenes Zeitdokument der 80er Jahre, dass es zu sichten lohnt.
Trailer: