Die 1990er Jahre waren die Geburtsstunde vieler Kult-Filme, gerade im Sektor der Teenager-Komödien sorgte diese Dekade für reichlich Output. Die sogenannten „Slacker“, genauer gesagt die, als nutzlos geltenden, Nerds waren oft Protagonisten solcher Geschichten und mussten sich gegen so manche Widrigkeiten zur Wehr setzen. Kevin Smith ist seit jeher ein Spezialist für diese Subkultur und zelebrierte sie in mehreren Filmen. MALLRATS (1995), seine zweite Regie-Arbeit, ist nun bei Studiocanal als Special-Edition erschienen, die auch erstmals den Extended Cut für den hiesigen Markt bereithält. Wir haben mal reingeschaut! 

Originaltitel: Mallrats

Drehbuch & Regie: Kevin Smith

Darsteller: Jeremy London, Shannen Doherty, Ben Affleck, Jason Lee, Claire Forlani, Jason Mewes, Kevin Smith, Michael Rooker…

Artikel von Christopher Feldmann

In den 1990er Jahren sorgten drei junge, talentierte Regisseure für frischen Wind im Kino. Quentin Tarantino und Robert Rodriguez machten mit ihren nicht gerade zimperlichen Genre-Filmen auf sich aufmerksam, während sich der dritte im Bunde, Kevin Smith, eher auf leichtere Kost fokussierte. Mit seinem Debüt CLERKS (1994), den Smith aus eigener Tasche finanzierte, legte der, aus New Jersey stammende, Filmemacher einen Streifen vor, der unter Anhängern der zeitgenössischen Nerdkultur als absoluter Kult-Film gilt und gemessen an seinen niedrigen Produktionskosten einen veritablen Hit darstellt. Es dauerte nicht lange, bis Smith Geld für einen zweiten Film in der Tasche hatte. Niemand geringeres als Harvey Weinstein (darf man den Namen überhaupt noch erwähnen?) war von CLERKS begeistert und sicherte sich Rechte, weshalb auch Smiths zweiter Film MALLRATS (1995) unter dem Dach von Miramax entstand. Mit deutlich mehr Budget drehte er eine launige Komödie, die auch heute noch einen beachtlichen Fankreis verbuchen kann.

Handlung:
Der Student T.S. (Jeremy London) und der nichtsnutzige Videospiel- und Comic-Liebhaber Brodie (Jason Lee) werden am selben Tag von ihren Freundinnen verlassen. Besonders T.S. leidet unter der Trennung, wollte er doch mit seiner Angebeteten Brandi (Claire Forlani) nach Florida reisen, um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Um sich abzulenken, begeben sich die beiden Freunde in das örtliche Einkaufszentrum und müssen schnell feststellen, dass dort eine Dating-Show stattfinden soll, in der Brandi als Kandidatin antritt und die von ihrem Vater (Michael Rooker) moderiert wird. Auch Brodies Ehrgeiz wird geweckt, als er bemerkt, dass sich seine Verflossene Rene (Shannen Doherty) mit dem arroganten Herrenausstatter Shannon Hamilton (Ben Affleck) eingelassen hat. Gemeinsam mit Jay (Jason Mewes) und Silent Bob (Kevin Smith) setzen sie alles daran, die Show und das Verhältnis von Rene und Shannon zu sabotieren.

MALLRATS ist nicht nur der zweite Spielfilm in der Vita Kevin Smiths, sondern auch der zweite Teil seines New Jersey-Universums, einer Reihe von Filmen, die sich durch immer wieder auftauchende Charaktere auszeichnet. Die hier vorliegende Komödie beinhaltet sämtliche Trademarks, die die Arbeit von Smith auszeichnen, nämlich pointierte Dialoge, absurde Slapstick-Momente, Comic- und Filmanspielungen, Popkultur und Außenseiter in den Hauptrollen. Smith war nämlich immer derjenige, der den kategorischen Nerds, die sonst eher die Dullis vom Dienst waren, eine Stimme gegeben hat, zählt er doch selbst zu diesem Kreis. Er machte sie zu Helden in ihren eigenen Geschichten, so wie in MALLRATS.

Die Handlung ist dabei gar nicht mal großartig ausgefeilt, denn der gesamte Film spielt sich im Einkaufszentrum ab, in dem die Protagonisten von einer Situation in die nächste schlittern und dabei immer wieder auf diverse skurrile Figuren treffen. Zu denen zählen auch Jay und Silent Bob, die in fast jedem Smith-Film auftauchen. Trotz aller Zoten und ausgewalzten Dialoge, die nicht immer gelungen sind (was sich danach richtet, inwiefern man ein Fan von Smith ist) hat die Geschichte genug Herz, um zu unterhalten. Es geht um Liebe und der Findung der wichtigen Dinge im Leben, was das Drehbuch gut mit dem typischen Humor und den popkulturellen Referenzen in Einklang bringt. Trotz ihres Slacker-Daseins fühlt man mit Brodie und T.S. schnell mit, was großen Spaß macht. So fallen ein paar etwas zu übertriebene Momente, die wahrscheinlich einfach auch nicht sonderlich gut gealtert sind nicht wirklich negativ ins Gewicht.

MALLRATS hat aber dennoch viele schöne Gags zu bieten. Sei es Silent Bobs Versuch den Jedi-Gedankentrick zu benutzen, um eine Zigarette schweben zu lassen, die herrlichen Auftritte Joey Lauren Adams oder die zahlreichen Bemühungen Brodies, Rene zurückzugewinnen. Auch die Slapstick-Einlagen, in denen Jay und Silent Bobs Versuche, den Wachmann des Einkaufszentrums zu überrumpeln, sorgen für Lacher. Und wenn dann noch Stan Lee als er selbst auftritt, um einen Monolog über die Liebe zum Besten zu geben, dann hat der Film so ziemlich jeden erreicht, der sich auch nur ansatzweise mit den Protagonisten identifizieren kann.

Dennoch gilt die Warnung, dass nicht jeder den Film oder gar Kevin Smith mögen wird. Der Autor und Regisseur, der mittlerweile mehr als Podcaster und Talkmaster bei IMDB tätig ist, hat seinen eigenen Stil, der nicht jedem zusagt. Wer allerdings seine frühen Arbeiten schätzt und ein Fan von CLERKS ist, wird auch MALLRATS einiges abgewinnen können. Vor allem die Schauspieler scheinen einen großen Spaß gehabt zu haben. Shannen Doherty war nie so charismatisch wie in diesem Film und Michael Rooker als egomanischer Moderator ist herrlich. Und auch wenn Ben Affleck nicht sonderlich viel Screentime hat, seine Performance als schmieriger Unsympath ist eine wohlige Abwechslung zu seinen sonstigen Rollen.

Die Blu-Ray von Studiocanal präsentiert den Film in feinem HD. Bild und Ton sind tadellos, auch wenn der Kontrast nicht immer so ganz stimmig ist, was aber nur auf ganz wenige Stellen zutrifft. Erstmals beinhaltet eine deutsche Veröffentlichung auch den ca. 30 Minuten längeren Extended Cut. Dieser bietet mehr Alternativmaterial, was für manche Szenen ein Gewinn ist. Auch ein Prolog ist in dieser Fassung zu sehen, worauf sich viele der zusätzlichen Szenen beziehen. Aus Gründen der Straffung wurden diese, mitsamt Prolog, für die bekannte Kinofassung entfernt. Ein Blick lohnt sich definitiv, auch wenn der Extended Cut nur in der Originalversion mit Untertiteln verfügbar ist.

Fazit:
Für Kinder der 1990er Jahre ist MALLRATS (1995), wie eben auch CLERKS (1994), sicherlich ein Kult-Film. Kevin Smith schuf mit dieser unterhaltsamen aber auch herzlichen Komödie einen Film, der Nerds zu Helden gemacht hat und wahrscheinlich auch deshalb so charmant ist. Wer auf schöne und auch absurde Dialoge, Referenzen und handfeste Comedy steht, ist hier bestens aufgehoben.

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