Clint landet verwundet als Union Corporal John McBurnes in einer Mädchenschule und lässt sich dort gesund pflegen. Doch so einfach ist die Sache nicht, denn es ist noch Bürgerkrieg und McBurnes nutzt die Sehnsüchte der sieben Frauen, um möglichst lange in der Schule bleiben zu können und so das Ende des Krieges abzuwarten. Das geht auf Dauer nicht gut und es beginnt ein Wechselspiel der Manipulation, das den Film zu einem Gothic Drama werden lässt. KOCH FILMS brachte diesen, aus der Reihe fallenden, Clint-Eastwood-Film nun als Mediabook auf den Markt.

Originaltitel: The Beguiled

Regie: Don Siegel

Darsteller: Clint Eastwood, Geraldine Page, Elizabeth Hartman, Darleen Carr, Jo Ann Harris

Artikel von Kai Kinnert

Der Nordstaatensoldat John McBurney (Clint Eastwood) wird während des amerikanischen Bürgerkrieges schwer verletzt. Glücklicherweise findet ihn ein junges Mädchen, bevor er verbluten kann. McBurney wird in ein Mädchenpensionat gebracht, über dessen Geschicke die Leiterin Martha Farnsworth (Geraldine Page) wacht. Obwohl oder gerade weil das Pensionat männerfrei ist, entschließt sich Martha zur Begeisterung ihrer Schülerinnen, den Soldaten nicht an die Südstaatler auszuliefern, sondern in der Obhut des abgelegenen Hauses gesund zu pflegen. Schon bald gelingt es McBurney, mit Hilfe seines Charmes, die Gefühle der Schülerinnen für sich zu gewinnen. Auch die etwas spröde Lehrerin Edwina (Elizabeth Hartman) fühlt sich zu McBurney hingezogen. Als sie glaubt, dass ihr der verletzte Soldat nur etwas vorspielt, droht die bis dahin ruhige Situation zu eskalieren. Denn Edwina duldet es nicht, dass man mit ihren Gefühlen spielt.

Es ist ein bisschen so, als hätte Clint Eastwood noch einmal eine kleine Lehrstunde in Regie bei Don Siegel genommen, bevor Eastwood sein Regiedebüt Sadistico – Wunschkonzert für einen Toten im gleichen Jahr wie Betrogen in die Kinos brachte. In beiden Filmen geht es um einen selbstbewussten, von sich eingenommenen Mann, der, milde ausgedrückt, Probleme mit Frauen bekommt. Don Siegel hat sogar einen kleinen Auftritt in Sadistico. denn Mentor und Schüler verstanden sich seit Coogans Bluff prächtig. Ein Film, der wie eine lockere Fingerübung für den späteren Dirty Harry wirkt. Hier hatten sich zwei Menschen beruflich gefunden und konnten das Konstruktiv für ihre Filmarbeit nutzen.

Doch Don Siegel arbeitet mit dem Thrill anders als Clint Eastwood und so fällt Betrogen bis heute aus dem Rahmen. Für Siegel war klar, dass das Böse überall sein kann. Es müssen nur die Masken fallen, schon zeigt sich die Bösartigkeit. Hinter jedem unschuldigen und schönem Gesicht kann ein Abgrund lauern, egal wie alt die Person nun ist. Doch erst einmal entwickelt sich der Film scheinbar seicht und wenig spektakulär, denn das Böse, das Don Siegel zeigen will, braucht Anlauf und ein Fundament an Emotionen, um geschlossen Wirken zu können.

Die sieben Frauen und eine Bedienstete kümmern sich um Clint und sofort entsteht eine gewisse Spannung unter den Damen. Ein Mann im Hause, ohje, und dann auch noch Clint Eastwood.

Die Manipulationen beginnen und McBurnes macht mit, wobei er eine emotionale Skrupellosigkeit entwickelt, die den Machtkampf unter allen Beteiligten nur noch verstärkt. McBurnes genießt die Aufmerksamkeit der Frauen und nutzt die Situation als überhebliches Arschloch aus. Doch mit Gefühlen spielt man nicht.

Was wie Fackeln im Sturm beginnt, bekommt zunehmend eine Schräglage und plötzlich ist der Irrsinn da. Alle Masken sind gefallen, die Karten auf dem Tisch. Als hätte Siegel nur auf diesen Moment gewartet, bekommt der Film einen gekonnten, optischen Sprung. Kamera und Licht wechseln das Genre von Drama zu Gothic-Thrillerdrama und zaubert so eine neue, erweiterte Spannung. Fast wie aus einem Horrorfilm wirkt die Esstisch-Szene im letzten Drittel des Films, die auch heute noch gut funktioniert und den Streifen mit seiner Spannung prägt. Aber auch andere Szenen, wie der Misery-OP-Eingriff oder die Treppen-Szene sind gut gemachtes Thriller-Kino.

Betrogen braucht einige Zeit, bis das Netzwerk aus Zwietracht und Missgunst steht, belohnt dies aber mit einer bis heute gekonnten Zuspitzung im letzten Drittel. Der Streifen ist echtes Kino aus den 1970ern, das überraschend gut die Kurve kriegt. Für Fans von Clint Eastwood schließt sich eine Lücke im Regal.

Bild und Ton der BD sind identisch mit der BD aus der „Clint Eastwood – Blu-Ray-Collection“ von 2014. Als Extras gibt es die Dokumentation „Don Siegel – Last of the Independents„, den kürzeren Beitrag „The Beguiled, Misty, Don & Clint“ zur Entstehung von Betrogen und Sadistico und die (schon mehrfach veröffentlichte) Dokumentation „Clint Eastwood – The Man from Malpaso„.

Trailer:

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