Auf dem letztjährigen Filmfest in München wurde das Spielfilmdebut MEIN ENDE. DEIN ANFANG. von Regisseurin und Drehbuchautorin Mariko Minoguchi erstmals aufgeführt und konnte allerlei Lob einheimsen. Einen Preis vergab man für die klug verschachtelte Geschichte um Liebe, Schmerz und Tod dann allerdings leider nicht. Jetzt bringt EUROVIDEO den Streifen ins Heimkino, wo hoffentlich die Beachtung erhält, die er verdient. Warum der Film ein kleines Independentjuwel ist, das Ihr Euch keinesfalls entgehen lassen solltet, schildern wir Euch in den folgenden Zeilen.

Regie: Mariko Minoguchi

Darsteller: Saskia Rosendahl, Edin Hasanovic, Julius Feldmeier, Jeanette Hain

Artikel von Christian Jürs

Die junge Supermarktangestellte Nora (Saskia Rosendahl) lernt durch Zufall die Liebe ihres Lebens an einer U-Bahn-Station kennen. Doch ihr Seelenverwandter, ein Physikstudent namens Aron (Julius Feldmeier), glaubt nicht an Zufälle. Er vertritt die Meinung, dass alles vorherbestimmt ist. Eines Tages, als die beiden eine Bank betreten, meint es das Schicksal, vorherbestimmt oder nicht, alles andere als gut mit den Liebenden. Denn plötzlich stürmt eine Gruppe von drei maskierten Männern die Filiale und bedroht Kunden und Personal. Beim Versuch Noras, mit ihrem Handy die Polizei zu kontaktieren, wird sie von den Gangstern ertappt. Als einer der Bewaffneten droht, das Mädchen zu erschießen, geht Aron dazwischen und fängt sich selbst eine tödliche Kugel ein.

Fortan pilgert Nora, von einer inneren Leere getrieben, immer wieder zum Ort des Geschehens. Dort trifft sie auf Natan (Edin Hasanovic), der ihr, als sie gedankenverloren auf die Straße tritt, das Leben in letzter Sekunde rettet. Nora glaubt, Natan von irgendwoher zu kennen, kann ihn jedoch nicht einordnen. Immer wieder treffen sich die beiden und Nora scheint neuen Lebensmut zu fassen. Beide verbringen eine Nacht zusammen. Doch Natan hat ganz eigene Probleme. Denn eigentlich ist Natan verheiratet und hat eine an Leukämie erkrankte Tochter, deren Arztrechnungen er nach seinem Jobverlust nicht mehr bezahlen kann…

Von der Werbeabteilung als deutscher Memento bezeichnet, entpuppt sich Mein Ende. Dein Anfang. als etwas gänzlich anderes. Während Ersterer ein rückwärts erzählter Krimi ist, der vom Zuschauer vollste Aufmerksamkeit verlangt, damit man nicht den Faden verliert, erweist sich dieser Film hier als weit weniger komplex, was jedoch keinesfalls negativ zu verstehen ist. In Mein Ende. Dein Anfang. werden verschiedene Erzählebenen parallel gezeigt, eine davon tatsächlich ebenfalls rückwärts, doch behält der Zuschauer hier wesentlich leichter den Überblick als bei Christopher Nolans Frühwerk. Wer nun glaubt, es läuft darauf hinaus zu erfahren, woher sich Nora und Natan kennen, was natürlich nicht sonderlich schwer zu erraten ist, dem sei versichert, dass sich die Geschichte dann doch nicht als ganz so simpel erweist. Dieses Geheimnis wird nämlich recht früh im Film entlarvt. Nein, hier geht es um etwas ganz anderes und den ein- oder anderen Plottwist wird wohl niemand vorher sehen können.

Neben einem raffinierten Drehbuch voller sinnvoller Verschachtelungen und Anagramme (dem aufmerksamen Leser ist mit Sicherheit aufgefallen, dass Nora rückwärts Aron heißt), verfügt der Film über eine wunderschöne Bildsprache. Die Ausleuchtung, Kameraführung, Locations, alles ist stimmig gewählt worden, wenn auch spröder als beim großen Vorbild Hollywood (und das ist gut so). Die Musik ist passend und wir bekommen obendrauf eine bezaubernde Tanzeinlage zu Ohne Dich (schlaf ich heut´ Nacht nicht ein) von der Münchener Freiheit (ein Song, der mich seit meinen längst vergangenen Teeniejahren begleitet) geboten.

Doch alles steht und fällt mit der Besetzung und die ist schlichtweg genial. Saskia Rosendahl und Julius Feldmeier traten bereits in der Serie Babylon Berlin auf und füllen hier ihre Rollen mit Leben (und Leere, im Falle Noras). Edin Hasanovic (Nur Gott kann mich richten) spielt jedoch alle an die Wand. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis aus ihm ein Star Marke Schweiger / Schwerighöfer / M´Barek wird (wobei ich mir eigentlich wünsche, dass ihm dieser Vergleich erspart bleibt). Sein Natan ist wirklich stark gespielt. Man spürt seine innere Zerrissenheit zu jedem Moment. Großartig.

Bild und Ton der Veröffentlichung sind erwartungsgemäß top. Als Bonusmaterial gibt es den Trailer und ein 11 minütiges Making Of, was leider nicht viel ist. Trotzdem möchte ich Euch unbedingt empfehlen, diesem deutschen Kleinod eine Chance zu geben. Der Film hat es verdient.

Trailer:

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